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Tokio 2020: Von Surfen bis Streetball: Die neuen olympischen Sportarten im Check

Sigi Heinrich

Update 21/07/2021 um 08:35 GMT+2 Uhr

Eurosport-Blogger Sigi Heinrich beleuchtet die sechs neuen olympischen Sportarten in Tokio: Surfen, Sportklettern, Skateboard, Karate, Baseball und Streetball. Mit ihnen verfolgt das Internationale Olympische Komitee (IOC) in erster Linie das Ziel, die Jugend zu locken und das Image der verstaubten Tradition mit den ewig gleichen Wettbewerben bei den Spielen aufzupeppen.

Surfen steht zum ersten Mal als Sportart im olympischen Programm

Fotocredit: Getty Images

Die Jugend der Welt trifft sich zum sportlichen Wettstreit. Die Jugend wohlgemerkt, wobei man den Begriff natürlich sehr dehnbar auslegen kann und wohl auch muss. Aber eben diese Jugend will das Internationale Olympische Komitee (IOC) locken, um das Image der verstaubten Tradition mit den ewig gleichen Wettbewerben bei den Spielen aufzupeppen. Mit frischen, jungen Gesichtern, die man halt wohl auch nur bis zu einem gewissen Alter betreibt, ehe einen dann irgendwann der gemeine Ernst des Lebens einholt.
Surfen ist deshalb eine von sechs neuen Sportarten in Tokio und natürlich stellt man sich jetzt einen gestählten Körper vor, der auf einem Surfbrett auf mächtigen Wellen den Haien hinter ihm keine Chance lässt. Surfen ist, so die landläufige Meinung, die bei den Spielen aber möglichst intensiv einfließen soll, eine ganz besondere Lebensphilosophie. Ein Spiel mit den Kräften der Natur, ein Balanceakt vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang.
Lässig trägt dann der Wellenreiter oder die Wellenreiterin das Board zur nahen Strandhütte, wo dann ein erfrischender Cocktail am offenen Feuer wartet. Und irgendwer spielt natürlich auf der Gitarre. Das ist das wahre Leben. Sorgenfrei, weil nur die Welle zählt. Letzteres, aber eben nur Letzteres, wird auch bei den Olympischen Spielen so sein, denn die Jahreszeit ist nicht optimal.
Im Schnitt hat der Tsurigasaki-Beach im Juli und August nur eine sechzigprozentige Garantie für einen surfbaren Swell. Die Freigeister des Surfens werden demnach an den vier geplanten Wettkampftagen in ein enges Korsett gepresst, was diejenigen, die sich in einem sehr komplizierten Verfahren qualifiziert haben, nur deshalb akzeptieren, weil eben das magische Wort „Olympische Spiele“ mit den Wellen erstmals einhergeht. Da macht man eine Ausnahme und nimmt in Kauf, dass die Freiheit für diesen Moment von einem durchaus umstrittenen Regelwerk bestimmt wird.

Plastikgriffe statt Routen im Fels

Auch den Freigeistern der Berge geht es nicht anders, denn um Sportklettern olympische Weihen zu verleihen, hat der dafür zuständige internationale Verband den Versuch unternommen, allen gerecht werden zu wollen. Das ist leider misslungen, weil etwa das Speedklettern gleich bewertet wird wie Bouldern und Leadklettern. Für die besten Kletterer der Welt wie Adam Ondra aus der Tschechischen Republik, Jakob Schubert aus Österreich, Alexander Megos oder Jan Hoyer aus Deutschland ist der Abschnitt, in dem es darum geht, eine Wand mit festgelegten Griffen möglichst schnell zu absolvieren, ein Graus.
Die wahre Klasse zeigt sich erst im Leadklettern, bei dem die Speedspezialisten erfahrungsgemäß krachend scheitern (aber sie nehmen die Punkte mit aus ihrem Auftritt, das lässt ihre Chancen leben). Außerdem sind die Kletterkünstler sowieso lieber mit den Händen am Felsen, hinterlassen in den Bergen ihre Duftnoten, in dem sie Routen bewältigen mit den höchsten Schwierigkeitsgraden. Das ist ihr Leben, dort erkennt man den wahren Champion. Auch in der Szene ist das unstrittig. Nur die Aussicht auf eine mögliche Olympiamedaille treibt die Könige der Berge in die Kletterhallen und an die Plastikgriffe, worauf das IOC mit Recht ja stolz sein kann.
Eine andere wilde Horde, die meist nicht viel hält von Normen und Vorschriften, wird mit dem Zauberwort Olympische Spiele auch gezähmt, denn auch die Skateboarder lassen erstmals ihre Freiheit hinter sich und wollen das große Schaufenster nutzen, um für ihre Sportart und auch für ihr damit verbundenes Lebensgefühl zu werben. Das IOC gibt allen, die neu sind, eine Plattform und so werden vielleicht neue Fans gewonnen.

Karate für die Japaner

Und manche hoffe, dass sie keine Eintagsfliege werden wie diejenigen, die Karate betreiben, denn in drei Jahren in Paris wird ihr Sport schon nicht mehr im Programm sein. Karate ist eine Verbeugung vor dem Gastgeber. Es ist die dritte asiatische Kampfsportart bei Olympischen Spielen und soll vor allem eine Steilvorlage für die Japaner sein, um den Medaillenspiegel aufzupolieren. Es werden die beiden Disziplinen Kata und Kumita ausgetragen. Die Traditionalisten des Karatesports sind darüber nicht sonderlich glücklich, soll doch Karate in erster Linie erzieherisch wirken. Dieser schöne Ansatz verschwindet jetzt ein wenig hinter dem Ehrgeiz, den die Aussicht auf eine Olympische Medaille naturgemäß auslösen wird.

Aus Spaß wird ernst im Streetball

Es ist schon seltsam, dass bis auf Baseball (Männer) und Softball (Frauen), die auch neu sind im Programm, vor allem Sportarten aufgenommen wurden, die sich alle gerne außerhalb der von Verbänden vorgegeben Regeln bewegen. Spontanität ist wichtig, eigene Entscheidungen notwendig, Termine nur bedingt vorgesehen. Man trifft sich einfach so wie zum Streetball, wo im lockeren Wettstreit Basketball gespielt wird. Wer gerade da ist, der ist herzlich eingeladen. Eine vorgeschriebene Ausrüstung gibt es nicht. Spaß soll es machen. In erster Linie Spaß.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Gedanken auch den Weg nach Tokio finden, wenn Streetball (Basketball für Frauen und Männer 3 gegen3) in die olympische Welt eintaucht. Unabhängig übrigens vom traditionellen Basketball, das nach wie vor gespielt wird, denn so ganz ohne das gewohnte Programm kann das IOC natürlich nicht auskommen, so sehr die Jugend auch umworben wird.
Die deutschen Teilnehmer in den sechs neuen Sportarten: Surfen: Leon Glatzer (Kassel), Sportklettern: Jan Hoyer (Frankfurt), Alexander Megos (Erlangen), Skateboard: Tyler Edtmayer (Park/Innigen), Lilly Stoephasius (Park/Berlin), Karate: Noah Bitsch (Kumite Einzel bis 75kg/Waltershausen), Johnathan Horne (Kumite Einzel über 75 kg(Kaiserslautern), Ilja Smorguner (Kata Einzel/ Idstein), Jasmin Jüttner (Kata Einzel/Frankfurt) Im Baseball und Streetball hat sich keine deutsche Mannschaft qualifiziert.
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