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Giro d'Italia, 10. Etappe | Girmay schreibt Geschichte - van der Poel verpokert sich: Drei Dinge, die auffielen

Andreas Schulz

Update 18/05/2022 um 14:58 GMT+2 Uhr

Die 10. Etappe des Giro d'Italia wurde zu einem historischen Tag in der langen Geschichte der Italien-Rundfahrt. Bei der 105. Auflage des Rennens gewann erstmals ein Afrikaner einen Tagesabschnitt und schrieb damit Geschichte. Doch das war nicht der einzige emotionale Moment am Dienstag auf den 196 Kilometern von Pescara nach Jesi. Drei Dinge, die uns auf der 10. Giro-Etappe auffielen.

Highlights: Girmay lässt van der Poel stehen - Favoriten halten sich schadlos

Als der erste Giro d'Italia 1909 ausgetragen wurde, war Eritrea noch eine Kolonie des italienischen Königreiches - am 17. Mai 2022 krönte sich nun ein Fahrer aus der eritreischen Hauptstadt Asmara zum König der 10. Etappe der Rundfahrt.
Der Triumph von Biniam Girmay war angesichts seiner Erfolge in den letzten Monaten und seiner starken Form seit dem Auftakt in Budapest keine Sensation, doch historisch war er in jedem Fall.
Ebenso groß wie die Freude des strahlenden Siegers war auch die Anerkennung der anderen Fahrer im Feld für seinen Coup. Der erhobene Daumen von Mathieu van der Poel und die herzliche Gratulation des Rosa Trikots Juan Pedro Lopez waren nur die sichtbarsten Zeichen dafür.
Auch Team Bora hatte Grund zur Freude: Wilco Kelderman meldete sich nach dem Tiefschlag am Blockhaus mit Rang vier zurück und der Vorsprung in der Teamwertung wurde ausgebaut.
Drei Dinge, die auf der 10. Etappe auffielen:

1.) Teamwork der Schlüssel zu Girmays Sieg

"Ich habe keine Worte für das, was meine Mannschaft heute unterwegs für mich geleistet hat!" Der stolze Sieger wusste, dass der Coup in Jesi nicht allein seiner Klasse und schnellen Beinen zu verdanken war. Der Dank ans Team ist eine manchmal zur Floskel gewordene Pflichtübung in Siegerinterviews, doch Girmay schien tief beeindruckt von der Unterstützung seines Rennstalls in den Stunden zuvor - und das völlig zurecht.
Bedingungslos hatten sich die Fahrer von Intermarché den ganzen Tag über für ihn ins Zeug gelegt - erst in der Verfolgung der Ausreißer, dann in der Vorbereitung im Finale. "Jeder hat für mich gearbeitet, auch alle, die um einen Platz in der Gesamtwertung kämpfen", betonte Girmay begeistert. "Domenico Pozzovivo war großartig", hob er den 39-Jährigen heraus, der noch auf dem letzten Kilometer für ihn Tempo machte, "er hat mich zum Sieg getrieben, als er mir 600 Meter vor dem Ziel zurief: Komm!"
Für Girmay ist auch der Erfolg beim Giro wohl nur eine Zwischenstation, ebenso wie WM-Silber in der U23 im letzten Herbst oder der Sieg bei Gent - Wevelgem im Frühjahr. Der 22-Jährige hat seinen Zenit noch lange nicht erreicht, weitere Etappensiege die Punktewertung bei diesem Giro sind nur die nächsten Punkte auf der Liste - falls es am Mittwoch für ihn weitergehen kann,
Das große Fernziel heißt WM in Ruanda 2025. Bis dahin dürfte er weiter bei Klassikern ebenso wie in den großen Rundfahrten glänzen und seinen Palmarès mächtig ausbauen: Sein Rennstall hat ganz bewusst schon im Frühjahr seinen Vertrag bis 2026 verlängert.
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"Der erste Antritt war unglaublich": Eisel analysiert Girmays Sprint

2.) Van der Poel verpokert sich

"Dieser Sieg ist auch deshalb so speziell, weil er gegen einen großen Champion erkämpft wurde", adelte Girmays Sportchef Valerio Piva seinen Schützling, aber auch Sprintgegner Mathieu van der Poel. Tatsächlich wird jeder Erfolg wertvoller, wenn der Gegner entsprechendes Format hatte - und viel stärker als "MVDP" kann ein Rivale auf solchem Terrain nicht sein. Beim Giro-Auftakt in Ungarn hatte der Superstar von Alpecin im Finale der 1. Etappe noch das bessere Ende für sich, jetzt nahm Girmay Revanche.
Allerdings hatte sich der Niederländer mit seiner Renntaktik keinen Gefallen getan. Dass er bei einem Radwechsel 55 Kilometer vor dem Ziel eine Minute und etliche Kräfte in der Aufholjagd verlor, war noch verschmerzbar. Als er aber auf den letzten Kilometern noch eine Attacke startete, erwies sich das als der entscheidende Fehler. "Da hat er Körner gelassen und hatte dann keine Helfer mehr an seiner Seite", analysierte Eurosport-Experte Fabian Wegmann die Situation im Velo Club.
Van der Poel gestand nach dem Rennen offen ein, die falsche Taktik gewählt zu haben. "Wir gingen davon aus, dass die letzte Abfahrt ziemlich technisch sei, deshalb wollte ich dort attackieren und die Entscheidung suchen. Das lief enttäuschend und ich habe mich zwar versucht, noch etwas zu erholen, aber dieser Angriff hat richtig weh getan."
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Patzer bei Pannenhilfe für van der Poel: "Nicht mit Ruhm bekleckert"

3.) Gedenken an Scarponi macht Sport zur Nebensache

Fünf Jahre ist der tödliche Unfall von Michele Scarponi nun her, doch nicht nur in seiner Heimatstadt Filottrano ist der Giro-Sieger von 2011 unvergessen.
Die Passage der Italien-Rundfahrt durch das zu seinen Ehren geschmückte Städtchen erinnerte daran, wie schnell von einem Moment zum nächsten nichts mehr sein kann, wie es war. Auch wenn das Feld nicht anhalten konnte, ebenso wie meist bei der Tour de France an der Todesstelle von Fabio Casartelli - das Gedenken an solche Dramen muss immer präsent bleiben.
Im Fall von Scarponi ist die Erinnerung umso wichtiger, weil es sich nicht um einen Rennunfall, sondern um einen tödlichen Crash im Straßenverkehr handelte - wo sich leider täglich schwerste Unfälle mit Radfahrern als Opfern ereignen.
Die "Michele Scarponi Foundation" setzt sich deshalb seit Jahren mit vielen Aktionen und Programmen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr ein - immer im Sinne der Botschaft ihres neuen Banners an der Unfallstelle: "Respektiert den Radfahrer!"
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Papagei Frankje wartet am Straßenrand: Giro erinnert an Scarponi

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