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Manuel Neuer ist bei Deutschland nicht mehr unantastbar: "The Wall" bröckelt

Daniel Rathjen

Update 15/11/2018 um 11:34 GMT+1 Uhr

Die kritischen Stimmen um Manuel Neuer, Deutschlands Nummer eins im Tor, werden vor den Länderspielen gegen Russland und den Niederlanden lauter. Mit dem FC Bayern München geht der 32-Jährige durch ein sportliches Tal. Nach seiner schweren Mittelfußverletzung scheint "The Wall" nicht mehr so unüberwindbar wie davor. Und im Hintergrund scharren Marc-André ter Stegen und Bernd Leno mit den Hufen.

Manuel Neuer

Fotocredit: Imago

Es war als Scherz gemeint, doch Manuel Neuers Gesicht verriet am Dienstag, dass ihn die Fragen der Journalisten nach seiner Form bei einem Schulbesuch in Leipzig nervten.
"Die Kinderfragen waren sensationell, die Fragen jetzt trüben ein wenig die Stimmung", sagte Neuer mit einem leicht gequälten Lächeln.
Der Nationaltorwart redete vor rund 200 Kindern in der Aula der 94. Oberschule zunächst freundlich und charmant über seine Schulerfahrungen oder einen möglichen Positionswechsel.
Bezüglich seiner zuletzt nicht ganz so erfolgreichen Leistungen antwortete er kurz und knapp:
Ich bin in guter Form. Ich glaube, ich habe auch gegen Dortmund ein gutes Spiel gemacht. Ich bin mit mir im Reinen.

Druck auf Manuel Neuer nimmt zu

Fakt ist: Der Druck auf den Kapitän ist im Länderspiel am Donnerstag (20:45 Uhr im Liveticker) gegen Russland und vier Tage später gegen die Niederlande in der Nations League hoch.
Neuer verursachte beim BVB einen Elfmeter an Marco Reus, der Dortmund zurück ins Spiel brachte. Ob es sich wirklich um ein klares Foul von Neuer ("Er tritt mir in den Bauch") handelte, ließe sich vielleicht noch diskutieren.
Dass er sich mit seinem Zögern vor dem Herauslaufen aber selbst in die Bredouille brachte, ist unstrittig. "Ich habe gemerkt, wie Manu etwas gezögert hat", berichtete Reus hinterher.

Manuel Neuer: Mehr Gegentore als parierte Schüsse

Früher waren Neuers Kompromisslosigkeit und das perfekte Timing gefürchtet. Dafür braucht der Torwart vor allem Selbstvertrauen.
Aber wo soll das herkommen? Von bislang 26 Schüssen aufs Tor wehrte Neuer in der Liga nur zwölf ab. Mit dem katastrophalen Wert von 46,2 Prozent belegt der Bayern-Kapitän den letzten Platz unter allen Torhütern mit mindestens sechs Einsätzen.
Noch nie in seiner Karriere kam der frühere Schalker auf unter 50 Prozent gehaltener Schüsse. Zum Vergleich: In seinen besten Jahren lag sein Wert stets um die 80 Prozent.

Manuel Neuer hat die Aura des Unbezwingbaren verloren

Bei den vereitelten Großchancen sieht Neuers Statistik nicht viel besser aus: 7,1 Prozent. Die allgemeine Wahrnehmung, dass Neuer keine "Unhaltbaren" mehr hält und die Aura des Unbezwingbaren verloren hat, sie wird durch die Zahlen bestätigt. Sein Verein feiert ihn in den sozialen Medien gerne als "The Wall" - aktuell bröckelt sie, die Mauer.
Seine Konkurrenten im Nationalteam, Marc-André ter Stegen (FC Barcelona) und Bernd Leno (FC Arsenal, sind weit davon entfernt, sich mit Kampfansagen nach vorne zu drängen. Großer Respekt herrscht zwischen ihnen allen. Minder ehrgeizig als die Nummer eins sind sie jedoch nicht.
Neuer war 25 Jahre alt, als er vom FC Schalke 04 zum FC Bayern wechselte und somit den Schritt zu einem internationalen Spitzenklub tat. Ter Stegen und Leno sind 26 Jahre alt und haben eine ähnliche Entwicklung genommen. Beide haben Erfahrung auf höchstem Niveau und sind mittlerweile absolute Leistungsträger.
Ähnlich wie der BVB in der Bundesliga könnten sie den Hauch einer Chance zu einer kleinen Kräfteverschiebung zu ihren Gunsten sehen, zumal Neuer schwere Verletzungen hinter sich hat. Gleich drei Mal brach er sich bekanntlich den Mittelfuß.

Ex-Keeper Stein legt Finger in die Wunde

Meinungen so genannter Experten sind oftmals mit Vorsicht zu genießen, weil viele den direkten Draht zum Leben der heutigen Profis verloren haben, aufgrund ihres Erfahrungsschatzes sind manche Einschätzungen aber dennoch wertvoll.
Ex-Nationaltorhüter Uli Stein beispielsweise schrieb in seiner "kicker"-Kolumne das, was einige derzeit denken:
Mental könnte es selbst diesen Routinier belasten, dass eine erneute Fußverletzung die Karriere bedrohen könnte.

Marc-André ter Stegen fehlt aktuell

Neuer verneint, dass er wegen der Verletzung sein Spiel umgestellt habe: "Ich passe mein Spiel immer der Mannschaft an."
Stein findet dennoch: "Da fehlen ein paar Prozent." Und er fügt an:
Ich sage es mal etwas ketzerisch: Marc-Andre ter Stegens Schulterprobleme kommen vielleicht allen, auch Bundestrainer Joachim Löw, ganz gelegen, um Diskussionen um die richtige Nummer eins jetzt nicht schon wieder bedienen zu müssen.
Ter Stegen reiste wegen seiner Beschwerden nicht zum Nationalteam, bei der jüngsten 3:4-Niederlage des FC Barcelona gegen Betis Sevilla patzte aber auch er.
Neuer hat gegen Russland und die Niederlande die Chance, die Diskussionen um seinen Status als Nummer eins vorerst zu beenden.
Gelingt ihm das nicht, könnte die Verantwortlichen beim Umbruch im Team selbst nicht vor "The Wall" Halt machen.
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