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Snooker

Kommentar: Ronnie O’Sullivan hat mit seiner Generalkritik recht, schießt aber übers Ziel hinaus

Rolf Kalb

Update 22/03/2023 um 18:02 GMT+1 Uhr

Ohweia. Ronnie O’Sullivan lässt es krachen, und zwar richtig. Snooker sei in einem so schlechten Zustand wie noch nie, so der siebenmalige Weltmeister zu "The Sportsman". Und er setzt noch einen drauf: Diejenigen, die die Verantwortung tragen, seien "nicht die Hellsten". Hat er recht? Eurosport-Kommentator Rolf Kalb meint: Er hat wichtige Punkte angesprochen, aber seine Kritik ist zu pauschal.

Ronnie O'Sullivan pokonał Michaela Georgiou w zaledwie 37 minut

Fotocredit: Eurosport

Das war ein echter Rundumschlag. Ronnie O’Sullivan hat verheerende Kritik an der Situation im Snookersport geübt. Das hat natürlich Wellen geschlagen und sogar die World Snooker Tour zu einer Stellungnahme veranlasst.
Es geht dem Superstar um mehr Preisgeld, aber er spricht auch eine Reihe weiterer Punkte an. Mit seinem Vorwurf, die Verantwortlichen seinen "nicht die Hellsten", schlägt er noch einen ziemlich groben Keil ein.
Mit seiner Pauschalkritik spricht Ronnie O’Sullivan eine Reihe wichtiger Punkte an. Insofern ist seine Kritik durchaus gerechtfertigt. Und als Bannerträger des Snooker steht ihm eine derartige Kritik auf jeden Fall zu.
Aber ich meine, mit seiner Pauschalität schießt er über das Ziel hinaus (was kein Vorwurf ist). Es ist eben nicht alles entweder weiß oder schwarz.

Preisgeld hat sich enorm erhöht

Dass mehr Preisgeld auf dem Wunschzettel von Profisportlern weit oben steht ist verständlich und absolut legitim. Aber "so schlecht wie nie"? Shaun Murphy hat recht, wenn er darauf verweist, dass in der Saison 2009/10 um insgesamt 3,5 Millionen Pfund gespielt wurde. In dieser Saison beträgt das Preisgeld 10,5 Millionen Pfund. Das ist also deutlich mehr.
2009/10 gab es übrigens sechs Ranglisten-Turniere. In dieser Saison sind es dagegen 15. Es waren schon einmal mehr: 2017/18 und 2018/19 wurden jeweils 20 Ranglisten-Turniere gespielt. Da war dann natürlich auch die Gesamtsumme an Preisgeld höher. Dass die Corona-Politik von China dazu geführt hat, dass dort in den letzten Jahren keine Turniere gespielt werden konnten (und damit das Preisgeld dafür wegfiel) kann man sicherlich nicht den Verantwortlichen der WST ankreiden.
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Heute vor vier Jahren: O'Sullivan spielt 1000. Century

Da besteht ja auch die Hoffnung, dass sich das wieder ändert. Dass aber andere Turniere wegfielen (Riga, Gibraltar, Turkish Masters) ist ein Hinweis darauf, dass nicht alles in die richtige Richtung läuft. In Kontinental-Europa gibt es derzeit nur die beiden Events in Deutschland. Da müsste mehr möglich sein. Andererseits: Bei 20 Turnieren pro Saison klagten auch einige Spieler über eine zu große Belastung.

Betrugsaffäre das derzeit größte Desaster

Nachvollziehen kann ich auch die Kritik an einigen Austragungsstätten. Ein Turnier in einem runtergekommenen Freizeitzentrum hat nicht gerade Stil. Das wirkt schnell billig und macht die Vermarktung nicht gerade leichter. Aber derartige Austragungsstätten sind halt billig zu mieten. Das Tempodrom dürfte da deutlich mehr kosten.
Das größte Desaster ist natürlich die aktuelle Betrugs-Affäre. Da kann es keine zwei Meinungen geben. Die derzeit elf gesperrten Spieler sind die größte Belastung, unter der Snooker jemals gelitten hat. Aber das ist auch nicht die Schuld der Verantwortlichen.
Dass die WPBSA um Aufklärung bemüht ist und konsequent vorgeht ist die einzig mögliche Reaktion darauf. Dass aber zumindest der Komplex um die zehn gesperrten chinesischen Spieler nicht vor der WM abgeschlossen werden kann wird für den Saisonhöhepunkt im Crucible Theatre eine Belastung sein. Schade.

O'Sullivan wurde mit Kritik persönlich

Dass Ronnie O’Sullivan bei seiner Kritik auch persönlich geworden ist, verleiht seiner berechtigten Kritik leider kein zusätzliches Gewicht. Ob seine Streik-Aufforderung zielführend ist, bezweifle ich auch. Neil Robertson hat ja auch die Gründung einer schlagkräftigen Spielervereinigung gefordert.
Nun: Die WPBSA ist im Kern eine Spielervereinigung. Nur lassen sich kaum Spieler bei den entscheidenden Versammlungen blicken. Shaun Murphy war ja im „Players Board“ der WPBSA sehr engagiert, um die Sichtweise der Spieler einzubringen und ihre Interessen voranzubringen. Bis Murphy eben frustriert hingeschmissen hat, weil die Spieler, um die es ging, ihn in der Luft haben hängenlassen. Es ist eben leichter, von der Seitenlinie aus lautstark Kritik zu üben, als sich für eine bessere Entwicklung zu engagieren.
Fazit: O’Sullivan hat zurecht viele wunde Punkte angesprochen. Aber nur die derzeit Verantwortlichen als die Doofen darzustellen, die es nicht bringen, greift zu kurz. Auch die Spieler haben Möglichkeiten und Verantwortung. Gemeinsam käme man wahrscheinlich weiter. Das Treffen mit Spielern in jüngster Vergangenheit mag ein Schritt in die richtige Richtung gewesen sein. Nur schade, dass davon nur Allgemeinplätze an die Öffentlichkeit gelangt sind. Und schade, dass gerade viele Kritiker unter den Spielern dort durch Abwesenheit geglänzt haben.
Herzliche Grüße
Ihr / Euer Rolf Kalb
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