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Handball-EM | Patrick Groetzki über Leistung und Chancen des deutschen Teams

Peer Kuni

Update 18/01/2020 um 19:12 GMT+1 Uhr

Für die deutsche Nationalmannschaft geht es heute bei der Europameisterschaft im Spiel gegen Kroatien (20:30 Uhr im Liveticker) um den möglichen Einzug ins Halbfinale. Nationalspieler Patrick Groetzki, der von Bundestrainer Christian Prokop nicht für die EM nominiert wurde, blickt im Interview mit Eurosport.de auf die bisherigen Leistungen des DHB-Teams und bewertet die Chancen gegen Kroatien.

Patrick Groetzki

Fotocredit: Getty Images

Das Interview führte Peer Kuni
Wie ist die Leistungssteigerung der deutschen Mannschaft gegen Weißrussland zum Hauptrundenauftakt zu erklären?
Patrick Groetzki: Eine einfache Erklärung habe ich auch nicht. Was ganz klar zu sehen war, war einfach, dass die Abwehr viel aggressiver und kompakter stand. Die Schützen, gerade der Rückraumlinke von Weißrussland Uladzislau Kulesh, wurden sehr stark attackiert und unter Druck gesetzt. Gleichzeitig waren auch immer zwei Leute da, die den Kreisläufer gedeckt haben. Kompaktheit und Aggressivität waren schon deutlich besser als in den Vorrundenspielen. So hat man es dann auch Andi Wolff im Tor leichter gemacht Bälle zu halten, weil er einfach nicht eine solch große Anzahl an "leichten" Würfen auf das Tor bekommen hat. Einige freie Würfe wurden weggenommen. Deswegen konnte die Mannschaft aus der guten Abwehr heraus viele Gegenstoßtore machen. Die Weißrussen hatten natürlich auch nicht ihren besten Tag. Da waren gerade in den ersten 20 Minuten viele freie Fehlwürfe und technische Fehler dabei. Das hat dem deutschen Team in die Karten gespielt. Durch den guten Start hat die Mannschaft viel Lockerheit und Sicherheit gewonnen und schlussendlich das Spiel gut durchgezogen.
Glauben Sie, dass das Weißrussland-Spiel einen Push für das weitere Turnier geben kann?
Groetzki: Das kann sicher passieren, weil die Stimmung auf dem Spielfeld ein bisschen anders war als in den Vorrundenspielen. Die lautere Atmosphäre mit viel mehr deutschen Fans in der Halle hilft den Jungs auch. Trotzdem geht es gegen Kroatien um alles. Bei einer Niederlage ist es fast unmöglich noch ins Halbfinale zu kommen.
Was muss gegen Kroatien zusammenlaufen, damit Deutschland als Sieger von der Platte geht?
Groetzki: Es muss ziemlich viel gut laufen, vor allem in der Abwehr muss fast alles passen. Die Kroaten machen mir schon wirklich einen gefestigten Eindruck, spielen gerade, wenn sie Domagoj Duvnjak und Luka Cindric gleichzeitig auf dem Feld haben, sehr guten Handball - sehr abgestimmt und sicher. Das sind natürlich auch zwei Weltklasse-Spieler, die man in den Griff bekommen muss. Dazu kommen Karacic und Stepancic aus dem Rückraum. Diese vier wird man sicher nicht über die ganzen 60 Minuten aus dem Spiel nehmen können, es wird aber die Hauptaufgabe sein. Dazu finde ich, dass die Kroaten eine sehr unangenehme 3-2-1-Deckung spielen mit Duvnjak vorne auf der Eins. Man hat auch schon gegen Spanien gesehen, dass sich Deutschland gegen offensive Abwehrvarianten schwertut. Die Kroaten interpretieren das sicherlich ein bisschen anders als die Spanier, aber das wird eine große Herausforderung.
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Wo sehen Sie denn die Schwächen der Kroaten?
Groetzki: Die Stärke in der Abwehr kann auch eine Schwäche sein. Die 3-2-1-Abwehr funktioniert zwar bislang gut, wenn man aber den Ball laufen lässt und es schafft, an Duvnjak vorbeizuspielen, werden die Räume dahinter sehr groß. Dann kann man zu vielen guten Chancen kommen. Wenn die deutsche Mannschaft es schafft, die Kroaten in eine 6-0-Formation zu zwingen, könnte das ein Vorteil sein.
Sie haben oft gegen Duvnjak in der Bundesliga gespielt, welche Möglichkeiten hat die deutsche Mannschaft so einen Superstar einzubremsen?
Groetzki: Ganz kann man solche Spieler nie aus dem Spiel nehmen. Er ist vor allem richtig gut in der zweiten Welle, im schnellen Angriff nach vorne. Das ist seine größte Stärke im Angriffsbereich. In der Abwehr spielt er sehr clever, sieht viele Pässe voraus, steht gut in den Räumen und klaut viele Bälle. Ich glaube aber der unangenehmere Spieler für die deutsche Verteidigung ist Cindric, weil er ein kleinerer, wendigerer Spieler ist, der bei Barcelona richtig gut spielt und auch schon die Champions League gewonnen hat mit Vardar Skopje. Für die großen Leute im Innenblock sind solche Gegenspieler unangenehm.
Welche deutschen Spieler müssen gegen Kroatien vorneweg gehen und Verantwortung übernehmen?
Groetzki: So wie das deutsche Spiel angelegt ist, sind das viele Spieler. Auf den Abwehr-Innenblock Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler kommt es besonders an. Die beiden haben es aber im vergangenen Jahr bei der WM schon richtig gut gemacht gegen die Kroaten. Im Angriff dazu Paul Drux und Philipp Weber, der die letzten Spiele sehr gut gespielt hat. Und es wird auch auf Kai Häfner ankommen. Die Außen sind in den letzten Turnierspielen sehr gut gewesen. Vor allem Timo Kastening war gegen Weißrussland und Lettland stark. Das sind die Spieler, die ihre Leistung zeigen müssen, sonst wird es schwierig. Das ist aber auch das Gute in der deutschen Mannschaft. Die Last kann auf mehrere Spieler verteilt werden.
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Was erwarten Sie von der deutschen Mannschaft im weiteren Turnierverlauf und wie wird das Team am Ende abschneiden?
Groetzki: Es hängt ganz, ganz viel (eigentlich alles) an dem Spiel gegen Kroatien. Wenn es verloren wird, wird die Wahrscheinlichkeit in das Halbfinale einzuziehen sehr gering. Danach ginge es in den letzten Spielen eben darum, seine Hausaufgaben zu machen und auf Ausrutscher von Spanien und Kroatien zu hoffen. Bei einem Sieg ist die Chance auf das Halbfinale sehr groß. Wir hoffen alle auf einen Sieg gegen Kroatien. Danach schauen wir mal weiter.
Man hat das Gefühl, dass der Bundestrainer während der Auszeiten seine Ansprache verändert hat. Welchen Eindruck haben Sie von den Ansprachen von Christian Prokop während des Turniers bekommen?
Groetzki: Da wird mir ein wenig zu viel hineininterpretiert. Ich finde nicht, dass Christian sich da groß verändert hat. Beim Spanien-Spiel hat er auch einfach mal rhetorische Fragen während der Auszeit gestellt. Das hat er auch in der Vergangenheit schon gemacht. Er will, dass Spieler auch aktiv etwas beitragen. Gerade die entscheidenden Leute in Abwehr und Angriff, wie Hendrik Pekeler, Paul Drux oder Philipp Weber sollen selbst klare Anweisungen geben. Christian bereitet die Mannschaft immer richtig gut vor, gibt auch in den Auszeiten gute Impulse. Meine Meinung ist, dass es im Vergleich zu vergangenen Turnieren keine große Veränderung in den Auszeiten gibt. Ich finde, dass ist auch so ein wenig unsere deutsche Mentalität, nach ein paar schlechten Spielen sofort den Trainer in Frage zu stellen, der im letzten Jahr noch der perfekt für das Team war. Das ist mir ein bisschen zu viel Schwarz-Weiß-Denken.
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