Wimbledon 2025: Barbara Rittner exklusiv über die Chancen von Alexander Zverev: "Es geht um die mentale Toughness"

Barbara Rittner blickt im exklusiven Interview auf den anstehenden Rasenklassiker in Wimbledon voraus und schätzt die Chancen der deutschen Spielerinnen und Spieler ein. Tatjana Maria traut sie einen ähnlichen "Durchmarsch" wie schon 2022 zu und auch Alexander Zverev könne "ein Wörtchen mitreden". Die Reaktion von Deutschlands Nummer eins auf ihre geäußerte Kritik, findet Rittner "sehr schade".

Rittner urteilt über Zverev-Aus: "Das kann er mir nicht erzählen"

Quelle: Eurosport

Lediglich drei deutsche Damen und drei deutsche Herren stehen nach aktuellem Stand im Hauptfeld des prestigeträchtigen Grand Slams an der Londoner Church Road.
Die Voraussetzungen könnten bei den sechs Teilnehmern nicht unterschiedlicher sein. Während Tatjana Maria mit ihrem Turniersieg im Queen's Club für Aufsehen sorgte und Alexander Zverev sich in Stuttgart und Halle ins Finale bzw. Viertelfinale vorkämpfte, sucht beispielsweise Jan-Lennard Struff seit Wochen nach seiner Form.
Zverev hingegen habe alle Voraussetzungen, es bis in die letzten Runden in Wimbledon zu schaffen: "Vielleicht liegt ihm Rasen sogar besser als er selbst manchmal denkt", sagte die Eurosport-Expertin.
Rittner schätzt exklusiv die Chancen der Deutschen in Wimbledon ein und rklärt, worauf es vor allem für Alexander Zverev ankommt.
Tatjana Maria hat im Queen‘s Club als älteste Spielerin der Geschichte ein WTA-500er-Turnier gewonnen, in Wimbledon ist sie 2022 bereits einmal bis ins Halbfinale vorgestoßen. Was trauen Sie ihr in diesem Jahr zu?
Barbara Rittner: Das Problem bei Tatjana ist, dass sie trotz ihres tollen Erfolgs in Wimbledon leider knapp nicht gesetzt ist. Dadurch ist ihr Abschneiden sehr auslosungsabhängig.
Tatjana kann sehr, sehr viele Spielerinnen schlagen. Das hat sie nicht nur vor zwei Wochen, sondern eben auch 2022 bewiesen. Aber es gibt natürlich auch Spielertypen, die ihr sehr wehtun können.
Das sind vor allem die, die ein ganz gutes Netzspiel haben. Grundsätzlich traue ich ihr mit der passenden Auslosung auch wieder so einen Durchmarsch zu, aber es ist eben sehr davon abhängig.
picture

Turniersieg als Qualifikantin: Maria macht Sensation perfekt

Quelle: Perform

In Bad Homburg ist Maria allerdings in der ersten Runde gescheitert. Trübt das die Vorbereitung auf den Rasenklassiker in London?
Rittner: Das denke ich nicht. Interessant war allerdings, dass sie gegen Leylah Fernandez im Queen’s Club eben noch glatt gewonnen hatte, die Kanadierin sie in Bad Homburg aber geschlagen hat. Das passiert nach so einem Erfolg: Die anderen Spielerinnen werden jetzt genauer hinschauen, was Tatjana auf Rasen so gut macht. Gerade mit ihrem Slice, den sie ganz bewusst kurz spielt. So müssen die Spielerinnen, die unheimlich schnell spielen und auf die Bälle draufgehen die Bälle eher anheben. Bei Leylah Fernandez konnte man aber gut sehen, dass sie sich in Bad Homburg taktisch komplett umgestellt hat und eben sehr häufig ans Netz vorgegangen ist. Daher ist das Abschneiden von Maria eben erst einmal auslosungsabhängig und es gibt Spielerinnen, die genau dieses Spiel spielen können, das es Tatjana schwer macht.
Eva Lys musste in Bad Homburg verletzt aufgeben, Laura Siegemund und eben Tatjana Maria scheiterten zum Auftakt. Was macht Sie dennoch optimistisch im Hinblick auf das Abschneiden der deutschen Damen in Wimbledon?
Rittner: Bei Eva Lys muss man erstmal sehen. Ich habe gehört, dass es der Bauchmuskel war. Das ist immer eine tückische Verletzung. Da hoffe ich einfach, dass sie rechtzeitig aufgehört hat und dass sie für Wimbledon hundertprozentig fit ist. Vor allem durch ihre geringe Körpergröße braucht sie bei ihrem Aufschlag die 100 Prozent. Auch da ist es auslosungsabhängig, aber sie kann ebenfalls viele Spielerinnen schlagen.
Der Rasen war nie der beste Belag von Laura Siegemund, aber sie hat einen tollen Erfolg gefeiert im Doppel in Queens. Auch sie braucht einfach eine passende Auslosung. Da keine der deutschen Spielerinnen gesetzt ist, ist es sehr abhängig davon. Aber alle drei können auch als Außenseiterinnen mal die ein oder andere Runde gewinnen.
Apropos Laura Siegemund: Sie hat sich als Doppelspezialistin jüngst über den neuen Mixed-Wettbewerb bei den US Open beschwert und gesagt, dass das neue Event zum Nachteil der klassischen Doppel- und Mixed-Spieler gerät. Können Sie die Kritik nachvollziehen und könnte der Sport trotzdem von dem Wettbewerb profitieren?
Rittner: Ich kann es absolut nachvollziehen. Gerade diese sogenannten Doppel-Spezialisten arbeiten hart dafür, ihr Geld zu verdienen. Denen wird nun im Prinzip etwas weggenommen. Ich verstehe da den Frust der Spielerinnen und Spieler total. Nichtsdestotrotz muss man dennoch feststellen, dass ein Wettbewerb, in dem neun der Top-Ten-Spieler sowohl der Damen als auch der Herren an den Start gehen, ein wahnsinniger Zuschauermagnet ist und die Fans freuen sich darauf. Man hätte es meiner Meinung nach zusätzlich stattfinden lassen sollen.
Den klassischen Mixed-Wettbewerb wegzunehmen ist nicht fair, weil es gerade bei den Grand Slams eine starke Einnahmequelle für die Doppelspezialisten ist. Ich empfinde diese Entscheidung als etwas unglücklich und auch rücksichtslos.
So wie ich es mitbekommen habe, wurden die Spielerinnen und Spieler nicht mit ins Boot geholt und das ist auch das, was viele - nicht nur Laura - sondern auch Sara Errani, Jasmine Paolini und andere kritisieren.
In Wimbledon sind ebenfalls nur drei deutsche Herren qualifiziert. Wie schätzen Sie deren Chancen ein?
Rittner: Allen voran Sascha Zverev. Er ist gesetzt, er hat letztes Jahr ein hervorragendes Wimbledon gespielt und sich dann im entscheidenden Moment verletzt. Da hoffen wir, dass er wieder weit kommt und die Fahne so lange wie möglich hochhält.
Jan-Lennard Struff ist ebenfalls im Hauptfeld, er ist aber auf der Suche nach seiner Form. Ich wünsche ihm, dass er einfach mal ein Quäntchen Glück hat mit der Auslosung, er ist natürlich ungesetzt und hatte in den letzten Wochen mit seinem Selbstvertrauen zu kämpfen.
Daniel Altmaier ist immer für eine Überraschung gut. Er ist eher ein Sand- oder Hartplatz- als ein Rasenspieler, dafür aber sehr vielseitig - auch für ihn wird es auf die Auslosung ankommen.
Schade ist es, dass Justin Engel die Qualifikation nicht mitspielen konnte, er hatte tolle Ergebnisse im Vorfeld erzielt. Jetzt muss man abwarten, wann die jüngeren Spieler so weit sind, dass sie auch an der Quali teilnehmen können. Es ist eben momentan so, dass wir Stand jetzt - ohne Qualifikanten - nur sechs deutsche Starterinnen und Starter im Hauptfeld von Wimbledon haben.
picture

Alexander Zverev nach Finalniederlage kämpferisch: "Werde Wimbledon schon gewinnen"

Fotocredit: Getty Images

Rasen gilt nicht als Lieblingsbelag von Alexander Zverev. Jetzt hat er aber in Stuttgart das Finale erreicht und auch in Halle überzeugen können. Trauen Sie ihm einen Vorstoß bis in die letzten Runden in Wimbledon zu?
Rittner: Ich traue ihm das auf jeden Fall zu. Wenn jemand so gut aufschlägt wie Sascha Zverev, dann musst du den erstmal breaken. Er hat letztes Jahr gezeigt, dass er sich durchaus immer wohler fühlt auf Rasen. Auch bei den Vorbereitungsturnieren hat er ein gutes Niveau gezeigt, in Stuttgart, aber auch in Halle war das Match, das er gegen Daniil Medvedev verloren hat, ganz eng. Ich denke, es wird auf die Konstellation ankommen: Wer trifft wann wo aufeinander? Wie sieht die Auslosung aus?
Vielleicht liegt ihm Rasen sogar besser als er selbst manchmal denkt, weil er weiß, er muss aktiver spielen und öfter den Weg ans Netz suchen. Die Rückhand spielt er sowieso auf jedem Belag Weltklasse.
Mit dem Aufschlag, mit seinen Return-Qualitäten, wenn er ein paar Runden übersteht und dann zu seinem Selbstvertrauen findet, glaube ich schon, dass er ein Wörtchen mitreden kann. Am Ende der Turniere geht es wirklich um die mentale Toughness und die Konstellationen.
Sie haben Zverev nach seinem Aus bei den French Open für seine Entschuldigung, die Temperaturen hätten ihn irritiert, kritisiert. Daraufhin sagte er, Ihre Meinung nähme er nicht ernst. Wie haben Sie diese Aussagen aufgefasst?
Rittner: Ich fand seine Reaktion sehr schade. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
picture

Highlights: Medvedev stoppt Zverev in Drei-Stunden-Krimi

Quelle: Eurosport


Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung