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Sigi-Heinrich-Blog: Der bravouröse Kampf der Leichtathletik gegen die Kommerzblase Fußball

Sigi Heinrich

Update 31/05/2017 um 17:21 GMT+2 Uhr

Eurosport-Experte Sigi Heinrich beleuchtet in seinem Blog die letzten Erfolge der deutschen Leichtathleten. Im Schatten des übermächtigen Fußballs kämpfen Hürdensprinterinnen wie Pamela Dutkiewicz oder Siebenkämpferin Caroline Schäfer um ihre verdiente Akzeptanz - mit (sportlichem) Erfolg. Wir sind wieder wer - und könnten es auch bleiben.

Caroline Schäfer in Götzis

Fotocredit: Imago

Usain Bolt hat sich gemeldet. Er ist dagegen, dass im Berliner Olympiastadion die blaue Bahn für die Leichtathleten verschrottet werden soll.
Er lief dort seinen bestehenden Weltrekord über 100 Meter. Da kann man schon ein wenig sentimental werden. Aber sollte dereinst tatsächlich mal der Bagger am Mondo-Belag kratzen, kann man dem Jamaikaner ja ein Stückchen davon zuschicken. Als ewige Erinnerung sozusagen. Allerdings ist es noch längst nicht so weit. Momentan werden erst einmal die Möglichkeiten ausgelotet. Für die Fußballer von Hertha BSC, für die Leichtathleten, für den Bestandschutz eines Baudenkmals mit historischer Bedeutung.
Klar, dass die Leichtathleten am Anfang der Diskussion das Gefühl hatten, es würde ihnen schon wieder ein Stück ihrer Lebensader weggenommen werden. Gemach, Freunde. Die Europameisterschaften nächstes Jahr sind ja gesichert. Und danach wird man sehen.
So oft, Hand aufs Herz, benötigt die Leichtathletik-Familie das Berliner Olympiastadion auch nicht. Einmal im Jahr zum ISTAF. Das, Bitteschön, war es dann auch schon. Von einer dauerhaften Präsenz kann man also kaum sprechen.

Opfer der Kommerzblase Fußball

Es geht vielmehr darum, dass sich auch die Leichtathleten als Opfer der Kommerzblase Fußball sehen. Das Berliner Olympiastadion ist deshalb für sie ein Symbol. Sie wollen mit dem Bestand der Rundbahn deutlich machen, dass es sie auch noch gibt und dass sie nicht in einem Handstreich einfach ausradiert werden können.
Unterstützt wird der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) dafür auf die beste und nachhaltigste Art und Weise, die man sich nur vorstellen kann: Durch die im Vorfeld der Weltmeisterschaften in diesem Jahr in London bislang erbrachten Leistungen seiner Athleten.
Die Vielfalt des Angebotes bringt es bedauerlicherweise mit sich, dass sich die bisher erzielten Ergebnisse nur dem Kreis derer wirklich öffnen, die sich bewusst dafür interessieren. Das ist in höchstem Maße natürlich ungerecht, entspricht freilich der Marktlage.
Das Relegationsspiel im Fußball um den Klassenerhalt in der zweiten Liga respektive der Chance zum Aufstieg in eben diese, drängt noch jeden 100m-Lauf schamlos in die Ecke. Dabei verschieben sich derzeit gerade die Konturen der Leichtathletik so, wie man sich das jahrelang erhofft hatte: Zu starken Werfern sind jetzt Weltklasseläuferinnen hinzu gekommen.

Deutschland läuft wieder mit

Die Staffel-Weltmeisterschaften auf den Bahamas gewann das deutsche Quartett. Und Ehre, wem Ehre gebührt: Alexandra Burkhardt, Lisa Mayer, Tatjana Pinto und Rebekka Haase qualifizierten sich damit automatisch für die WM in London. Nicht Jamaika, nicht die USA: Nein, eine deutsche Staffel gewann in Nassau.
Und da war die Aufsteigerin Gina Lückenkemper wegen einer Erkältung noch gar nicht dabei. Die ist jetzt abgeklungen. In Zeulenroda lief sie 11.04 Sekunden über 100 Meter. Das ist derzeit Platz sechs der Weltrangliste. Haase steht mit 11.06 Sekunden auf Platz Neun.
Und Tatjana Pinto lief - bei zu starkem Wind - neulich gar unter 11 Sekunden. Die Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz bewältigte in Weinheim die 100m-Hürden in 12.61. Die viertschnellste Zeit in diesem Jahr. Das ist pure Weltklasse. Ebenso wie der Wahnsinns-Wettkampf von Caroline Schäfer in Götzis.
Seit 25 Jahren, dem deutschen Rekord von Sabine Braun, kam keine Siebenkämpferin des DLV mehr auf 6836 Punkte. Die angestammten Pfünde sind dabei nicht verloren gegangen. Im Speerwurf der Männer führen drei deutschen Athleten die Weltrangliste an. Bei den Damen liegt Nadine Müller im Diskus auf Rang vier.
Und mit Konstanze Klosterhalfen und Gesa-Felicitas Krause ist auch im Mittelstreckenbereich reichlich Talent vorhanden. Dazu gibt es den Dreispringer Max Hess, die Diskusjungs und David Storl, der mit der Kugel noch zulegen wird. Und viele mehr, die sich im Anschlussbereich befinden.

Grundtendenz erlaubt Optimismus

Natürlich sind das alles nur Momentaufnahmen und es gilt, die erbrachten Leistungen auch außerhalb der kleinen familiären Meetings bei großen Meisterschaften zu bestätigen. Aber die Grundtendenz lässt Optimismus zu.
Die Leichtathletik, die es schon aufgrund ihrer vielen Disziplinen mitunter schwer hat, Akzeptanz zu finden, kämpft bravourös um Anerkennung.
Ohne viel Jammern, mit kontinuierlicher Arbeit hinter den Kulissen und extrem viel Eigeninitiative und Engagement der Athleten und deren Trainer in den Vereinen. Und vielleicht ist ja der Kampf um die blaue Bahn im Berliner Olympiastadion noch eine zusätzliche Motivation.
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