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Novak Djokovic dominiert mit 36 Jahren - warum niemand am serbischen Tennis-Superstar vorbeikommt

Tobias Laure

Update 10/11/2023 um 19:36 GMT+1 Uhr

Novak Djokovic hört einfach nicht auf, die Tenniswelt zum Staunen zu bringen. Mit 36 Jahren ist der Serbe die unangefochtene Nummer eins, bei den ATP Finals in Turin geht er als klarer Favorit an den Start. Die Frage, warum Djokovic besser ist als seine jüngeren Herausforderer, ist schwieriger zu beantworten, als es scheint. Es gibt aber ein paar wenig beachtete Zahlen, die vieles erklären.

Djokovic exklusiv: "Ich will, dass sich die Reise lohnt"

Nach dem Gewinn seines 24. Grand-Slam-Titels im September saß Novak Djokovic im TV-Studio des US-Senders "CBS" und ließ einen Satz fallen, der in jedem x-beliebigen Sprüchekalender stehen könnte und doch sehr gut verdeutlichte, warum er noch immer seinen Sport dominiert.
"Es ist sehr wichtig, Klarheit darüber zu haben, was du im Leben willst und zu verstehen, wer du bist", sagte Djokovic.
Mit dieser Klarheit geht der Serbe auf den Platz, um Rekorde zu jagen und zu brechen, um zu beweisen, dass er auch mit 36 Jahren die unumstrittene Nummer eins der Welt ist und alle Hürden niederreißen kann.
Genau das ist auch in Turin der Plan. Djokovic wurde in die Grüne Gruppe mit Jannik Sinner, Stefanos Tsitsipas und Holger Rune gelost. Knifflig, aber alles andere als ein Weiterkommen des Serben wäre eine Riesenüberraschung.
Wer verstehen will, warum Djokovic drei von vier Grand-Slam-Events in diesem Jahr gewonnen hat, weshalb er in der vergangenen Woche in Paris-Bercy trotz anhaltender Magenprobleme seinen 40. Masters-Titel einfuhr und warum er 31 seiner letzten 32 Partien für sich entschied, findet in den Datenbanken der ATP erste Anhaltspunkte.

Zahlen zeigen: Djokovic unter Druck der Beste

Besondere Aufmerksamkeit verdient das eher wenig beachtete Under Pressure Rating dieser Saison, also die Bilanz in Drucksituationen wie Tiebreaks, Entscheidungssätzen und Breakbällen. Daraus errechnet die ATP einen Gesamtwert, Djokovic führt mit großem Abstand vor Sebastian Ofner, Carlos Alcaraz und Jannik Sinner.
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Siebter Sieg in Paris! Djokovic bezwingt Dimitrov im Finale

Der 36-Jährige gewann 76,9 Prozent seiner dritten beziehungsweise fünften Sätze - Bestwert. Das gilt ebenso für die Tiebreaks, die er in mehr als 81 Prozent der Fälle für sich verbuchen konnte.
Und: Je größer die Turniere, desto beeindruckender werden die Zahlen. Bei Masters-Wettbewerben gingen 87,5 % der Tiebreaks an Djokovic (7 von 8), bei Grand-Slam-Veranstaltungen gar 89,5 % (17 von 19). Will man eine derartige Kaltschnäuzigkeit in engen Phasen erklären, ist im Sport schnell vom Mentalitätsmonster die Rede. Ein Begriff, der sicher zutrifft auf Djokovic - und doch nur die halbe Wahrheit abbildet, denn ohne die physische Komponente käme die psychische nicht zum Tragen.

Mouratoglou staunt über Djokovic: So etwas noch nie gesehen

"Ich habe noch nie einen Spieler gesehen, der in diesem Alter körperlich dermaßen gut in Form ist", betonte Startrainer Patrick Mouratoglou in seiner Kolumne "Eye of the Coach" bei "tennismajors.com". Djokovic werde "angetrieben von Rekorden und achtet gleichzeitig so auf seinen Körper, damit das überhaupt möglich ist".
Das "Geheimrezept", unterstrich Boris Becker im Eurosport-Podcast Das Gelbe vom Ball, bestehe darin, dass "Novak jetzt mit seinen 36 Jahren die Kräfte so einteilt und bündelt, dass er bei den Grand Slams topfit ist".
  • Jetzt anhören: Die neue Podcast-Folge mit Becker
Entscheidende Bedeutung hat darüber hinaus die Bereitschaft des Superstars, immer wieder neue Techniken auszuprobieren und in seine Abläufe einzubauen. Tatsächlich gibt es wenig, was Djokovic nicht versucht. Das beginnt bei der Ernährung, führt über den Einsatz einer Druckkammer und perfekt abgestimmtes Training bis hin zu unkonventionellen Methoden, die Kritiker gerne als Hokuspokus abtun.
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Becker: "Wenn man Djokovic lässt, gewinnt er noch zehn Slams"

Djokovic arbeitete mit dem Esoteriker Semir Osmanagic, dem Guru Pep Imaz, dem Alchemisten Chervin Jafarieh. Er kletterte immer wieder auf den Berg Visocica, der Teil der sogenannten Bosnischen Pyramiden sein soll. In dieser Saison zog er während seiner Matches mit dem Einsatz eines auf der Brust befestigten Taopatches, das die Wärme des Körpers in Licht umwandeln soll, für Aufsehen.

"Spiel von Djokovic nicht schmerzhaft für den Körper"

Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen lässt sich nicht überprüfen, generell sei Djokovic aber "immer auf dem neuesten Stand der Sportmedizin und er versucht stets, seinen Körper fit zu halten und schnell zu regenerieren", erläuterte Becker bei Eurosport.
"Sein Körper wirkt extrem jung für sein Alter", sagt auch Mouratoglou. "Das ist verrückt und man kann ihn da durchaus mit Alcaraz vergleichen, der erst 20 Jahre alt ist. Da siehst du keinen Unterschied, auch wenn beide körperlich ganz unterschiedliche Voraussetzungen haben."
Djokovic habe in seinem Team um Cheftrainer Goran Ivanisevic "die besten Leute versammelt", um an der Spitze zu bleiben. Die Voraussetzungen schätzt Mouratoglou als günstig ein. Im Unterschied zu Rafael Nadal etwa sei "Novaks Spiel nicht schmerzhaft für den Körper. Für mich ist er der perfekte Athlet für den Tennissport."

Djokovic beendet die GOAT-Debatte

Mit seiner Beweglichkeit, Erfahrung, Cleverness und Disziplin deckt Djokovic den Platz besser ab als jeder andere Profi. Nicht umsonst gilt der Routinier als größter Defensivspieler der Geschichte.
Andere mögen schneller servieren, die Vorhand härter schlagen - gegen das spielerische Gesamtpaket des Branchenprimus ist meist kein Kraut gewachsen. Es gibt keine echte Schwäche im Spiel des Rekord-Grand-Slam-Champions.
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Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic (von links nach rechts)

Fotocredit: Eurosport

Die ewige GOAT-Debatte hat Djokovic in diesem Jahr endgültig beendet, die spannende Frage nun lautet: Wie lange kann er sein Level noch halten? Roger Federer war bei seinem Australian-Open-Titel 2018 ein paar Monate älter als Djokovic in dieser Saison bei den US Open. Der Australier Ken Rosewall gewann 1972 mit über 37 Jahren in Melbourne.

Djokovic mit 40 Jahren noch auf Topniveau?

Djokovic könne "mit 40" noch auf Topniveau spielen, insofern er von Verletzungen verschont bleibe und die nötige Motivation finde, so Mouratoglou. In der Tat stellt sich die Motivationsfrage, wie Trainer Ivanisevic vor Kurzem durchblicken ließ - und auch der Spieler selbst gab zu, dass es ihm "jedes Mal das Herz breche", wenn er seine beiden Kinder und die Familie verlassen müsse, um irgendwo bei einem Turnier anzutreten.
Djokovic wäre aber nicht Djokovic, hätte er nicht einen Weg gefunden, die Situation ins Positive zu drehen. "Wenn ich schon auf Reisen gehe und mich entscheide zu spielen, dann will ich gewinnen, denn ich möchte, dass sich diese Reise lohnt", erläuterte der Altmeister vor wenigen Tagen im Eurosport-Interview.
Djokovic hat schon recht: "Es ist sehr wichtig, Klarheit darüber zu haben, was du im Leben willst."
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