Robin Gosens belebt seine Karriere bei der AC Florenz – und feiert DFB-Comeback: Tschüss Berliner Beton, ciao Bella

Robin Gosens‘ Wechsel von Union Berlin zur AC Florenz sorgte Ende August für viel Furore. Vor allem die Art und Weise traf bei den Eisernen aus der Hauptstadt auf wenig Gegenliebe. Mit etwas Abstand gestand Gosens zuletzt Fehler ein. Doch die Entscheidung, das harsche Berlin für den malerischen Ort in der Toskana einzutauschen, zahlt sich rückblickend aus – und zwar richtig.

Robin Gosens fühlt sich bei der AC Florenz merklich wohl

Fotocredit: Imago

Union-Sportchef Horst Heldt konnte den Ärger nur schwerlich verbergen, als er am 30. August am Rande der Partie zwischen den Eisernen und dem FC St. Pauli mit dem Transfer von Robin Gosens zur AC Florenz konfrontiert wurde.
"Bis 16:10 Uhr bin ich davon ausgegangen, dass Robin heute auf dem Platz steht und spielt", erklärte Heldt seinerzeit am "DAZN"-Mikrofon. Dann sei es aber unerwartet doch noch zur großen Wende gekommen. Der Klub habe dem wechselwilligen Außenverteidiger keine Steine in den Weg legen wollen, da Trainer Bo Svensson aber mit Gosens geplant habe, sei der kurzfristige Wechsel "suboptimal" gewesen, klagte Heldt.
Gosens selbst nahm mit etwas Abstand selbstkritisch Stellung zu der Causa. Er habe sich in einer "Schockstarre" befunden, die Verabschiedung von seinen Mitspielern sei "wahnsinnig unangenehm" gewesen. "Die Mannschaft weiß ja auch was sie an mir hat, also war es ein absoluter Bärendienst und dessen war ich mir auch bewusst", sagte der 30-Jährige im Podcast "Copa TS".

Gosens mit Hellseherqualitäten

Obwohl er sowohl seine Kollegen als auch die Heimspielstätte Alte Försterei eigenen Angaben zufolge "über alles geliebt" habe, war das Angebot aus Italien offenbar zu verlockend. "Auch wenn die Situation absolut scheiße war, wusste ich, dass es das Richtige ist."
Gosens sollte von seiner Intuition nicht getrügt werden. Den mitunter grobschlächtigen Berliner Brutalismus gegen die pittoresken florentinischen Häuserfassaden einzutauschen, zahlt sich aus. Gleich in seinem ersten Spiel stand Gosens in der Startelf und traf zum späten 2:2 gegen die AC Monza.
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Robin Gosens traf bei seinem Debüt

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Zwar unterlag die Viola eine Woche darauf, am 15. September, 2:3 bei Atalanta Bergamo, der Deutsche steuerte aber eine Vorlage bei und zeigte abermals eine ansprechende Leistung. Die Niederlage gegen Gosens' einstige große Liebe (Gosens stand von 2017 bis 2022 bei Atalanta unter Vertrag) ist bis dato die letzte in der Liga, seither fuhr die Fiorentina sieben Siege (unter anderem ein 2:1 gegen Milan und ein fulminantes 5:1 gegen die Roma) und ein Remis in Italiens Beletage ein.
Nach zwölf Spieltagen rangiert die Mannschaft von Raffaele Palladino auf dem dritten Rang, der Rückstand auf Spitzenreiter Napoli beträgt lediglich einen Zähler. Gosens steht sinnbildlich für violetten Aufschwung.

Gosens bei der Fiorentina gesetzt

Bisher stand der gebürtige Emmericher in der Liga stets in der Startelf, absolvierte dabei acht von zehn Partien über die volle Distanz. Ende Oktober baute Gosens den florentinischen Siegeszug mit seinem entscheidenden Tor gegen den FC Genua (1:0) weiter aus.
Die italienische Presse war im Anschluss begeistert, sang eine kollektive Jubelarie auf Gosens. "Gosens hat das Siegel des Champions, sein Tor ist Gold wert", schrieb beispielsweise die "Gazzetta dello Sport". "Tuttosport" lobte: "Genuas Festung bricht unter Gosens' Hieben zusammen. Talent und Energie: Gosens ist für die Fiorentina eine Erfolgsgarantie." Im "Corriere dello Sport" avancierte Gosens zum "Golden Boy".
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Die AC Florenz ist derzeit in bestechender Form

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Über Coach Palladino weiß Gosens indes nur Positives zu berichten: "Wir haben vor meiner Ankunft viel miteinander telefoniert. Ich mag seine Ideen", sagte er bei "Copa TS". Er schob nach: "Es sind alle Voraussetzungen gegeben, um derselbe Spieler zu sein, der ich bei Atalanta (29 Tore und 21 Vorlagen in 157 Partien, d. Red.) war."
Tatsächlich scheint die Rückkehr in die Wahlheimat Italien ein entscheidender Karriere-Boost zu sein. So richtig warm schien Gosens mit der rauen deutschen Hauptstadt und ihren Betonwüsten nie geworden zu sein. Da kam "la bella" (die Schöne), wie Florenz im Volksmund aufgrund der traumhaften Lage und der malerischen Altstadt genannt wird, gerade recht.

Gosens fühlt sich in Italien wohler

"Ich habe mich in Deutschland nicht so zuhause gefühlt wie hier in Italien", bestätigte Gosens kurz nach seinem Wechsel. Das spiegelt sich auch auf dem Platz wider: Obwohl er bei Union mit sieben Toren und vier Assists Top-Scorer war, verlief die vergangene Saison mit einem enttäuschenden 15. Platz in der Liga insgesamt eher ernüchternd.
Der Traum von der EM im eigenen Land platzte für Gosens, Bundestrainer Julian Nagelsmann ließ den 20-maligen Nationalspieler außen vor. Mittlerweile stellt sich die Situation im DFB-Team wieder deutlich besser dar. Schon im Oktober berief Nagelsmann Gosens zurück ins Team, beim aktuellen Lehrgang (Sa., 16.11. gegen Bosnien, Di., 19.11. in Ungarn) steht er erneut im Kader.
Sein Holterdiepolter-Wechsel in die Toskana verlief zwar nicht sonderlich taktvoll, ausgezahlt hat er sich aber allemal.
Quasi ein erfolgreicher Bärendienst.
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Union-Coach Svensson: Gosens-Abgang "heftig zu verkraften"

Quelle: Perform


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