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Portugal am Boden - doch Cristiano Ronaldo glaubt noch an seine fünfte WM-Teilnahme

Florian Bogner

Update 15/11/2021 um 15:16 GMT+1 Uhr

Portugal verpasst durch das peinliche 1:2 gegen Serbien die direkte Qualifikation für die WM 2022 in Katar und muss den Umweg über die diesmal kniffligeren Playoffs gehen. Cristiano Ronaldo sorgt durch eine Szene nach Spielschluss erneut für Aufsehen, findet am Montag aber seinen Kampfgeist wieder: "Portugal ist auf dem Weg nach Katar", verkündete der Superstar trotzig. Wenn's so einfach wäre …

Cristiano Ronaldo nach dem 1:2 mit Portugal gegen Serbien

Fotocredit: Getty Images

Cristiano Ronaldo war den Tränen nahe, ganz Lissabon verstummte schlagartig - die WM-Qualifikation hatte ihre Sensation.
Während sich halb Serbien auf dem Rasen des Estádio da Luz ausgelassen balgte, machte sich Portugal schwarze Gedanken: Die direkte WM-Qualifikation verpasst, nun nur noch die Chance, über die Playoffs zur WM 2022 zu fahren - ein Blick ins Ungewisse.
Dabei hätte Portugal vor heimischem Publikum gegen Serbien ein Unentschieden gereicht. Die Elf von Fernando Santos ging sogar früh durch den Ex-Bayer Renato Sanches in Führung (2.). Doch es kam alles anders: Weil Joker Aleksandar Mitrović in der 90. Minute zum 2:1 für den Außenseiter einköpfte, fährt Serbien jetzt direkt nach Katar - und Portugal muss nachsitzen.
"Wir haben aufgehört zu spielen, das ist nicht entschuldbar", wetterte Bernardo Silva. "Wir müssen Verantwortung übernehmen", sagte Trainer Santos nach der Partie mit ruhiger, sonorer Stimme: "Ich bin hauptverantwortlich dafür, dass wir unser Ziel nicht erreicht haben."
Außerdem gab er seinen Spielern eine mit: "Eigentlich sollten wir mit unseren Füßen spielen, aber es stimmt, dass diesem Team die Persönlichkeit fehlt."

Erinnerungen ans Hinspiel schmerzen Portugal

Dem ein oder anderen Portugiesen war da schon die Erinnerung ans Hinspiel in Serbien (2:2) hochgekommen, in dem Portugal eine 2:0-Führung verspielt und Ronaldo der vermeintliche 3:2-Siegtreffer (90.+3) vom niederländischen Schiedsrichter Danny Makkelie zu Unrecht nicht anerkannt wurde - Stefan Mitrović hatte den Ball ganz klar erst hinter der Linie wieder ins Feld zurückgespielt, eine Torlinientechnologie oder den VAR gab es jedoch nicht.
War Ronaldo in Serbien samt Kapitänsbindenwurf noch fuchsteufelswild vom Platz gestapft, wirkte er nach dem K.o. von Lissabon richtig desillusioniert. Kopfschüttelnd saß der Länderspiel-Rekordschütze (115 Treffer in 184 Länderspielen), der zuletzt zweimal hintereinander ohne Torerfolg blieb, am Boden, Tränen füllten seine Augen. Interviews gab er anschließend nicht.
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Portugal-Star Cristiano Ronaldo

Fotocredit: Getty Images

"Wir wollten auf Sieg spielen", verteidigte sich stattdessen Santos: "Das war in unseren Köpfen und ich denke, das hat auch die Aufstellung gezeigt." Serbien habe sein Team jedoch vor "zu große Schwierigkeiten" gestellt, gab der 67-Jährige zu. "Sie waren in vielen Phasen des Spiels besser als wir." Und siegten am Ende wahrlich nicht unverdient.
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Serbien schockt CR7 - Santos nimmt Schuld auf sich

Portugals Presse spart nicht mit drastischen Worten

In Portugal sorgte das für Schockstarre. "Totale Sonnenfinsternis", titelte die Sporttageszeitung "O Jogo" am Montag, anspielend auf das "Stadion des Lichts", in dem die Tragödie stattgefunden hatte. Die "Record" schrieb gar von der "Vergonha mundial" - einer "Weltblamage".
Zudem fragt sich die Nation, ob denn noch alles stimmt im Binnenklima der Mannschaft. Minuten nach Abpfiff sah man nämlich Ronaldo mit Santos diskutieren; der Superstar fuchtelte wild mit den Armen, hob den Zeigefinger, redete auf den Nationalcoach ein, der das alles recht einsilbig über sich ergehen und seinen Schützling irgendwann einfach stehenließ.
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Cristiano Ronaldo (Portugal) nach dem 2:1 Siegtreffer für Serbien durch Aleksandar Mitrović

Fotocredit: Getty Images

Indizien für Streit? Nein, nein, wiegelte Santos an. "Er hat mir nur gesagt, dass er in Serbien ein sauberes Tor geschossen und der Schiedsrichter es nicht anerkannt hatte", erläuterte der Trainer, erklärte: "Er hat die Arme ausgebreitet, weil er enttäuscht war."

Cristiano Ronaldo schluckt seinen Zorn runter

Am Montagmorgen hatte Ronaldo seinen Zorn offenbar schon wieder runtergeschluckt.
"Der Fußball hat uns immer wieder gezeigt, dass es manchmal der verschlungensten Wege bedarf, um die kühnsten Träume zu erreichen", schrieb der Superstar fast schon philosophisch auf "Instagram" und spielt dabei wohl vor allem auf den EM-Titel 2016 an, den Portugal mit drei Remis in der Gruppenphase sowie später zwei Siegen nach Verlängerung und einem im Elfmeterschießen auf wahrlich steinigem Wege erreicht hatte.
"Das Ergebnis von gestern ist hart, aber nicht genug, um uns kleinzukriegen", fuhr Ronaldo fort: "Unser Ziel, zur WM 2022 zu fahren, ist immer noch am Leben und wir wissen genau, was es braucht, um es zu erreichen. Keine Ausreden mehr: Portugal ist auf dem Weg nach Katar!"
So sah es auch sein Trainer. "Das portugiesische Volk ist traurig, genauso wie wir auch", hatte Santos noch am Abend gesagt, gleichsam aber ein Versprechen geäußert: "Wir werden es nach Katar schaffen, das garantiere ich!" Er habe "in der Kabine gespürt", dass seine Seleção nicht aufgeben werde. "Ich bin mir sicher, dass wir dabei sein werden", bekräftigte er nochmals.

Playoffs haben es in sich

Dennoch: Ronaldo muss ernsthaft um seine fünfte WM-Teilnahme nach 2006, 2010, 2014 und 2018 bangen.
Die Playoff-Regeln haben sich geändert; nur drei WM-Tickets sind darüber zu haben, zwölf Nationen balgen sich drum. Den zehn Gruppenzweiten werden dabei die zwei besten, noch nicht direkt qualifizierten Gruppensieger der letzten Nations-League-Saison zur Seite gestellt. Österreich wird einer davon sein, Tschechien oder Wales der andere - in den Playoffs antreten werden beide Länder, im Fernduell am Dienstagabend geht es in Gruppe E nur noch um Platz zwei oder drei.
Die zwölf Playoff-Teilnehmer werden wiederum, so hat es sich die UEFA erdacht, am 26. November in Zürich in drei Mini-Turniere á vier Mannschaften gelost, die dann am 24./25. und 28. März in insgesamt sechs Halbfinals und drei Finals die letzten WM-Teilnehmer aus Europa ermitteln - zwei einzelne K.o.-Spiele ohne Rückspiel, versteht sich.

Portugal hat Heimrecht im Playoff-Halbfinale

Mit seinen 17 Punkten aus der WM-Quali-Gruppe A hat Portugal immerhin dafür gesorgt, dass es dabei in Lostopf 1 gesetzt sein wird, gleichbedeutend mit einem Heimspiel im Halbfinale. Im Finale könnten Ronaldo und Co. dann aber auf jeden anderen Playoff-Teilnehmer treffen, zum Beispiel auch auswärts auf Schweden oder Russland. Möglich wären aber auch zwei Heimspiele, beispielsweise gegen Schottland und Nordmazedonien.
Gute Erfahrungen mit Playoffs hat die Seleção, seit 2000 Stammgast bei allen EM- und WM-Turnieren, zumindest: Vor der WM 2010 setzte man sich ohne den damals am Sprunggelenk verletzten Ronaldo gegen Bosnien-Herzegowina (1:0, 1:0) durch, vor der WM 2014 dank gleich vier Ronaldo-Tore gegen Schweden (1:0, 3:2). Vor der EM 2012 war ebenfalls Bosnien-Herzegowina keine Hürde für Portugal gewesen (0:0, 6:2; zwei Ronaldo-Tore).
Gut möglich, dass für Portugal also wieder ein verschlungener Weg zur Weltmeisterschaft führt - und Ronaldo, dann mit Lothar Matthäus (Deutschland), Antonio Carbajal (Mexiko) und Gianluigi Buffon (Italien) mit fünf Auftritten Rekord-WM-Teilnehmer, wieder lachen kann.
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