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Der LIGAstheniker: Viele Bilder, wenige Beweise - Dieser Videobeweis ist gescheitert!

Thilo Komma-Pöllath

Update 20/11/2017 um 15:13 GMT+1 Uhr

Der LIGAstheniker Thilo Komma-Pöllath nimmt in seinem Blog den Videobeweis unter die Lupe, der am Wochenende wieder einmal heftig in der Kritik stand. Beim Spiel zwischen Mainz und Köln entschied Schiedsrichter Dr. Felix Brych fälschlicherweise auf Elfmeter, obwohl Pablo De Blasis eine klare Schwalbe im Strafraum hinlegte. Diese Fehlentscheidung wurde trotz Videobeweis nicht korrigiert.

Schiedsrichter Dr. Felix Brych

Fotocredit: Imago

Wenn es noch eines sichtbaren Beweises bedurfte, dass der Videobeweis in der Bundesliga zu einer Farce verkommen ist, der muss sich nur noch einmal die 42. Minute anschauen beim Spiel Mainz gegen Köln vom Samstag.
Das ganze Vorhaben - dieser Vorfall und die diversen anderen der letzten Wochen im Gedächtnis - wirkt inzwischen derart lächerlich, dass man sich fragen muss, ob nicht irgendwo die "Versteckte Kamera" im Spiel ist. Da geht’s bekanntlich auch um eine Art Videobeweis, allerding um einen bewusst komischen.

Reform gegen die Wand gefahren

Gut, so dreist wie am Samstag ist das Pilotprojekt noch selten am eigenen Anspruch gescheitert, mehr Gerechtigkeit und Fairness in der Liga walten zu lassen. Die Fülle der aneinandergereihten Fehler lässt sich schon lange nicht mehr nur mit Start- und Verständnisproblemen erklären. Die Einführung dieses Videobeweismodells ist - damit legt sich der LIGAstheniker fest - systematisch und personell gescheitert.
DFB und DFL haben ein längst nötiges Reformvorhaben im Profifußball so gegen die Wand gefahren, dass kaum noch ein Fan im Stadion an mehr Gerechtigkeit glaubt - das Gegenteil ist der Fall. Völlig unklar ist in diesem Zusammenhang auch, warum keine wirklichen personellen Konsequenzen gezogen werden - der ehemalige Projektleiter Hellmut Krug darf, trotz unerlaubter Einflussnahme auf die Videoassistenten, immer noch irgendwie mitdoktern.

Die Vier-Fehler-Farce

Das Mainz-Köln-Spiel war ein Fallout im Regelwerk des Fußballs wie es ihn in der jüngeren Geschichte selten gegeben hat. Eine absurde Fehlerkette als Musterbeispiel für ein Innovationsversagen der besonderen Art. Der vordergründige Fakt: Schiedsrichter Dr. Felix Brych pfeift nach dem mutmaßlichen Foul von Konstantin Rausch an Mainz' Pablo de Blasis Elfmeter.
Tatsächlich passiert folgendes:
Der Schiedsrichter trifft eine falsche Tatsachenentscheidung, ein Foul hat es nicht gegeben. Die erste Fehlentscheidung!
Der Videoassistent bestätigt die Entscheidung nach Sichtung der TV-Bilder, obwohl darauf kein Foul zu sehen ist. Wie ist das möglich? Die zweite Fehlentscheidung!
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Schiedsrichter Dr. Felix Brych

Fotocredit: Imago

Warum lässt sich Dr. Brych die TV-Bilder, die er selbst nach dem Spiel anders beurteilt, nicht sofort zeigen, wie es vorgesehen ist? Die dritte Fehlentscheidung!
Glaubt irgendjemand, dass die Entscheidung so ausgefallen wäre, wenn die strittige Situation auf den Videoscreens im Stadion gezeigt worden wäre? Wohl kaum! Warum gibt es das immer noch nicht? Die vierte Fehlentscheidung!
Während also früher eine Fehlentscheidung das spontane und genau deshalb verzeihbare Fehlverhalten eines Einzelnen war (eben eine Tatsachenentscheidung), hat es heute System. Fast so, als wäre es gewollt.

Alle sind weiter als der Fußball

Es ist ja nicht so, dass andere Sportarten nicht längst vorgemacht hätten, wie das so geht mit dem Videobeweis. Im Hockey, das dem Fußball in vielerlei Hinsicht (elf Spieler, zwei Tore, ein Ball) ähnelt, ist klar geregelt, wer den Beweis zu welchen Fragen (Tor, Siebenmeter, Strafecke) anfordern kann.
Weiter als der Fußball sind in dieser Frage auch American Football, Basketball oder Eishockey. Wenn alle weiter sind als das größte und finanzstärkste Spiel der Welt, dann muss die Frage erlaubt sein, warum eigentlich?

Provinzielles Krisenmanagement

Das Krisenmanagement von DFB-Präsident Reinhard Grindel und auch dem neuen Projektleiter Lutz Michael Fröhlich ist dabei selbst in hohem Maße provinziell. Grindel kritisierte erst die Schiedsrichter, dann den Videobeweis. Was denn nun? Für Fröhlich scheint bis heute unklar, wer eigentlich der starke Mann mit der finalen Entscheidung auf dem Platz ist: der Schiedsrichter oder der Videoschiedsrichter? Wer überstimmt im Zweifel wen?
Grindel spricht von "Wahrnehmungsfehlern" der Schiris, die durch den Video-Assistenten abgestellt werden sollen. Was das genau sein soll, erläutert er nicht. Wäre im Fall Mainz-Köln auch wurscht. Ein multipler Wahrnehmungsfehler führt in jedem Fall zum falschen Ergebnis. So richtig ein Videobeweis im Fußball sein mag, so falsch ist es, ihn einzuführen, wen die, die das tun sollen, ihn selbst nicht verstanden haben.
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