Australian Open - Dominik Koepfer vor Duell mit Zverev: Trotz anhaltender Schmerzen zurück zu alter Stärke

Nach langer Leidenszeit steht Dominik Koepfer mit dem Erstrundenduell bei den Australian Open gegen Landsmann Alexander Zverev ein absolutes Highlight bevor. Exklusiv bei Eurosport berichtet der 29-Jährige von seiner langwierigen, mysteriösen Arm- und Schulterverletzung und erklärt, wie er es trotz weiterhin anhaltender Schmerzen zurück in die erweiterte Weltspitze geschafft hat.

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Quelle: Eurosport

Wenn Alexander Zverev und Dominik Koepfer am Dienstagmorgen um 9:00 Uhr deutscher Zeit in der Margaret Court Arena, dem zweitgrößten Tennisstadion bei den Australian Open in Melbourne (live bei Eurosport und discovery+), aufschlagen, eint die beiden deutschen Tennisprofis vor allem eines.
Beide mussten eine lange Leidenszeit mit einer großen Verletzung überstehen. Folgerichtig hatte die Männertour ATP beide zur Wahl des Comeback-Spielers des Jahres 2023 aufgestellt.
Was die Davis-Cup-Spieler unterscheidet, ist, wie sie diese Phase angehen mussten. Zverev war vor den Augen der Tenniswelt im Halbfinale der French Open gegen Rafael Nadal 2022 verheerend weggeknickt und musste sich nach karrierebedrohender Diagnose (insgesamt waren sieben Bänder betroffen, Anm. d. Red.) samt Operation mehr als ein halbes Jahr zurückkämpfen.
Weitere sechs Monate dauerte es, bis er wieder volles Vertrauen in seinen Fuß und die Leistungsfähigkeit zurückerlangt hatte, mit der er 2023 erneut ins Halbfinale von Paris einzog und nun in Melbourne zum erweiterten Favoritenkreis zählt.

Koepfer vor Duell: "Schmerzen immer noch da"

Koepfer dagegen hat bis zum heutigen Tag keine Diagnose für seine schlimmen Arm- und Schulterprobleme am Schlagarm erhalten. Der 29-Jährige fechtet immer noch einen Kampf gegen eine große Unbekannte.
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Quelle: Eurosport

"Die Schmerzen sind immer noch da. Ich habe aber Wege gefunden, um es etwas erträglicher zu gestalten auf dem Tennisplatz, habe ein paar Übungen gefunden, die helfen", erklärte der Linkshänder exklusiv bei Eurosport.
Angefangen, so Koepfer in Melbourne, habe vor zwei Jahren alles mit einem Knochenödem am Arm. "Aber das sollte eigentlich nach sechs bis acht Wochen Pause weggehen. Und diese Pause habe ich dem Arm mehrere Male gegönnt und verschiedene Rehazentren für mehrere Wochen besucht, viele Ärzte und Physiotherapeuten gesehen und verschiedene Dinge ausprobiert."
Nichts habe wirklich angeschlagen. "Niemand konnte mir eine Diagnose geben. Auch auf Bildern ist nichts zu sehen. Es ist wahrscheinlich eher eine funktionelle Geschichte", mutmaßt Koepfer.

Koepfer wieder in erweiterter Weltspitze

Die ausgearbeiteten Übungen macht Koepfer nun seit fast zwei Jahren täglich und konsequent. "Ich glaube, ganz verschwinden wird die Problematik nicht mehr, vor allem mit den vielen Ballwechseln die Woche über."
Er habe es so hinbekommen, dass er spielen könne. "Auch wenn ich nach vier, fünf Matches Schmerztabletten benötige, um mich im Turnier durchzukämpfen, wenn ich weit komme."
Koepfer, einst auf Position 50, fiel in seiner Leidenszeit beinahe aus den Top 300 der Weltrangliste. 2023 arbeitete er sich auf der unter der ATP Tour angesiedelten Challengertour mit insgesamt fünf Finals wieder nach oben.
Hinzu kam ein Halbfinale beim ATP-Turnier in Los Cabos. Zum Jahresstart 2024 gewann Koepfer das Challengerturnier in Canberra - unter anderem mit einem Sieg gegen David Goffin. Ohne große Schlagzeilen zu schreiben, hat sich Koepfer, der ohnehin öffentlich eher die leisen Töne trifft, still und heimlich auf Platz 61 zurückgespielt.

Koepfer und die Aufschlagproblematik

“Ich habe es geschafft, ohne wahnsinnige Schmerzen trainieren zu können und das spiegelt sich auch in der Leistung wieder", erklärt Koepfer. Es habe Zeiten gegeben, da habe er im Training gar nicht aufgeschlagen und nur mit seinem langjährigen Trainer Rhyne Williams gespielt - damit er gegen andere Profispieler nicht servieren musste.
"Manchmal musste ich aber auch da durch, um mir die Trainingsqualität für die Matches zu holen, aber dann waren die Schmerzen im Arm am nächsten Tag eigentlich immer schlimmer”, verrät er.
Durch die Übungen und regelmäßige Physiotherapie könne er nun im Training wieder ab und zu aufschlagen und ansonsten voll trainieren. "Davor habe ich mich ohne Aufschlagtraining immer selbst ins kalte Wasser werfen müssen."
Dass er trotz limitiertem Aufschlagtraining wieder dieses Level erreicht hat, wird in Fachkreisen mit Bewunderung zur Kenntnis genommen, ist die Power und Konstanz beim Service doch eine der wichtigsten Komponenten im Profitennis.

Koepfer und der schwierige Weg über die Ochsentour

Koepfer, der schon immer mit einem überdurchschnittlich guten Returnspiel und läuferischer Stärke brillierte, spricht rückblickend von einer schwierigen Zeit, nochmal den Ochsenweg über die Challengertour gegangen zu sein.
Im Vergleich zu den kleineren Turnieren sei die ATP Tour ein Paradies. Zusammen mit der fehlenden Diagnose, einigen gesundheitlichen Rückschlägen und dem gestiegenen Niveau sei es für Koepfer insgesamt mental keine einfache Zeit gewesen.
Zwischen Weltranglistenplatz 150 und 70 gebe es laut Koepfer keinen wirklichen Unterschied. Das Level sei sehr hoch.
"Das sieht man auch an anderen Spielern, die sich wieder hocharbeiten mussten und müssen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Deswegen ist es umso erfreulicher, dass ich das 2023 geschafft habe. 2024 wollte ich das Challenger spielen, um Matchpraxis zu sammeln und erfolgreich zu starten. Ich bin sehr froh, dass der Plan aufgegangen ist."

Koepfer vor Zverev-Duell: "Rechne mir Chancen aus"

Das Erstrundenduell gegen den nach dem United Cup und zwei Top-10-Siegen vor Selbstvertrauen strotzenden Alexander Zverev könnte aus Sicht Koepfers nun als eine Art Belohnung und Bonusmatch gesehen werden.
Koepfer jedoch wählt eine mutigere Herangehensweise: "Ich habe zweimal gegen ihn gespielt und hatte beide Male meine Chancen. Ich denke auch, dass sein Arm etwas schwerer sein wird am Anfang als beim United Cup, als er schon ein paar Matches gewonnen hatte. Ich rechne mir schon Chancen aus. Sonst könnte ich auch packen und heimfliegen."
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Becker: "Zverev bei Australian Open im engeren Favoritenkreis"

Quelle: Eurosport

Zverev dagegen sagte in einer deutschen Medienrunde auf der Anlage der Australian Open: "Man muss jeden Gegner ernst nehmen. Das wird nicht einfach, aber ich freue mich drauf.“
Koepfer hofft, auf Zverevs physischen Niveau agieren zu können. "Ich habe in der Vorbereitung viel für meinen Körper getan, viel Fitness absolviert und konnte vergangene Woche fünf Matches bestreiten", sagt er. Es gebe sicher einfachere Lose. Aber: "Das wird sich der Alex auch so gedacht haben. Ich weiß nicht, ob der unbedingt gegen einen deutschen Kollegen spielen wollte."

Anke Huber: Koepfer nicht optimal für Zverev

Ähnlich sieht Anke Huber die Voraussetzungen im Eurosport-Interview. Koepfer sei für Zverev kein Traumlos: "Es ist nicht ideal, dass Zverev in Runde eins ein deutsches Duell bekommen hat, in dem er zudem der haushohe Favorit ist. Das spielt man nicht ganz so gerne."
Mit dem nächsten brutalen Erstrundenlos nach Carlos Alcaraz bei den US Open 2023, bei dem er nach einer Knöchelverletzung aufgeben musste, müsse er umgehen können, sagt Koepfer selbst.
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Dominik Koepfer muss sein Match gegen Carlos Alcaraz aufgeben

Fotocredit: Imago

"Ich habe auch den Glauben an mich. Ich hoffe, dass ich mich irgendwie in eine Position bringen kann, in der ich gewinnen kann. Man muss auch sehen, wie Alex spielen, wie gut Alex aufschlagen wird."
Koepfer verdeutlichte zeitgleich, dass er ein gutes Gefühl für die kommenden Monate habe, selbst wenn diese Woche keine Überraschung gelingen wird - und dass für ihn der Körper und die Gesundung über allem stehe. In Folge der Knöchelverletzung habe sich nämlich eine Knieproblematik ergeben, die mit täglicher Physiotherapie behandelt werde.

Match-Dauer könnte zum Problem werden

Je länger das Erstrundenduell gehen wird, desto schwieriger wird es aller Voraussicht nach für Koepfer, physisch mitzuhalten.
Dass er nach den mysteriösen, langwierigen Problemen und andauernden Schmerzen aber überhaupt wieder ein ernst zunehmender Gegner für Zverev ist bei den diesjährigen Australian Open, ist bereits eine erstaunliche Leistung für sich - die nebenbei mit einer Davis-Cup-Nominierung für das schwierige Auswärtsduell in Ungarn Anfang Februar belohnt werden könnte.
Kapitän Michael Kohlmann hat einen Platz im Kader offen gelassen. Voraussichtlich kämpft das Trio Daniel Altmaier, Yannick Hanfmann und eben Koepfer um diesen Platz.
"Natürlich passt der Termin nicht allen optimal in die Turnierplanung und man muss auch sehen, wie weit Alex kommt, ob er dann wirklich spielt. Das kann ich ja mit meiner Leistung etwas mit beeinflussen, quasi fürs deutsche Tennis (schmunzelt), weil gegen starke Ungarn wird er tatsächlich benötigt. Aber wenn ich gefragt werde, werde ich natürlich dabei sein. Es macht Spaß, mit diesem Team zu spielen", sagt Koepfer.

Zur Person: Jannik Schneider

Neben seiner Tätigkeit als freier Journalist moderiert Jannik Schneider "Advantage - der Tennis- & Sportpodcast", in dem er Persönlichkeiten aus dem Tennis und der weiteren Sportwelt in langen Karriereinterviews zu Wort kommen lässt. Dabei spricht er mit seinen Gästen ausführlich über aktuelle Themen, aber auch über Doping, Manipulation, mentale Gesundheit und vieles mehr.

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