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Sigi Heinrich über das Comeback von Doping-Sünderin Maria Scharapowa auf die WTA-Tour

Sigi Heinrich

Update 17/05/2017 um 16:30 GMT+2 Uhr

Eurosport-Kommentator Sigi Heinrich kann dem Comeback von Doping-Sünderin Maria Scharapowa beim WTA-Turnier in Stuttgart nicht viel abgewinnen. Die Turnierdirektoren hätten das Wort "Moral" aus ihrem Vokabular gestrichen, der eigentliche Gedanke einer Wildcard wird zweckentfremdet.

Maria Scharapowa

Fotocredit: Imago

Man möchte aufspringen. Hineinspringen. Ihr helfen. Sie stützen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Puls messen natürlich, Handtuch reichen. Sie stöhnt ja so fürchterlich. Es ist kaum auszuhalten. Sie muss wahnsinnige Schmerzen haben.
Armes, tennisspielendes Wesen. Maria Scharapowa. Seit mehr als zehn Jahren ist sie schwer krank. Herz-Rhythmusstörungen plagen sie. Diabetes schwebe über ihr, hat sie erzählt. Es sei eine alte Familienkrankheit. Deshalb hat sie regelmäßig, um den Beschwerden Einhalt zu gebieten, Meldonium eingenommen. Ein Mittel, das seit Beginn des vergangenen Jahres von der Welt-Dopingagentur WADA als Doping eingestuft wird. Das hat Scharapowa doch glatt übersehen.
Klar, bei dem vollen Terminkalender und so wurde aus der überlebenswichtigen Medizin plötzlich eine verbotene Substanz.

Bevorzugtes Dopingmittel in Russland

Mildronat, der Wirkstoff von Meldonium, erfreute sich übrigens gerade in Russland in den letzten Jahren ungebremster Beliebtheit. In rund 4000 Dopingproben aus Russland wurde in mehr als 700 Mildronat nachgewiesen. Vielleicht hat das ja auch mit den Nebenwirkungen zu tun, die jeder Arzt oder Apotheker bei Nachfrage natürlich bestätigen kann.
Das Herzmedikament steigert die Regeneration nach Belastungen und schützt vor Stress. Es wirkt stimulierend auf das zentrale Nervensystem und soll sogar giftige Ablagerungen im Gewebe verhindern. Da greift man doch gerne zu, denn auf einen Nenner gebracht heißt das doch: Kürzere Erholungszeiten sind möglich - bei klarer Leistungssteigerung.

Ein Wildcard, die Wellen schlägt

Aber kann Maria Scharapowa, dieses engelsgleiche Wesen auf dem Centre-Court, ohne ihre Herzmittel noch Leistungssport betreiben? Und mit Diabetes? Der Stress nämlich ist groß. Die Kolleginnen mögen sie nicht mehr. Sie ärgern sich über die Wildcard, die sie in Stuttgart erhalten hat.
Sowohl der Hauptsponsor als auch die verantwortlichen Turnierdirektoren haben das Wort "Moral" aus ihrem Vokabular gestrichen. Normalerweise müsste die Russin nach ihrer 15-monatigen Sperre wieder Punkte sammeln auf kleinen Turnieren. Dort, wo ihr niemand das Handtuch reicht. Wildcards sind eigentlich dazu da, Spielerinnen nach Krankheiten und Verletzungen schnellstmöglich wieder im Wettkampfbetrieb zu integrieren.
Aber die Argumente in Stuttgart sind einfach gestrickt. Nur Scharapowa bringt augenscheinlich Glanz in die Hütte. Angelique Kerber ist nur noch eine Nebenfigur. Sie müsste eigentlich der Star sein. Aber sie stöhnt nicht so schön und herzzerreißend wie Scharapowa.

Unglückliche Rolle des CAS

Ein Witz ist dies, wie auch die Tatsache, dass der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne (CAS) augenscheinlich mit Meldonium-Dopern so seine liebe Mühe und Not hat. Die vom Internationalen Biathlon-Verband (IBU) für ein Jahr gesperrte Ukrainerin Olga Abramova (eine ehemalige Russin) wurde jetzt frei gesprochen und ist sofort wieder startberechtigt.
Ein Arzt soll ihr das Mittel verabreicht haben. Die in vielen Fällen wachsweiche Urteilsfindung des Sportgerichtshofes ist eines der großen Probleme im Kampf gegen Doping. Verbände werden regelmäßig abgestraft. Deren ausgesprochenen Sperren verkürzt oder gar gestrichen. Ein Anruf in Lausanne scheint zu genügen, wenn man dann noch im gepflegten Büßergewand auftritt.

Ein fatales Signal

Mit vereinten Kräften hat man es so geschafft, Meldonium-Missbrauch in der Vergangenheit als Kavaliers-Delikt darzustellen. Das ist keine Warnung an diejenigen, die weiter versuchen, sich mit unlauteren Mitteln Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen.
Es ist fast schon eine Aufforderung. Ein fatales Signal, das uns lauter stöhnen lässt, als Scharapowa das jemals tun wird.
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