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Drei Dinge, die beim EM-Aus der deutschen U21-Nationalmannschaft auffielen: Erst peinlich, dann unverschämt

Thomas Gaber

Update 29/06/2023 um 10:45 GMT+2 Uhr

Die deutsche U21-Nationalmannschaft ist mit Pauken und Trompeten aus der EM in Georgien geflogen. Die Leistung bei der 0:2-Pleite gegen England war in der ersten Halbzeit peinlich und in der zweiten unverschämt. Der Gegner war mit seiner B-Elf zwei Klassen besser, weil das DFB-Team extrem naiv "verteidigte" und auch Trainer Antonio di Salvo fatale Fehler machte. Drei Dinge, die auffielen.

Bundestrainer Di Salvo nach EM-Pleite: "Uns wurden die Grenzen aufgezeigt"

Als Titelverteidiger ins Turnier gestartet, hat sich die deutsche U21-Nationalmannschaft bei der EM in Georgien bis auf die Knochen blamiert.
Gegen bereits für die K.o.-Runde qualifizierte Engländer hätte ein Sieg gereicht, um trotz der enttäuschenden Spiele gegen Israel (1:1) und Tschechien (1:2) noch das Viertelfinale zu erreichen. Doch das DFB-Team lieferte eine in allen Belangen katastrophale Leistung und war mit dem 0:2 noch gut bedient.
Nach drei EM-Finalteilnahmen (zwei Titel) in Folge flog Deutschland mit nur einem Punkt als Gruppenletzter raus.
"Wir haben uns das natürlich ganz anders vorgestellt", sagte Trainer Antonio di Salvo bei "SAT.1", "Aber uns wurden klar die Grenzen aufgezeigt und wir sind absolut verdient ausgeschieden."
Drei Dinge, die uns beim letzten deutschen Gruppenspiel in Batumi auffielen.

1.) Deutschland gegen England - wie Kinder gegen Männer

"Die Engländer waren mindestens eine Klasse besser", erklärte di Salvo direkt nach der Partie. Eine bemerkenswerte Selbst-Einschätzung, aber nur die halbe Wahrheit. Es waren mindestens zwei Klassen. Einen derart eklatanten Unterschied zwischen zwei großen Fußballnationen hat es lange nicht gegeben - auch nicht im Juniorenbereich.
Schon nach 46 Sekunden hätte England in Führung gehen können. Ein einfacher Pass in die Tiefe hebelte die deutsche Viererkette aus, doch Cameron Archer scheiterte aus spitzem Winkel an Torhüter Noah Atubolu.
Es war frappierend und gerade zu lächerlich, wie Deutschland versuchte, die schnellen Engländer aufzuhalten. Immer wieder überliefen die "Three Lions" die Deutschen, jeder lange Ball auf die Flügel sorgte für Gefahr. Im zentralen Mittelfeld klafften riesige Löcher. Yannik Keitel und Tom Krauß kamen nicht in die Zweikämpfe und konnten keine Passwege schließen. Zudem verpassten sie oft den richtigen Moment abzukippen, um den Raum zwischen Viererkette und Mittelfeld zu verdichten.
"Die Engländer waren uns in der ersten Halbzeit haushoch überlegen. Das war ein brutaler Qualitätsunterschied. Das tut weh und ist sehr enttäuschend", sagte Krauß.
Englands Trainer Lee Carsley hatte seine Startelf auf acht Positionen verändert. Doch auch die vermeintliche B-Mannschaft nagelte Deutschland an die Wand. Nach der Niederlage gegen Tschechien hatten sich die deutschen Spieler über die destruktive Spielweise des Gegners echauffiert. Doch gegen offensiv ausgerichtete Engländer wurde alles noch schlimmer.
Die ganze Naivität des DFB-Teams spiegelte sich in der Entstehung des 0:2 wider. Kilian Fischer machte einen vielversprechenden Angriff mit einer kläglichen Hereingabe von rechts zunichte. Englands Torhüter James Trafford warf den Ball über 50 Meter in den Mittelkreis zu Harvey Elliott, der unbedrängt an drei Deutschen vorbei zentral aufs Tor zulief und unten rechts einschob.
"Das ist schon erschreckend, was da gerade passiert", urteilte "SAT.1-Experte" Markus Babbel während der ersten Halbzeit. Da spielte nicht eine U21 gegen eine andere U21 bei einer EM, da spielten Kinder gegen Männer.
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Hängende Gesichter nach EM-Blamage: "Enttäuschung ist riesig"

2.) Erst peinlich, dann unverschämt

In der ersten Halbzeit konnte Deutschland England nicht im Ansatz Paroli bieten. Zweikampfführung, Tempo und Genauigkeit im Passspiel, Umschalten in beide Richtungen - es war alles falsch. Bei den wenigen vernünftigen Angriffen fehlte im Abschluss die Gier, die Bude auch machen zu wollen.
Mit ihrer Leistung nach der Pause setzte die Mannschaft dem Übel noch die Krone auf. In den ersten fünf Minuten der zweiten Halbzeit war kein einziger deutscher Feldspieler (!) am Ball. Deutschland ergab sich seinem Schicksal, ein Auflehnen gegen das drohende EM-Aus war nicht im Ansatz erkennbar.
Es sah so aus, als wären die DFB-Jungs mit dem 0:2 einverstanden. Immer noch besser als hier auch zahlenmäßig komplett unterzugehen. "Ich weiß gar nicht, was schlimmer ist: Der Klassenunterschied in der ersten Halbzeit oder die Art und Weise, wie kraft- und willenlos das deutsche Team jetzt agiert?", fragte TV-Kommentator Uwe Morawe. Babbel verglich das Gekicke mit einem "Freundschaftsspiel in der Saisonvorbereitung".
Der erste Schuss aufs Tor nach dem Wechsel erfolgte in der 75. Minute - durch einen Freistoß von Angelo Stiller. Die DFB-Elf sollte sich bei allen deutschen Fans vor Ort, die die Mannschaft lange Zeit anfeuerten, entschuldigen. Denn was sie in der zweiten Halbzeit ablieferte, war unverschämt.
"Am Ende war es ein Katz- und Maus-Spiel, wir haben uns ergeben. Das ist traurig", sagte Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim DFB.
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Konsternierte deutsche Spieler nach dem Vorrunden-Aus

Fotocredit: Getty Images

3.) Di Salvos fatale Fehler

"Henning Matriciani wird total unterschätzt", hatte di Salvo nach dem 1:1 gegen Israel gesagt. Der Schalker war die größte Überraschung im deutschen EM-Kader und lieferte als Innenverteidiger in den ersten beiden Spiel solide Leistungen ab.
Gegen England stellte di Salvo Matriciani auf die linke Verteidigerposition, weil er sich von ihm mehr defensive Stabilität versprach als von Luca Netz, der gegen Israel und Tschechien nicht überzeugen konnte.
Diese personelle Umstellung ging total in die Hose. Matriciani war gegen den schnellen und technisch starken Flülgelstürmer Noni Madueke heillos überfordert, seine Geschwindigkeitsnachteile eklatant. Matriciani sah Madueke eigentlich immer nur von hinten.
Erst setzte di Salvo auf das falsche Pferd und weigerte sich anschließend, seinen Fehler zu korrigieren. Bereits nach zehn Minuten war das Mismatch zwischen Matriciani gegen Madueke klar zu erkennen. Di Salvo hätte seinen Spieler früh erlösen müssen - ein weiterer fataler Fehler, diesmal beim In-Game-Coaching.
Erst zur Pause nahm er Matriciani raus und ersetzte ihn durch Netz. Der hatte zwar ebenso Probleme mit Madueke, konnte aber wenigstens dessen Tempo mitgehen.
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"Nicht effizient genug" - Stimmen zur U21-DFB-Pleite gegen Tschechien

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