Vierschanzentournee - Bundestrainer Horngacher glaubt im Interview an Paschke: "Er ist bereit für große Dinge"

Pius Paschke geht als Gesamtweltcupführender in die 73. Vierschanzentournee - und damit als Favorit. Dass seine Formkurve in Engelberg zuletzt leicht nach unten zeigte, muss nichts heißen, findet Bundestrainer Stefan Horngacher. Im Interview mit Eurosport-Experte Martin Schmitt stellt er klar, dass er sowohl Paschke als auch Andreas Wellinger den ganz großen Sprung zutraut.

Horngacher exklusiv: "Wellinger hat alle Fähigkeiten, die es braucht"

Quelle: Eurosport

Es gibt da eine Statistik, die macht nicht gerade viel Hoffnung. Seit der Saison 2012/13 haben nur zwei Springer die Tournee gewonnen, die zuvor auch den Gesamtweltcup anführten - Peter Prevc (2015/16) und Ryoyu Kobayashi (2018/19).
Die Liste derer, die in naher Vergangenheit im Gelben Trikot und einem Koffer voller Hoffnungen zur Tournee anreisten, aber scheiterten, ist deutlich länger. Zu ihnen gehörten auch die DSV-Stars Richard Freitag (2017/18) und Karl Geiger (2021/22).
2024/25 schickt sich nun also Pius Paschke an, das zu schaffen, was seit Sven Hannawald 2001/02 keinem Deutschen mehr gelang: die Vierschanzentournee zu gewinnen. Auf die Frage von Eurosport-Experte Martin Schmitt, ob der 34-Jährige sich selbst den großen Wurf zutraut, meinte Bundestrainer Stefan Horngacher: "Ich denke schon."
Zum einen ist da eben die im Grunde ausnehmende Form diesen Winter. Fünf Springen hat der Kiefersfeldener bereits gewonnen, er führt in der Gesamtwertung mit 79 Punkten Vorsprung vor dem Österreicher Daniel Tschofenig. Und er ist stabil - im Sprung wie im Kopf.

Horngacher lobt Paschke

"Er hat in den letzten Jahren viel mit einem privaten Psychologen gearbeitet. Man sieht jetzt die Früchte, jedes Jahr wird es besser", meint Horngacher. Ein Beispiel: "Wenn man sieht, wie er die zweiten Durchgänge gestaltet hat bei den Weltcups - da hat er richtig einen rausgehauen. Das zeigt schon, dass er bereit ist für große Dinge."
Außerdem zeichnet sich Paschke seit jeher als großer Arbeiter aus. "Beim Pius muss man sehen: Wo kommt er her, wie lange arbeitet er schon dran? Er hat die letzten vier, fünf Jahre einen Aufwärtstrend", sagt der Bundestrainer.
2021 holte Paschke bei der WM in Oberstdorf Team-Gold. "Seit her hat sich jedes Jahr weiter verbessert", lobt ihn Horngacher. Im Sommer, dem für den Winter so ausschlaggebenden Trainingszeitraum für Skispringer, habe man "noch ein, zwei kleine Dinge gefunden bei ihm, die ihn jetzt deutlich verbessern und stabiler machen". Das mache es letztlich aus, "dass er selbst die Challenge angenommen hat, diese Kleinigkeiten zu verbessern. Jetzt springt er stabil auf einem hohen Niveau", sagt der Bundestrainer.

Tourneesieger aus Deutschland oder Österreich?

So sehen es auch die Eurosport-Experten. "Pius ist ein Kämpfer und Arbeiter und jetzt kommen modernere Schanzen, da ist definitiv was möglich", meint Horngachers Vorgänger, Werner Schuster, der für Eurosport alle Springen der Vierschanzentournee als Co-Kommentator begleiten wird: "Er führt immer noch im Gesamtweltcup, damit gehört man zu den Favoriten, auch wenn zuletzt selten der Mann in Gelb gewonnen hat."
Das deutsche Team sei in Summe "sehr erfahren, alle haben die Tournee und Oberstdorf schon viele Male erlebt. Das kann ein Vorteil sein." Abgesehen vom Österreicher Stefan Kraft, der die Tournee vor zehn Jahren gewonnen hat, "sind eigentlich alle Mitfavoriten auf den Tournee-Sieg Neulinge in dieser Rolle".
Für Schuster läuft ohnehin alles auf einen Showdown der Austragungsnationen heraus. "Die Chance ist groß, dass der Sieger dieses Jahr aus Deutschland oder Österreich kommt", sagt er. Die ÖSV-Springer warten seit Kraft 2015 auf einen Tourneesieger aus ihrem Land.

DSV hat weitere Eisen im Feuer

Martin Schmitt, der die Springen vor Ort für Eurosport als Experte begleiten wird, sieht Paschkes "kleinen Einbruch" in Engelberg (10./18.) jedenfalls als nicht dramatisch an. "Das muss irgendwann kommen, die Frage ist, wie man damit umgeht. Ich bin da optimistisch, ich habe einen guten Eindruck von Pius, der das ruhig einordnen kann", sagt er: "Pius weiß genau, was er zu tun hat."
Nicht zu vergessen: Mit Andreas Wellinger und Karl Geiger, immerhin Sechster und Neunter im Gesamtweltcup, haben die DSV-Adler noch zwei weitere heiße Eisen im Feuer. Gerade Wellinger, der im Sommer eigentlich der beste Deutsche war, hat sein Pulver diese Saison noch längst nicht verschossen.
"Ich sehe ihn sehr entschlossen, fokussiert. Er hat was vor diese Saison", sagt der Bundestrainer: "Er hatte letztes Jahr seine beste Saison, da will er anschließen beziehungsweise noch besser werden. Das zeichnet ihn aus: Er ist ein kühler Typ, der zum richtigen Zeitpunkt den Schalter umlegen kann."

Wellinger hat "alle Fähigkeiten, die es braucht"

Im Grunde habe der Ruhpoldinger "alle Fähigkeiten, die man als Skispringer braucht: Er kann schnell runterfahren, er kann super wegspringen, er kann super fliegen und super landen. Das sind die vier Grundvoraussetzungen und er erfüllt eigentlich alle. Deshalb ist er einer der besten, wenn nicht sogar der beste Skispringer", sagt Horngacher.
In Ruka konnte Wellinger bereits ein Springen diese Saison gewinnen. "Da hat er am zweiten Tag wirklich mal einen Treffer gelandet und dann sieht man schon, zu was er fähig ist", meint der Bundestrainer. Außerdem gehört der 29-Jährige zu den Stilisten im Weltcup.
"Bei seinem Telemark kann man auch mal eine 20 geben", findet Horngacher und formuliert einen Gruß an die Jury: "Die Kampfrichter trauen sich, viele Punkte abzuziehen, aber noch nicht richtig zu bewerten teilweise. Aber das kommt wahrscheinlich auch noch."

Training als Fingerzeig

Ein wichtiger Fingerzeig wird für Schmitt bereits der erste Trainingssprung in Oberstdorf am Samstagmittag sein.
"Wenn es im Training von Oberstdorf gut funktioniert, können Pius Paschke und auch Andreas Wellinger ihr Selbstvertrauen stärken und in einen Lauf kommen", meint er.
Bei einem guten Ergebnis auf der ersten Station, sei es "wichtig, dass die deutschen Springer die Euphorie aus Oberstdorf nutzen und mitnehmen, aber gleichzeitig nicht zu viel Energie verschwenden".
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Kraft exklusiv zur Regeländerung: "Ich finde das gut"

Quelle: Eurosport


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