Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

DSV-Adler Karl Geiger im Interview über schwierige Saison-Vorbereitung und Vierschanzentournee - "Wir haben was vor"

Corinna Horn

Update 14/11/2023 um 22:01 GMT+1 Uhr

Am 25. November startet der Skisprung-Weltcup im finnischen Ruka. Bis dahin "gibt es noch einiges zu tun", sagte Karl Geiger im Rahmen der DSV-Einkleidung in München. Der 30-jährige Oberstdorfer erzählt im Gespräch mit Eurosport.de, weshalb er diesen Sommer später ins Wettkampfgeschehen eingestiegen ist und verrät, warum er mit Blick auf die Vierschanzentournee "positiv gestimmt" ist.

Geiger nimmt Tournee ins Visier: "Wollen einfach mal gewinnen"

Der vergangene Weltcup-Winter war nicht einfach für Skispringer Karl Geiger. "Letztes Jahr war die Bandbreite extrem schmal", erklärte der Allgäuer im Gespräch mit Eurosport.
Zwar war Geiger vergangenen Winter vier Mal aufs Podest gesprungen und holte bei der Nordischen Ski-WM in Planica Gold (Mixed-Team) und Bronze (Normalschanze), so suchte der DSV-Adler jedoch lange nach seiner Konstanz.
Gerade bei der Vierschanzentournee hatte Geiger große Probleme: Am Bergisel schied der 30-Jährige sogar in der Qualifikation aus. In der Tournee-Gesamtwertung stand am Ende kein Deutscher unter den besten zehn - das schlechteste Ergebnis seit zwölf Jahren.
Die DSV-Adler möchten einiges gut machen und wieder angreifen: "Das Potenzial ist da", sagte Geiger im Gespräch:
Letztes Jahr hatten Sie nach einer langen Saison Probleme mit ihrem Energielevel. Wie ging es Ihnen dieses Jahr?
Karl Geiger: Besser. Die Saison war zwar noch länger und eigentlich auch anstrengender, weil es ein ziemliches Auf und Ab war, aber die Baustellen waren größer und ich war wieder schneller im Training zurück. Ich hatte auch wieder Lust, das jetzt weiter anzuschieben, damit ich wieder den Anschluss finde.
Wie schwierig ist es, ein Flugsystem, das viele Jahre funktioniert hat, aufzubrechen, um genau nachzuschauen, woran es gelegen hat?
Geiger: Das ist nahezu unmöglich, wenn man ehrlich ist. Jeder Springer hat sich über die Jahre eine gewisse Eigenkomponente erarbeitet und das macht auch die eigene Sprungcharakteristik aus. Ganz ändern kann man es nicht, aber es muss wieder funktionieren oder weniger anfällig für Fehler sein, sodass auch Sprünge, die vielleicht eine kleine Ecke drin haben, immer noch fliegen.
Auch wenn es nicht gut läuft, kann man immer was daraus lernen.
Sie sind dieses Jahr ein bisschen später in das Sommer-Grand-Prix-Wettkampfgeschehen eingestiegen. Warum?
Geiger: Eigentlich aus dem Grund, weil wir versucht haben, das System aufzubrechen und auf Fehlersuche zu gehen, woran es wirklich liegt. Wir haben einige Sachen ausprobiert, sowohl im Sprung als auch bei der Materialabstimmung. Wie passen die Sachen wieder besser zusammen? Da war es wichtig, dass ich mir die Zeit auch ohne Wettkampfdruck gegeben habe. Nicht, dass es jeden Tag gemessen wird, sondern um sich was zu erarbeiten, sukzessive heran zu testen und hinten raus dann Richtung Herbst wieder ins Wettkampfgeschehen einzusteigen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man - egal ob bei einem Wettkampf im Sommer oder Winter - immer sein Bestes gibt. Auch wenn es nicht gut läuft, kann man immer etwas daraus lernen.
Hat denn die Fehlersuche ein bestimmtes Teil herausgebracht?
Geiger: Eigentlich nicht. Es ist das Zusammenspiel vieler Komponenten. Letztes Jahr waren ein paar sehr gute Wettkämpfe dabei, in denen ich auch aufs Podest gesprungen bin, aber die Stabilität war einfach zu gering. Das ganze System muss besser ineinandergreifen, damit man auch mit Fehlern immer noch ins Fliegen kommt, ohne dass man - auf gut deutsch gesagt - vom Himmel fällt. Letztes Jahr war die Bandbreite extrem schmal. Die Sprünge mussten schon extrem gut sein, dass es funktioniert und das ist dann ein bisschen frustrierend. Es ist zwar schön zu wissen, dass ich es doch noch nicht ganz verlernt habe, aber wenn man einen schlechten Tag erwischt, denkt man sich gleich: 'Das gibt es doch nicht. Jetzt hab ich 15 Meter gekriegt'. Das macht schon was mit einem. Da ist man dann schon am Denken und am Überlegen und will sich damit nicht zufriedengeben, aber die Situation muss man so annehmen. Jetzt hatten wir ein paar Monate Zeit, das Ganze aufzubrechen und hoffentlich haben wir die richtigen Schlüsse gezogen.
Es gab auch ein paar Regeländerungen und Anpassungen. Hat das die Fehlersuche zusätzlich erschwert?
Geiger: Ja. Es hat wieder mal eine ziemliche Regeländerung gegeben, aber da geht es jedem gleich. Ich finde es irgendwann ein bisschen mühsam, wenn jedes Jahr wieder alles über den Haufen geschmissen wird. Das Material aus dem Vorjahr, das noch gut wäre, kann man nicht mehr weiterverwenden. Aber das ist halt so. Damit halte ich mich jetzt auch nicht länger auf, weil das hilft mir eh nichts. Jede Materialänderung birgt aber vielleicht auch eine Chance, wo man sagt: 'Okay, jeder muss sich umstellen'. Das heißt, wenn man der Beste ist, der sich auf das neue Material einschießt, dann kann man auch wieder weiter vorne landen.
Ende November startet der Weltcup in Ruka. Können Sie einschätzen, wo Sie gerade stehen?
Geiger: Schwer, ich habe nur einen Sommer-Grand-Prix mitgemacht. Mein Bauchgefühl ist aber ganz positiv gestimmt. Die Mannschaft hat gute Ergebnisse geliefert, sowohl im Continental Cup als auch im Sommer-Grand-Prix. Bei dem einen Wettkampf, wo ich dabei war, waren schon ein paar gute Sprünge dabei, die aufzeigten, dass es wieder zu funktionieren scheint. Die Stabilität ist noch nicht ganz da, aber ich habe auch schon einen Probedurchgang gewonnen. Ich bin im Wettkampf bei schwierigeren Bedingungen trotzdem noch irgendwo vorne dabei gewesen. Es war nicht so, dass ich gesagt habe, ich sehe überhaupt kein Land, sondern: Das ist mein Grundniveau, darauf kann man aufbauen.
Es gibt noch einiges zu tun.
Es steht diesen Winter kein Großevent an, aber der Kalender bietet mit der Vierschanzentournee, der Skiflug-WM am Kulm und der Raw Air Tour natürlich wieder viele Highlights. Gibt es ein Event, auf das Sie einen besonderen Fokus legen?
Geiger: Fokus nicht, aber ich glaube die Tournee ist schon das Ziel - seit Jahren schon, wir wollen jetzt einfach mal gewinnen. Das Potenzial ist da. Wir haben den Sommer gut trainiert, ob es dann reicht oder nicht, wird sich zeigen. Aber wir haben auf jeden Fall etwas vor.
Wie groß ist denn die Hoffnung, dass das System bis zur Vierschanzentournee wieder funktioniert?
Geiger: Ich bin positiv gestimmt. Hoffnung ist immer schwer zu sagen. Noch weiß man es natürlich nicht. Es kann auch sein, dass wir in den Winter starten und auf einmal merken: 'Ups, jetzt ist aber was schief gelaufen'. Das glaube ich aber nicht. Ich bin positiv gestimmt. Es gibt noch einiges zu tun. Es gilt die nächsten Wochen gut zu nutzen, damit man dann im Winter aufgestellt ist und Ruhe hat.
picture

Geiger exklusiv: "Hätte es fast nicht mehr geglaubt"

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Ähnliche Themen
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung