Wer entscheidet das Finale

Andres Iniesta: Kein Spieler der Welt bewegt sich so flüssig auf dem Feld, findet so oft den richtigen Weg zur richtigen Zeit. Zudem gehorcht ihm der Ball wie "Bello" seinem Herrchen. Im Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid bereitete er die vorentscheidende 1:0-Führung vor. Er spielt wie Ryan Giggs immer wieder den tödlichen Pass in die Tiefe.

Dass er es auch in den ganz großen Spielen kann, hat der 27-Jährige, der seit 1996 bei den Katalanen ist, im letzten Jahr gezeigt. Er schoss Spanien im Finale der Weltmeisterschaft zum Titel. In Wembley wird es darauf ankommen, wie sehr er sich Carrick und Giggs entziehen kann. Iniesta wird sich wohl immer wieder nach links absetzen, um dort in das Duell mit Uniteds erst 20-jährigem Rechtsverteidiger Fabio zu kommen.

Xaxi: Der inzwischen 31-Jährige ist seit Jahren ein Mittelfeldspieler höchster Qualität. Erst seit 2008 wird der Schaltzentrale der Katalanen die ihm gebührende Aufmerksamkeit zuteil. Der Europa- und Weltmeister scheint eine Art drittes Auge zu haben, mit dem er Spielsituationen sehen kann, bevor sie sich entwickeln. Beim Football wäre er der Quarterback, beim Basketball der Playmaker.

Über ihn laufen sowohl bei Barca als auch in der spanischen Nationalelf alle Angriffe. Er gibt den Takt vor, er bestimmt die Geschwindigkeit des Spiels. Kann er im Finale dem Spiel seinen Stempel aufdrücken, ist Barcelona kaum zu schlagen. Ex-Teamkollege Henrik Larsson sagte gegenüber Eurosport: "Wenn ich einen Spieler auswählen darf, mit dem ich spielen möchte, dann ist das Xavi. Er ist unglaublich. Einen Spieler wie ihn hat der Fußball noch nie gesehen. Seine Art Fußball zu spielen ist wie Musik."

Lionel Messi: Was kann man über den Argentinier noch sagen? Ottmar Hitzfeld schreibt in seiner "kicker"-Kolumne: "Messi kann den Unterschied machen. In dieser Kategorie ist er besser als alle anderen. Hinter diesem wunderbaren Könner kommt lange nichts. Er ist der Beste." Kein Einspruch. Über fünfzig Tore in dieser Saison, elf davon in der Champions League und mehr als 20 Torvorlagen sprechen eine deutliche Sprache. Messi hat den besten linken Fuß der Welt, seine Ballbehandlung und seine Bewegungsschnelligkeit sind unübertroffen.

Schafft Manchester es nicht, ihn schon bei der Ballannahme zu stören, wird er der Abwehr und den defensiven Mittelfeldspielern Knoten in die Beine spielen. Weder Ryan Giggs, noch Michael Carrick, Rio Ferdinand oder Nemanja Vidic haben die Schnelligkeit und Wendigkeit, um mit Messi mitzuhalten. Nur mit körperlicher Härte ist der Ausnahmespieler zu frustrieren – für die könnten Ferdinand und Vidic sorgen. Ansonsten ragt dieser kleine Kerl aus dem großen Barcelona noch heraus.

Wayne Rooney: Auch wenn Chicharito zuletzt aufgrund seiner tollen ersten Saison bei United die Schlagzeilen gehörten, ist Rooney der wichtigste Mann in der Manchester-Offensive. Allein sein Name bindet meist einen Gegenspieler. So schafft er Räume für seine Mitspieler und ist selbst ständig ein torgefährlicher Unruheherd. Mit seiner überragenden Physis kann er sogar Carles Puyol und Gerard Piqué überpowern.

Darüber hinaus wird er auch in London mit gutem Beispiel voran gehen, sich in der Defensive einbringen und falls es nötig ist, auch im eigenen Strafraum mit einer Grätsche aufräumen. Rooney verkörpert geballte Energie und ist ein Spieler, der inzwischen auf den Punkt Leistung abrufen kann.

Ryan Giggs: Der Waliser war in den neunziger Jahren wohl der beste linke Mittelfeldspieler der Welt. Seine Dribblings waren überragend, seine Flanken butterweich und punktgenau. Mit 37 Jahren geht ihm die Schnelligkeit früherer Jahre ab, die Spielübersicht und das Verständnis für Fußball sind geblieben. In London muss er das defensive Mittelfeld seines Teams organisieren und gleichzeitig immer wieder erste Station im Spielaufbau sein. Wie man im Halbfinale gegen Schalke 04 gesehen hat, ist er in der Offensive jederzeit für einen Treffer gut.

Viel wichtiger ist aber seine Fähigkeit, Angriffe mit Pässen in die Tiefe einzuleiten und so Torgefahr zu erzeugen. Rooney und Chicharito warten am Rande des Abseits auf seine Anspiele. Dazu sind die Standards des United-Rekordspielers weiterhin brandgefährlich. Fraglich wird sein, wie sehr ihn die zuletzt öffentlich gewordene Affäre mit einem Big-Brother-Starlet beeinflusst. Ex-Barca-Star Henrik Larsson sagte im Chat mit "Eurosport": "Er spielt seit so langer Zeit auf einem unfassbaren Niveau. Das verdient höchste Anerkennung. Niemand verhält sich auf dem Rasen so clever wie er."

Edwin van der Sar: Der 40-Jährige hütet seit 2005 das Tor der "Red Devils" und gewann mit United 2008 die Champions League. Das Finale im Londoner Wembley-Stadion wird sein 100. Champions-League-Spiel sein. Bei aller Erfahrung ist der Keeper körperlich topfit und mental der vielleicht stärkste Torhüter der Welt. Seine Körpersprache signalisiert ähnlich wie bei Oliver Kahn früher: "Weiter, immer weiter." Van der Sar ist ein guter Fußballer mit viel Übersicht, der seine Abwehr dirigiert.

Gegen Barcelona werden aber vor allem seine Fähigkeiten auf der Linie zum Tragen kommen. Wie Casillas in den "Clasicos" wird auch van der Sar viel Arbeit bekommen. Erwischt er einen Sahnetag, kann er die Barca-Offensive zum Verzweifeln bringen, leistet er sich auch nur einen Aussetzer, kann es schon zu Ende sein. Genau wie van der Sars Karriere – das Finale ist sein letztes Spiel. Er will mit 40 Jahren auf dem Höhepunkt abtreten. Eine nicht zu unterschätzende zusätzliche Motivation.