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Jens Heppner & der Giro

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Update 04/01/2012 um 22:20 GMT+1 Uhr

Jens Heppner führte 2002 als bisher einziger Deutscher für zehn Etappen den Giro d’Italia im berühmten "maglia rosa" an. Zum 10-jährigen Jubiläum spricht er im Interview über diese Überraschung und seine Ambitionen, jetzt das Team NetApp zum Giro zu führen.

Heppner Giro 2002 "Roth-Foto"

Fotocredit: Eurosport

Vor zehn Jahren haben sie viele Experten und Fans mit Ihrem Erfolg beim Giro überrascht. Waren Sie selbst damals genauso überrascht?
Jens Heppner: Und ob. Das war eine Riesen-Überraschung, auch für mich. Aber ich habe immer gesagt: 'Du musst Glück zur richtigen Zeit haben'. Und bei dieser sechsten Etappe war es der richtige Zeitpunkt. Es war Sauwetter damals und ich war in einer Gruppe.
Irgendwann habe ich mitbekommen, dass ich im virtuellen Rosa Trikot war. Von diesem Augenblick an wollte ich es nur noch in den Händen halten. Die Gruppe kam durch - mit sagenhaften 5 Minuten Vorsprung. So musste ich für mein Glück noch hart arbeiten.
Den Grundstein hatten Sie aber bereits auf der 2. Etappe gelegt...
Heppner: Genau. Die Etappe führte damals von Köln nach Lüttich. Diesen Tag hatte ich mir ausgesucht. Start in Deutschland und Klassikerfeeling im Finale - was willst Du mehr? Letztlich kam eine große Gruppe an und ich bin im Sprint "nur" Dritter geworden, aber es war Ausgangspunkt, um vier Tage später ganz oben zu stehen.
Welchen Anteil hatte damals das Team an diesem Erfolg?
Heppner: Das Team hat alles getan, um das Trikot für mich zu verteidigen. Matthias Kessler ist immer lange Zeit bei mir geblieben, hat oft auf mich gewartet und mich zurück gebracht. Aber in den entscheidenden Situationen bist du als Rennfahrer auf dich allein gestellt. Dann musst du auf dich selbst vertrauen. Das gebe ich auch unseren jungen Fahrern heute noch mit auf den Weg.
Sie waren damals bereits 37 Jahre alt. Normalerweise gilt dieses Alter nicht als der Höhepunkt einer Karriere. Wurde Ihnen der Erfolg auch wegen Ihres Alters nicht mehr zugetraut?
Heppner: Das war sicher ein Punkt. Aber ich war auch bekannt dafür, dass ich körperlich fit bin, kämpfen kann und einfach den Willen habe, mich durchzusetzen. Ich war aktiv bis ich 40 Jahre alt war. Jens Voigt zeigt heute noch, wie man in diesem Alter erfolgreich Radrennen fährt.
Wenn Sie zurückschauen: Was für ein Gefühl war es, eine große Rundfahrt anzuführen?
Heppner: Die Jahre davor war meine Aufgabe im Team, die Kapitäne zu unterstützen. Jetzt hatte ich die Chance, für mich zu fahren. Und das kam zum idealen Zeitpunkt, als die Strecke nach Italien führte. Das "maglia rosa" vor den Tifosi zu tragen, ist einfach unbeschreiblich. Ein sehr spezielles und einmaliges Gefühl, das mir sehr viel bedeutet. Vor allem auch, weil ich es für zehn Etappen genießen konnte.
Gibt es eine spezielle Erinnerung?
Heppner: An dem Tag, als ich das Trikot gewonnen habe, stand mein Handy nicht mehr still. An diesem Tag habe ich die meisten SMS in meinem Leben bekommen. Und wenn ich so zurückblicke, war die größte Anstrengung nicht, das Trikot zu verteidigen, sondern das Maskottchen. Jeden Tag habe ich auf dem Podium das Giro-Maskottchen bekommen. Aber die Fans sind wahnsinnig, wollen es unbedingt und greifen danach, wenn man Autogramme schreibt. Alles was ich heute noch habe, ist ein Maskottchen und ein maglia rosa. Und die werde ich für immer behalten.
Sie sind seit der Gründung des Team NetApp der Sportliche Leiter der Mannschaft. Inwieweit helfen Ihre damaligen Erfahrungen heute den jungen Fahrern?
Heppner: Ich kann die jungen Fahrer sehr gut in Sachen Rennüberblick und Renntaktik führen. Da ich selber Rennfahrer war, weiß ich genau, was die Jungs während eines Rennens durchmachen und fühlen. Sie wissen, dass ich all das erlebt habe und die Tage kenne, wo man alles verflucht. Ich denke, daher nehmen sie meinen Rat an.
Das Team NetApp hat sich zu ihrem 10jährigen Jubiläum auch beim Giro d’Italia um eine Wildcard beworben. Ist das nur ein Zufall?
Heppner: Als wir das Team gegründet haben, waren wir ambitioniert. Unsere Vision war, dass wir bereits im dritten Jahr eine große Landesrundfahrt bestreiten. Das wäre 2012. Der Giro ist natürlich eines meiner Lieblingsrennen und es wäre wunderbar, jetzt nach zehn Jahren dorthin zurückzukehren. Zusammen mit jungen Fahrern, für die der Giro genauso ein Karrierehöhepunkt werden könnte, wie für mich damals.
Wie schätzen Sie die Chance auf eine Einladung ein?
Heppner: Historisch gesehen sind die italienischen Teams klar im Vorteil. Aber wir gehen davon aus, das vielleicht zwei Einladungen dieses Jahr auch an nicht-italienische Teams ausgesprochen werden. Wir gehören sicher zu der Handvoll Teams, die hierfür in Frage kommen. Unsere jungen Fahrer haben im letzten Jahr bewiesen, dass sie Rundfahrten auf dem Podium und in den Top Ten abschließen. Dieses Jahr haben wir den Kader und auch die Saisonvorbereitung ganz gezielt verbessert.
Wie sehen Sie das Team 2012? Gibt es einen Fahrer, den Sie besonders hervorheben können?
Heppner: Ich glaube, dass das Team deutlich stärker ist als im letzten Jahr. Wir haben die Mannschaft verbessert für die Klassiker-Rennen und für die Unterstützung unserer Rundfahrer. So wie ich Leopold König im letzten Jahr erlebt habe, gehe ich fest davon aus, dass wir dieses Jahr mit ihm als Rundfahrer Siege erleben werden. Auch unser Neuzugang Matthias Brändle hat mich im ersten Trainingslager schon sehr überzeugt - genauso wie Jérôme Baugnies, auf den ich vor allem bei den Eintagesrennen schon sehr gespannt bin.
Aber wie jedes Jahr gilt: "Abwarten, vom Verletzungspech verschont bleiben und schauen, wie sich das Team im Verlauf einer Saison entwickelt."
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Jens Heppner - Giro d'Italia 2002 | "Roth-Foto"

Fotocredit: Eurosport

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