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Tour de France 2022 - Drei Dinge, die auf der 7. Etappe auffielen: Deutscher Tag macht Lust auf mehr

Felix Mattis

Update 09/07/2022 um 10:24 GMT+2 Uhr

Sieben Tage Tour de France sind vorbei und die erste Bergankunft der Rundfahrt hat für das nächste große Spektakel gesorgt - aus deutscher Sicht, weil bis 100 Meter vor Schluss Lennard Kämna auf dem Weg zum Etappensieg schien, doch auch in Sachen Gesamtklassement. Denn Tadej Pogacar gewann zwar erneut, musste sich gegen Jonas Vingegaard aber ganz schön strecken. Drei Dinge, die auffielen.

Dramatisches Finale: Kämna verliert Sieg auf den letzten Metern

Nach seinen Auftritten auf den Etappen 5, 6 und 7 steht für viele bereits fest: Pogacar wird am 24. Juli in Paris seinen dritten Tour-Sieg feiern.
Doch wie so oft zu Beginn einer dreiwöchigen Rundfahrt gilt: Ruhe bewahren!
Das Teilstück zur Super Planche des Belles Filles war nur die erste von insgesamt sechs Bergankünften.
Genau wie diese 7. Etappe der Auftakt für ein wahres Kletterfestival gewesen ist, so war sie aus deutscher Sicht möglicherweise auch der Startschuss zu zwei sehr offensiven Wochen.
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Kämnas heroischer Kampf ohne happy end: Die Highlights der 7. Etappe

Hier sind drei Dinge, die am Vogesen-Tag auffielen.

1. Deutscher Tag macht Lust auf mehr

Ja, die Zeiten der deutschen Sprint-Dominatoren bei der Tour sind vorbei. Doch die der deutschen Angreifer machen genauso viel Spaß! Und die Fahrt in die Vogesen am Freitag war der perfekte Auftakt für zwei aus deutscher Sicht möglicherweise sehr interessante Wochen - beinahe sofort mit der Krönung durch einen Etappensieg.
Nachdem sie sich auf den ersten sechs Etappen strikt um Kapitän Aleksandr Vlasov gekümmert hatten, bekamen Lennard Kämna und Max Schachmann in Richtung Super Planche des Belles Filles ihren ersten Freifahrtschein bei dieser Tour und spielten ihn bilderbuchartig aus.
Wie Sportdirektor Rolf Aldag nach der Etappe erklärte, war das schon lange angedacht: "An diesem Tag anzugreifen und auf Etappensieg und Gelbes Trikot zu fahren, das war der Plan, seit wir die Strecke kennen", sagte er. Und tatsächlich fuhr Schachmann unterwegs eine Zeit lang zumindest virtuell in Gelb.
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Trotz bitterem Tag: Die Richtung stimmt bei Bora

Doch nicht nur das Bora-Duo glänzte am Freitag, auch Simon Geschke brillierte. Er war es schließlich, der als Erster der letztlich elf Ausreißer angegriffen hatte. Er war es auch, der unterwegs die zwei Bergwertungen der 3. Kategorie gewann. Und er war auch derjenige, der am Fuß des Schlussanstiegs mit seinem Antritt das Finale eröffnete. Die ASO-Jury belohnte den Freiburger mit dem Preis des kämpferischsten Fahrers.
Was Geschke und seine Bora-Landsmänner gemeinsam haben, ist, dass ihre Kapitäne am Freitag beide Boden einbüßten, sodass die Wahrscheinlichkeit weiterer Möglichkeiten zur Attacke für die deutschen Helfer gestiegen sein dürfte.
"Die ersten Etappen der Tour waren nicht so mein Ding. Aber jetzt versuche ich, die Rennen wieder zu genießen. Hoffentlich springt in den nächsten zwei Wochen noch ein Sieg heraus", kündigte Geschke schon mal an, dass er es wieder versuchen wird. Der 36-Jährige wird auch nicht umsonst die vier Bergpunkte gesammelt haben. Gut möglich, dass er schon in den nächsten Tagen nochmal nach dem populären Trikot mit den roten Punkten greifen wird.
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"Stoff für die Geschichtsbücher" - die Analyse des Kämna-Dramas

Und selbst wenn Bora-Kapitän Vlasov seine Hoffnungen aufs anvisierte Podium noch nicht ganz aufgegeben hat, so bestätigte auch Aldag: "Wir wollen offensiv fahren. Auch wenn einer von uns vorne ist, haben wir ja noch drei Bergfahrer hinten", erklärte er, dass es keinen Grund gäbe, alle Mann im Feld beim Russen festzubinden.
Schon am Wochenende warten mit den Ankünften in Lausanne und Châtel zwei weitere Etappen, die gerade Kämna und Schachmann sowie Geschke entgegenkämen. Doch auch Georg Zimmermann (Intermarché - Wanty - Gobert) hat am Freitag in der Startphase mehrfach attackiert und versucht, in die Gruppe zu gehen - genau wie auch Nils Politt und Jonas Rutsch sich schon sehr offensiv zeigten in den letzten Tagen.
Und wenn die schwersten Bergetappen geschafft sind, darf man auch Max Walscheid und John Degenkolb oder sogar Alexander Krieger noch Angriffe zutrauen. Keinem von ihnen sind aufgrund eines Kapitäns die Hände beziehungsweise Beine gebunden.

2. Das Klassement ist vorsortiert - VORsortiert

Tadej Pogacar hat wieder gewonnen und Tadej Pogacar scheint auf bestem Wege zu sein, seine dritte Tour de France zu gewinnen. Doch Tadej Pogacar hat eben doch auch noch Gegner. Und so sehr ihm einige Beobachter schon zum dritten Tour-Sieg gratulieren wollen, so sehr sei betont: Die sind noch nicht geschlagen. Pogacar selbst weiß das sehr wohl, wie man daran sieht, dass er nicht zu attackieren aufhört.
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Pogacar schon durch? Das ist die Schwachstelle des Titelverteidigers

"Im Radsport gibt es keinen Vorsprung, der groß genug ist", sagte er im Ziel der 7. Etappe in die Kamera und lobte auch ganz explizit seinen ärgsten Herausforderer Jonas Vingegaard. "Jonas ist einer der stärksten Kletterer, wenn nicht der stärkste Kletterer der Welt", meinte er. Den Moment am Mont Ventoux im vergangenen Jahr, als Pogacar dem Dänen nicht mehr folgen konnte, hat er nicht vergessen.
Nun war Vingegaard an der steilen Vogesenrampe zur Super Planche des Belles Filles ebenbürtig, obwohl der Däne selbst immer wieder betont, dass ihm lange Anstiege im Hochgebirge besser liegen als diese 7-Kilometer-Mittelgebirgsrampen.
Wichtig für den Kampf um den Gesamtsieg war die Erkenntnis, dass Primoz Roglic nach seinem Sturz vom Mittwoch nicht geschwächt zu sein scheint und somit noch eine wichtige Rolle als Edelhelfer für Vingegaard und taktische Variante spielen könnte. Und wichtig war auch, dass das britische Ineos-Duo Geraint Thomas und Adam Yates gut mithalten konnte. Denn auch der britische Rennstall, der noch vier Mann in den Top 10 der Gesamtwertung hat, könnte mit offensiven Auftritten noch viel bewegen.
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Vier Mann in den Top 10 - wann opfert Ineos die B-Kapitäne?

"Es ist gut, dass wir alle noch da vorne im Gesamtklassement sind und so in die nächsten zwei Wochen gehen. Wir werden versuchen, unsere Überzahl gut einzusetzen", sagte Thomas am Freitag, dämpfte aber auch die Erwartungen an ein Offensiv-Feuerwerk: "Auf Teufel komm raus attackieren wir nicht."
Das beste Dokument dafür, dass Pogacar sich seiner Sache noch nicht so sicher ist wie die meisten Außenstehenden, sondern durchaus auch noch etwas Nervosität verspürt, war eine Szene direkt nach der Zielankunft seines Edelhelfers Rafal Majka. Als der bei Pogacar ankam, merkte der Slowene sofort an: "Du hast mich zu früh verlassen." Majka nämlich war etwas früher im Finale ausgeschert als geplant und entschuldigte sich im Ziel sofort bei seinem Boss dafür.
Letztendlich müssen Pogacar und sein Team das Gelbe Trikot noch zwei Wochen lang unter großem Kraftaufwand verteidigen, wenn die Konkurrenz von Ineos und Jumbo - Visma sowie auch Bora - hansgrohe zu großen Angriffen bläst. Und dass das passieren wird, ist angesichts des Profils der kommenden Tage vorprogrammiert.

3. Die echten Berge kommen noch

Die Tour hat gerade erst begonnen. Nach einer harten ersten Woche auf kniffligen Etappen an der Küste und übers Kopfsteinpflaster geht es nun in die Berge. Und so brutal die Schotterrampe am Freitag auch war, diese 109. Frankreich-Rundfahrt wird in den kommenden zwei Wochen noch deutlich härter. "Wir hatten ja noch gar keine ordentliche Bergetappe", stellte Geraint Thomas am Freitag richtig fest.
Und entsprechend wenig ist im Gesamtklassement bislang festgezurrt. Als es 2019 am Ende der ersten Tour-Woche zur Super Planche des Belles Filles hinaufging, waren Thomas, Thibaut Pinot und Julian Alaphilippe dort die Besten der Klassementfahrer. Nur einer von ihnen, Thomas, stand zwei Wochen später als Zweiter auf dem Podium.
Für die 1.140 Meter hohe Vogesen-Bergankunft mit einer Aufstiegszeit von knapp 20 Minuten braucht es schließlich auch andere körperliche Voraussetzungen als für doppelt so lange Anstiege im Hochgebirge jenseits der 2.000-Meter-Marke.
In den kommenden Tagen stellen sich der 15,4 Kilometer lange Pas de Morgins (9. Etappe), der 19 Kilometer lange Anstieg nach Megève (10. Etappe), die jeweils mehr als 2.400 Meter hohen Col du Galibier und Col du Granon (11. Etappe) sowie die berühmte Alpe von Huez (12. Etappe) den Fahrern zum Abschluss der Etappen in den Weg. "Ich hoffe, dass es in den langen Anstiegen noch besser läuft", warnte Vingegaard Pogacar deshalb schon mal.
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Tour-Strecke, 8. Etappe: Schweres Finale in der Schweiz

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