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Kommentar: Caster Semenya

Eurosport
VonEurosport

Publiziert 11/09/2009 um 16:49 GMT+2 Uhr

Die Medien. Kritik an der Presse wird meistens mit "die Medien" eingeleitet. Das ist wie mit "die da oben", wenn es um eine undifferenzierte Pauschalkritik an politischen Entscheidungsträgern geht. Die Medien sind im Alltag omnipräsent. Sie artikulieren Meinungen und geben Richtungen vor.

Durch ein Übermaß an Sensationsgier sind sie moralisch oft schuldbehaftet. Die Medien bilden die Realität nicht nur ab, sie erzeugen sie auch selbst. Ursache und Wirkung in einem. So liest sich die bekannte Kritik.
Der Griff an die Wäsche
Und manchmal treffen diese Vorwürfe wohl den Kern. Speziell, wenn es persönlich und intim wird. Wenn moralisches Denken einer möglichen Quote zum Opfer fällt, mit dem Argument, dass das Angebot nur auf eine Nachfrage reagiert. Der Schwarze Peter wird weitergereicht.
Wie im Fall Caster Semenya. Die südafrikanische 800-Meter-Weltmeisterin von Berlin wurde nach ihrem Sieg umgehend auf den virtuellen Seziertisch gelegt. Männlein oder Weiblein, das ist hier weiterhin die Frage. Man geht Semenya im übertragenen Sinn an die Wäsche, ein öffentlicher Blick unter den Rock.
Nun posaunt der australische "Daily Telegraph" angeblich neue Details über die 18-jährige Athletin hinaus. Angebliche Details, die global über den Ticker rattern. Selbst wenn sich aus dem Angeblichen etwas Tatsächliches entwickeln sollte, bleibt die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
Pathologische Intimschau
Rechtfertigt der Verdacht, Semenya habe bei einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft betrogen, indem sie ihr wahres Geschlecht verheimlicht habe, eine dermaßen pathologische Intimschau? Mann oder Frau oder beides. Es bedarf keiner Labortests und internationaler Diskussion um eines mal grundlegend festzuhalten: Semanya ist ein Mensch.
Ob selbst verschuldet, oder nicht: Ihre Rolle in dem Schmierentheater ist menschenunwürdig. Auch beim südafrikanischen Verband lief in der Vergangenheit eine ganze Menge schief, wurde ein heimlicher Geschlechtstest gegenüber der Athletin als regulärer Doping-Test verkauft. Und Sportminister Makhenkesi Stofile übernimmt einen fragwürdigen und wenig hilfreichen Part, wenn er ohne viel nachzudenken von einem "Dritten Weltkrieg" spricht, der sich da anbahnen würde.
Der wahre Skandal liegt woanders
"Gott hat mich gemacht, wie ich bin", liefert die 18-Jährige selbst die scheinbar naheliegendste Erklärung. "Ich akzeptiere mich, wie ich bin." Beim Leichtathletik-Weltverband gibt es keine Akzeptanz für Sportler, die nicht ins offizielle biologische Raster passen.
Seit 2005 habe es acht vergleichbare Fälle gegeben, erklärt IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss. Vier der betroffenen Athleten haben die peinliche Hilflosigkeit des Weltverbandes zu spüren bekommen: "Die betroffenen Aktiven wurden gebeten, ihre Karriere zu beenden", verrät Weiss doch tatsächlich die IAAf-"Lösung" des "Problems".
Da stellt sich dann schon mal die Frage, ob bei der ganzen Thematik ein unglaublicher Skandal nicht an falscher Stelle gewittert wird.
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