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Welsh Open: Sieg der Großen beim Aufstand der Kleinen

Rolf Kalb

Update 20/02/2017 um 16:14 GMT+1 Uhr

Da hat es in Cardiff ordentlich gerappelt im Karton: Favoritenstürze en masse. Aber am Ende machten den Titel doch wieder zwei der üblichen Verdächtigen unter sich aus. Stuart Bingham und Judd Trump in einem Finale zu sehen kann nicht überraschen. Waren die Favoritenstürze also nur ein Zufall oder steckt da ein Muster hinter? Und über Bingham muss ich auch noch ein paar Worte verlieren.

Stuart Bingham wins Welsh Open (worldsnooker.com)

Fotocredit: From Official Website

Eines steht jedenfalls fest: Die kurze Distanz (best of 7) ist ein Gleichmacher, wie Mark Selby es genannt hat. Ich würde es nicht als Lotterie bezeichnen wie Ronnie O’Sullivan, aber es gibt den vermeintlichen Underdogs deutlich bessere Chancen, einem der Großen ein Bein zu stellen. Das passiert auch bei längeren Distanzen immer wieder, aber eben nicht so häufig. Das muss aber nicht gegen das Format sprechen: Auch in anderen Sportarten gibt es Sprint-Wettbewerbe mit ähnlichen Folgen. Der vielseitige Sportler ist heute also gefragt, der auch mit derartigen Anforderungen zurechtkommt. Das gilt im Snooker, das gilt genauso in anderen Sportarten. Allerdings: Wenn ein Top-Spieler eine 3:0- oder 3:1-Führung verspielt, dann hat das nicht unbedingt etwas mit der kurzen Distanz zu tun. Dann war es eher die Schwäche des Spielers, die zur Niederlage geführt hat.
Für die vielen Überraschungen haben auch viele das Format verantwortlich gemacht: Bei den Events der Home Nation Series werden nur die Top 16 der Setzliste im Draw gesetzt; alle anderen werden beliebig zugelost. Es kann also passieren, dass ein Top 16 Spieler schon in der ersten Runde auf die Nummer 17 trifft, während anderswo zwei Spieler aus den unteren Regionen der Weltrangliste gegeneinander spielen. Aber auch das war nicht der Grund für die vielen überraschenden Ergebnisse in Cardiff. Wie der stets großartige Matt Huart in seinem Blog ausgearbeitet hat ist ein großer Teil der Top 16 Spieler an einem Gegner gescheitert, der in der Rangliste weit unter ihm steht. Natürlich wird der Zufall in der letzten Woche eine Rolle gespielt haben, aber noch viel entscheidender ist die größer gewordene Leistungsdichte und die Tatsache, dass die vermeintlichen Kleinen ihre Ehrfurcht vor den Großen verloren haben. Dazu trifft man heute ganz einfach viel zu oft aufeinander. Dieses Phänomen haben wir in dieser Saison ja auch bei anderen Turnieren erlebt; mit einem Hamilton-Sieg hatte in Berlin zunächst auch einmal sicherlich niemand gerechnet.
Bei Stuart Bingham ist nun endlich der Bann gebrochen. Nachdem er in den letzten Monaten, wie er es selber sagte, "schon mehrfach an die Tür geklopft" hatte, platzte nun der Knoten: Er fuhr seinen ersten Titel seit seinem WM-Triumph 2015 eingefahren. Judd Trump muss es vorher geahnt haben. Im Interview sagte er: "Stuart kann auch die schmutzigen Frames gewinnen." Vornehmer formuliert heißt das, dass Stuart in der Lage ist, die engen und umkämpften Frames zu gewinnen. Das ist ihm gestern oft genug gelungen: Bis auf den Decider hat Bingham gestern in der zweiten Session alle seine Frames auf die Farben gewonnen. So gewinnt man auch Matches. Fragen muss er sich allerdings selber, warum er wieder eine klare Führung aus der Hand gegeben hat.
Judd Trump hat gestern zwar das Finale verloren, aber auf seiner Leistung kann er aufbauen. Er hat ja selber gesagt, dass es nur der eine oder andere Ball war, der ihm eben gefehlt hat. Daran kann man arbeiten. Er ist schon länger ein Spieler, der sich eben nicht nur auf sein freches Snooker verlassen muss. Er ist ein kompletter Spieler geworden, das haben auch die Welsh Open gezeigt. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis er weitere Titel einfährt.
Herzliche Grüße
Ihr / Euer Rolf Kalb
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