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Drei Dinge, die bei Deutschland gegen die Türkei auffielen: Stimmungsdämpfer und ein fragwürdiges Experiment

Daniel Rathjen

Update 19/11/2023 um 13:34 GMT+1 Uhr

Das erste Heimspiel von Bundestrainer Julian Nagelsmann geht daneben. Die deutsche Nationalmannschaft verliert gegen die Türkei (2:3) und kassiert dabei nicht nur drei Tore, sondern auch einen echten Stimmungsdämpfer. Auch wenn zunächst sichtbar wurde, wohin sich das DFB-Team entwickeln soll - die Probleme waren deutlicher. Vor allem die Defensive bereitet Sorgen. Drei Dinge, die auffielen.

Nagelsmann lobt Havertz: "Sensationell gut"

Die deutsche Nationalmannschaft hat das Heimdebüt von Bundestrainer Julian Nagelsmann in den Satz gesetzt. Gegen eine starke türkische Mannschaft, die allerdings einige Stammspieler schonte, musste sich die DFB-Elf im Berliner Olympiastadion 2:3 (1:2) geschlagen geben.
Vor allem die Experimente von Nagelsmann floppten. Kai Havertz auf der ungewohnten Linksverteidigerposition brachte nicht der gewollten Effekt in der Offensive und konnte auch die löchrige Defensive nicht unterstützen.
Die taktische Umstellung stieß im Anschluss auf viel Kritik. "Ich habe gedacht, die Ausprobiererei ist vorbei, nachdem Hansi Flick beurlaubt worden ist. 4-2-3-1 - das sollte das Grundsystem der deutschen Mannschaft sein", äußerte Lothar Matthäus bei "RTL" sein Unverständnis.
Somit erfährt das Stimmungshoch beim DFB einen ersten Dämpfer.
Drei Dinge, die auffielen.

1.) Nagelsmann-Ball rollt und "verhungert" wieder

Die ersten 20 Minuten waren erhellend. Da war sie zu sehen - die Handschrift des neuen Bundestrainers Julian Nagelsmann, der Hoffnungsschimmer am tristen Fußball-Horizont.
Das Team begann mit großer Überzeugung, war auf Attacke gepolt, agierte leidenschaftlich. Jeder Spieler ging weite Wege, investierte viel Laufarbeit und setzte den Plan um, aus einer sicher gestaffelten Grundformation herauszukombinieren, schnell das Mittelfeld zu überbrücken und die gefährlichen Offensivspieler zu suchen.
Das 1:0 durch Kai Havertz nach toller Vorarbeit von Benjamin Henrichs und Leroy Sané war ein Paradebeispiel für den Nagelsmann-Ball, der da schon ins Rollen gekommen zu sein schien. Auch gut zu sehen war, welche Details Nagelsmann angepasst hat, um mehr Torgefahr zu erzeugen. Die hohe Besetzung im Strafraum war neu, der Treffer fiel so zwangsläufig. Die ersten 20 Minuten machten als Zuschauer mit DFB-Brille sogar wieder Spaß! Tempo, ein Tor und gutes Timing.
Dass jedoch bis zur Heim-EM 2024 noch viel Arbeit bevorsteht, wurde dann über die restliche Spielzeit sichtbar. "Deutschland hat in der Abwehr viele Löcher", sagte Lothar Matthäus schon in der Halbzeit bei "RTL", was noch schonend ausgedrückt war.
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Die deutsche Mannschaft wirkte fahrig

Fotocredit: Getty Images

Trotz positiver Ansätze, es gibt immer noch zu viele Schwachstellen in der DFB-Elf - vor allem im Defensivverhalten. Klar, es fehlte viel Qualität. Doch es war auch ausreichend Qualität auf dem Rasen. Die Außen waren, sind und bleiben eine riesige Baustelle. Die Mannschaftsteile wirken nicht aufeinander abgestimmt, bei Hektik geht die Ordnung komplett verloren.
"Wir waren nicht mehr zielstrebig genug und haben uns nicht mehr genug bewegt. Wir waren zu passiv", kritisierte Kapitän Ilkay Gündogan. Die Konsequenz waren gegen die Türkei hilflose, lange Bälle von der Grundlinie, die postwendend zurückkamen.
Deutschland war mit dem Druck überfordert, verlor die Zuordnung, den Zugriff, den Zug zum gegnerischen Tor. Aktuell scheint es schwer vorstellbar, wie die vielen Baustellen im DFB-Team bis zum nächsten Sommer in den Griff bekommen werden sollen. "Ein paar Spieler haben noch nicht das Emotionsniveau erreicht, ein Spiel unbedingt gewinnen zu wollen“, musste Nagelsmann eingestehen. Er weiß am besten, dass die Zeit immer knapper wird.

2. Ein fragwürdiges Experiment mit Havertz auf links

Stürmer Kai Havertz als Linksverteidiger? Damit hatte niemand gerechnet. Was aber - erst recht nach der frühen Führung von Havertz selbst - als Coup von Nagelsmann daherkam, entpuppte sich dann doch schnell als fragwürdig. Selbstverständlich war Havertz kein "klassischer Außenverteidiger", sondern orientierte sich eher weit vorne. Doch der zunehmende Druck der Türkei führte dazu, dass Havertz mehr Defensivarbeit leisten musste, als ihm lieb war.
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Das Experiment von Nagelsmann floppte

Fotocredit: Getty Images

Zu offensichtlich war dort seine Unsicherheit auf dieser Position. Er wirkte manchmal überrascht, dass die Seitenlinie seine Fähigkeiten am Ball einschränkte. Fehlpässe kamen auf, dann verschuldete er auch unglücklich den Handelfmeter vor dem 2:3. "Kai Havertz hat ein herausragendes Spiel gemacht. Er war mit unser bester Mann", fand indes Nagelsmann.
So sinnvoll die "falsche 3", also eine asymmetrische Viererkette, für Nagelsmanns Vorstellung von Fußball sein mag, so problematisch bleibt jedoch die richtige Besetzung. Auch rechts war das DFB-Team mit Henrichs und dem nicht immer optimal positionierten Sané zu anfällig, wie das erste Gegentor zeigte. Das große Problem: Jeder Gegner weiß um die Schwäche des DFB-Teams und versteht es, sie konsequent mit einfachsten Mitteln und ein bisschen Mut auszunutzen.
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DFB-Reaktionen: "Niederlagen sind immer scheiße!"

3. Kenan Yildiz: Ein Hammer ins DFB-Herz

Aufgewachsen in Regensburg, doppelte Staatsbürgerschaft, zehn Jahre ausgebildet beim FC Bayern - und doch läuft Kenan Yildiz aktuell für die Türkei auf. Und er traf den DFB mit einem Traumtor auch noch mitten ins Herz. Sein Treffer zum 2:1 kurz vor dem Seitenwechsel war ein Highlight, das den 18-Jährigen und seine Biografie direkt ins Spotlight beförderte. Die Kugel prallte erst an die Unterkante der Latte, dann an den Pfosten, bevor sie im Netz landete.
Es war ein beeindruckendes Startelf-Debüt von Linksverteidiger Yildiz, der dynamisch, schnell und mutig nach vorne agierte. "Er war überragend, die Leute in Italien schwärmen von ihm", lobte Matthäus.
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Kenan Yildiz überzeugt gegen Deutschland

Fotocredit: Getty Images

Im Juli 2022 hatte Yildiz den FC Bayern ablösefrei verlassen, in dieser Saison weist er bereits fünf Einsätze in der Profi-Mannschaft von Juventus Turin auf. Zudem war er zuletzt von Türkei-Trainer Vincenzo Montella im entscheidenden Spiel der EM-Qualifikation gegen Kroatien vier Minuten vor dem Ende eingewechselt worden. Wie geht es nun mit Yildiz weiter?
Obwohl Yildiz immer noch nicht fest für die Türkei gespielt ist, da Spieler unter 21 drei Pflichtspiele absolvieren müssen und das Duell gegen das DFB-Team nicht als Pflichtspiel zählt, wird seine Motivation, der Türkei treu zu bleiben, mit jeder Einsatzminute gestiegen sein.
Die Frage bleibt also, ob der DFB möglicherweise zu spät auf den Deutsch-Türken aufmerksam geworden ist, ihn schlicht "verpennt" hat. Nach seinem Tor jubelte er mit herausgestreckter Zunge. Laut "Sport1" würde Yildiz sich wohl ein Gespräch anhören, wenn der DFB noch auf ihn zukäme. Wie die Chancen aber wirklich stehen, dass er sich jetzt doch noch für Deutschland entscheidet, lässt sich aktuell nicht seriös einschätzen. Klar ist nach diesem Auftritt in Berlin jedoch: Yildiz ist ein Top-Talent!
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Nagelsmann: "Können jetzt anfangen, alles schwarz zu malen ..."

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