Jan Ullrich: "Ich war auf demselben Weg wie Marco Pantani: fast tot" - Radstar spricht mit Armstrong über seinen Absturz

Jan Ullrich hat nach langem Schweigen nun ausführlich über seinen Absturz und den Weg zurück ins Leben gesprochen: "Ich war auf demselben Weg wie Marco Pantani: fast tot", sagte der 47-Järhrige im Gespräch mit seinem einstigen Rivalen Lance Armstrong. In dessen Podcast erklärt er auch: "Ich habe drei Jahre geschlafen und brauchte die Zeit für mich. Aber jetzt ist mein Hirn wieder klar."

Jan Ullrich, Marco Pantani - Tour de France 1998

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Jan Ullrich hat Lance Armstrong und dessen einstige Teammitgliedern George Hincapie und Johan Bruyneel in einem Traininscamp auf Mallorca besucht, um gemeinsam Rad zu fahren und ist in diesem Rahmen auch in deren Video-Podcast "The Move" aufgetreten.
Sie unterhielten sich dabei aber auch eine Viertelstunde lang über Ullrichs Rückkehr ins gesunde Leben in den vergangenen Jahren und ihre gemeinsame Vergangenheit.
"Wir sind alle durch beschissene Zeiten gegangen, und alle auf unterschiedliche Art und Weise. Aber das Wichtigste ist: Wir sind hier", sagte Armstrong während seiner Sendung.
Dabei erklärte Ullrich auch, wie wichtig gute Freunde wie Armstrong gewesen seien, als der Deutsche am Abgrund stand. "Du kennst meine Geschichte, vor drei Jahren ging es mir richtig schlecht - Du hast mich besucht und ich war auf demselben Weg wie Marco Pantani: fast tot", so Ullrich nun.
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Lance Armstrong, Jan Ullrich, George Hincapie, Johan Bruyneel

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Ullrich hat neue Pläne: "Jetzt ist mein Hirn wieder klar"

Der einzige deutsche Tour de France-Sieger machte tatsächlich in seinem Podcast-Auftritt wieder einen glücklichen und entspannten Eindruck und erklärte: "Ich habe drei Jahre geschlafen und brauchte die Zeit für mich. Aber jetzt ist mein Hirn wieder klar, mein Körper ist fit. Ich habe einige Ideen und kann beim nächsten Mal mehr erzählen."
Vor drei Jahren machte Ullrich Schlagzeilen, als erschreckende Videos aus seinem Privatleben auf Mallorca an die Öffentlichkeit gelangten. Der gebürtige Rostocker war in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung. Einige Tage später nahm ihn die Polizei in Frankfurt am Main wegen eines Angriffs auf eine Prostituierte fest. In der Entzugsklinik bekam Ullrich dann Besuch von Armstrong - ein einschneidender Moment in der Freundschaft der einstigen Rivalen auf dem Rad.
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Ullrich und Armstrong

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"Ich werde nie vergessen, dass Du keinen Tag gewartet hast, als es mir schlecht ging und sofort zu mir gekommen bist", sagte Ullrich nun zu Armstrong in dessen Video-Podcast und zeigte sich rehabilitiert: "Ich habe nach all dem Scheiß vor 15 Jahren vergessen, was gut für mich ist. Radfahren ist gut und mit meinen Freunden, meinen Kindern und meiner Familie zusammen zu sein, das ist gut für mich. All das habe ich vergessen, und das war mein Problem."

Ullrich: "Alkohol und Drogen habe ich hinter mir gelassen"

Er trainiere jetzt wieder, erzählte Ullrich und Armstrong zeigte sich beeindruckt, wie leistungsstark der Deutsche inzwischen auf dem Rad wieder sei. "Als ich gefragt wurde, ob ich herkommen würde, habe ich zuerst 'nein' gesagt. Ich bin nicht in Form und habe einen Netflix-Rücken", lachte Ullrich.
"Aber dann dachte ich: Warum nicht? Selbst wenn ich nur zehn Kilometer mitfahren kann - jede Sekunde ist gut für mich. Also habe ich angefangen, wieder zu trainieren. Ich dachte, meine Zellen hätten alles vergessen. Aber Gott hat mir diesen Körper und dieses Talent gegeben. Und dann bin ich eben so: Gar nichts oder Vollgas."

Ullrich dankt Armstrong für seine Hilfe

Armstrong und Ullrich hatten sich nach der Jahrtausendwende immer wieder packende Duelle bei der Frankreich-Rundfahrt geliefert - wie Armstrong in seinem Podcast anmerkte, sei der drei Jahre jüngere Rostocker sein "einziger echter Rivale" gewesen und der Grund, jeden Morgen auf das Rad zu steigen.
Armstrongs sieben Gesamtsiege (1999 bis 2005) wurden mittlerweile gestrichen, er ist verbrannt in der Radsport-Gemeinschaft. Ullrichs Karriere war mit der Operacion Puerto, den Dopingenthüllungen um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes, 2006 praktisch beendet. Seinen Toursieg behielt der gebürtige Rostocker, doch sein Ruf war dahin. In der Folge erlebte Ullrich auch einen gesundheitlichen Absturz, den Tiefpunkt erreichte er 2018. Nicht zuletzt dank Armstrongs Hilfe hat sich der 47-Jährige inzwischen stabilisiert.
Zu Armstrongs 50. Geburtstag am 18. September hatte sich Ullrich in der Bild-Zeitung bedankt: "Vor gut drei Jahren, in der schwierigsten Phase meines Lebens, warst Du, lieber Lance, für mich da. Du hast mir unter die Arme gegriffen und gezeigt, dass der größte Rivale ein echter Freund werden kann. Deine Unterstützung hat dazu beigetragen, dass ich heute wieder gesund bin und mein Leben im Griff habe."
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"Jedes Schimpfwort der Welt gehört: Voigt über seine Jagd auf Ullrich 2004

Quelle: Eurosport

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