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UCI Track Champions League - Gesamtführende Alessa-Catriona Pröpster exklusiv: "Für mich eine total gute Chance"

Felix Mattis

Update 27/10/2023 um 09:35 GMT+2 Uhr

Mit einem Paukenschlag ist Alessa-Catriona Pröpster am Wochenende auf Mallorca in ihre erste Track-Champions-League-Saison gestartet. Die 22-jährige Schwäbin gewann das Sprint-Turnier, wurde Dritte im Keirin und trägt nun am Samstag beim Heim-Event in Berlin das Hellblaue Trikot der Gesamtführenden in der Sprint League. "Überwältigend" ist das für sie, wie Pröpster im Exklusiv-Interview verrät.

Sensations-Coup im Sprint-Finale! Pröpster bezwingt Weltmeisterin

Alessa-Catriona Pröpster nutzt bei der UCI Track Champions League derzeit ihre große Chance, aus dem Schatten der drei großen Kurzzeit-Asse im deutschen Bahnradsport herauszutreten und ins Rampenlicht zu fahren.
Im Gespräch mit Eurosport.de erzählt sie, wie wichtig der Start in der Track Champions League für sie ist, wie schwer ihr Weg dorthin durch einen schweren Sturz im Juni war, welchen Stellenwert das Führungstrikot nun für sie hat und spricht auch über Olympia 2024.
Aktuell aber freut sie sich vor allem auf den kommenden Samstag im "Ufo" in Berlin – so nennen die Hauptstädter ihr Velodrom an der Landsberger Allee.
"Es wird gefühlt ein großes 'Familientreffen' von früher", sagt sie im Interview mit Eurosport.de mit Blick auf die vielen Freunde und Verwandten, die nach Berlin kommen werden.
Frau Pröpster, der erste Start in der UCI Track Champions League und sofort ein Sieg im Sprint-Turnier sowie das Führungstrikot. Haben Sie das schon verarbeitet?
Alessa-Catriona Pröpster: Ich habe etwas gebraucht, um es zu realisieren. Und ich hatte auch nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, weil ich hier in Kienbaum in meiner Ausbildung bei der Bundespolizei am Montag und Dienstag direkt wieder Prüfungen hatte. Aber das Trikot hängt an meinem Schrank in meinem Zimmer und wenn ich es morgens angucke, denke ich: Hängst Du wirklich da?
Sie hatten mit einem solchen Erfolg beim Debüt absolut nicht gerechnet?
Pröpster: Es war total überwältigend, weil ich damit niemals gerechnet hätte. Ich dachte: Unter die ersten Sechs, das wäre cool. Es sind ja schon einige Hochkaräter dabei mit den zwei amtierenden Weltmeisterinnen, der Olympiasiegerin und auch Martha Bayona aus Kolumbien. Ich wusste, dass ich nicht hinten im Feld bin, sondern weiter vorne. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich so weit vorne lande. Ich habe keine Ahnung, was da passiert ist.
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Onboard bei der Siegerin - Pröpster zeigt wie's geht

Wie wichtig ist die Serie für Sie?
Pröpster: Für mich ist die Champions League eine total gute Chance. Es ist kein Geheimnis: In Deutschland gibt es die drei großen Mädels, und dann gibt’s halt noch so eine, die Vierte, mich. Das hier ist jetzt die Chance, mich zu zeigen und zu sagen: 'Hey, ich bin auch noch da!' Deswegen habe ich sofort zugesagt. Es bringt mich auch persönlich total weiter, hier etwas in andere Kreise zu kommen. Ich sammle Erfahrung, was für mich besonders wichtig ist, und in dem Fall jetzt natürlich auch Selbstbewusstsein.
Die 'drei großen Mädels' - Lea Friedrich, Pauline Grabosch und Emma Hinze - fehlen in diesem Jahr bei der Track Champions League, weil sie vor EM und Olympia für sie nicht so gut in den Trainingsplan passte. Wieso passt es für Sie besser?
Pröpster: Wir bauen bei mir komplett anders auf – auch weil ich nach meinem Sturz bei der Deutschen Meisterschaft viele Probleme hatte. Ich lasse nicht nur die EM (10. - 14. Januar in Apeldoorn, Niederlande), sondern auch den ersten Weltcup (2. - 4. Februar in Adelaide, Australien) weg und muss noch nicht so früh so fit sein. Deshalb kann ich jetzt aus dem Krafttraining heraus fahren, was funktioniert – nicht wie bei den Anderen, die gerade zweieinhalb Wochen auf Mallorca Grundlagentraining gemacht haben. Da die Champions League zu fahren, wäre total sinnlos für sie gewesen.
Sie sprechen den Sturz im Keirin-Finale bei der DM im Juni an: Sie haben sich dort keine Knochen gebrochen, aber starke Prellungen und viele Schürfwunden davongetragen. Wie lange hat Sie das beeinträchtigt?
Pröpster: Das tut es immer noch. Die rechte Hüfte runter ist auch heute noch alles taub und auch in der rechten Schulter habe ich immer noch Schmerzen. Die rechte hintere Muskelkette kann ich gar nicht richtig ansteuern. Außerdem ging es meinem Kopf nicht gut. An den ersten vier Tagen hatte ich totale Orientierungsstörungen, bin zuhause gegen Tische gelaufen und habe mein Handy ins Gemüsefach im Kühlschrank gelegt und nicht mehr gefunden – solche Dinge.
Im nächsten August stehen in Paris die Olympischen Spiele an. Auf der Olympia-Bahn in Saint-Quentin-en-Yvelines gastiert auch die Track Champions League am 4. November. Träumen Sie davon, auch im August dort zu fahren?
Pröpster: Ich sag mal so: Ich weiß, dass nächstes Jahr Olympia ist – das habe ich im Kopf. Aber ich nehme es noch nicht so wahr. Ich sehe es realistisch: Die Drei sind halt dreimal Weltmeister geworden hintereinander mit Weltrekord. Ich glaube nicht, dass ich so schnell die Chance haben werde, da reinzufahren – außer ich explodiere jetzt komplett. Ich hoffe, dass ich vielleicht als Ersatzfahrerin mitkommen kann, aber es gibt auch noch andere schnelle Frauen in Deutschland.
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Platz 3 im Keirin! Pröpster erobert die Gesamtführung

Sie haben auf Mallorca bewiesen, dass auch Sie selbst zur Weltspitze gehören. Wie schwer ist es, da hinter Friedrich, Grabosch und Hinze nur als Nummer vier im deutschen Team zu gelten?
Pröpster: Am Anfang war es einfach, da habe ich mir gesagt: Okay, die Drei sind nunmal einfach stärker. Da war es eine tolle Chance, mit ihnen zu trainieren.
Aber jetzt ist nicht mehr dieser 'Anfang'..?
Pröpster: Ende letzten und Anfang dieses Jahres hat es angefangen, dass ich ins Nachdenken kam: Ich war dreimal U23-Europameisteirn, stand aber nie bei der Elite-EM oder -WM am Start, während alle aus den anderen Nationen, die in der U23 hinter mir lagen, gefahren sind, Erfahrungen sammeln konnten und jetzt teilweise in der Weltspitze sind.
Emma Finucane wurde im August Sprint-Weltmeisterin der Elite, unterlag im Juli aber bei der U23-EM noch gegen Sie. 2022 schlugen Sie bei der U23-EM Taky Marie-Divine Kouamé aus Frankreich, die kurz darauf WM-Gold bei der Elite über 500 Meter holte.
Pröpster: Genau. Das war für mich im Kopf schwer. Es gibt Fahrerinnen, die einen Tick langsamer sind als ich, aber ihre Einsätze bekommen, während ich zuschaue. Und ich dachte mir: Irgendwann machen sie mich taktisch fertig, weil sie viel mehr Erfahrung sammeln und mir die Praxis fehlt. Deshalb habe ich Jan (Bundestrainer Jan van Eijden) gesagt: Ich brauche Wettkämpfe! Anfang des Jahres bin ich dann im Nations Cup gefahren, wurde in Kairo Dritte im Keirin und einen Monat später habe ich in Milton meinen ersten Nations-Cup-Sieg eingefahren.
Entsteht da eine scharfe Konkurrenz-Situation?
Pröpster: Das Problem ist: Es gibt halt nur begrenzt Startplätze und natürlich fahren die Schnellsten bei den großen Events. Das ist ja klar. Ich bin trotzdem jemand, der sich total für die anderen Mädels freut. Irgendwann wird meine Zeit dann hoffentlich schon noch kommen.
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Theo Reinhardt und Alessa-Catriona Pröpster bei der UC Track Champions League 2023 (Quelle: UCI)

Fotocredit: Eurosport

Bei der Track Champions League ist Ihre Zeit jetzt schon da. Wie sehr haben Sie die Serie 2021 und 2022 verfolgt und mit den anderen Drei darüber gesprochen?
Pröpster: Ich telefoniere viel mit Pauline (Grabosch) – auch jetzt aktuell. Und die Mädels haben immer erzählt, wie cool das hier ist. Außerdem habe ich in den ersten beiden Jahren alles im Fernsehen verfolgt. Letztes Jahr war ich zu dieser Zeit im Praktikum bei der Bundespolizei und da war meine ganze Dienstgruppe dann verpflichtet, in der Nachtschicht mit mir Fernsehen zu gucken.
Sie kommen von der Schwäbischen Alb und leben die meiste Zeit im Jahr in Kaiserslautern, wo sie ab Ihrem 16. Lebensjahr auf dem Sport-Internat waren. Aber Sie sind auch mehrere Monate im Jahr wegen der Ausbildung bei der Bundespolizei in Kienbaum vor den Toren Berlins. Wie groß ist die Vorfreude aufs Heim-Event am Samstag?
Pröpster: Sehr groß! Es kommen total viele Freunde und Verwandte von zuhause. Es wird gefühlt ein großes 'Familientreffen' von früher, auch mit Wegbegleitern aus meiner Radsport-Jugend. Und auch ein Teil meiner Dienststelle von der Bundespolizei kommt.
Ein echter Pröpster-Fan-Block?
Pröpster: Genau! Ich habe 14 Karten bekommen, die sitzen alle auf einem Fleck.
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UCI Track Champions League | Mallorca : Highlights

Nach dem Traumstart auf Mallorca gehören Sie nun in Berlin zu den Favoritinnen. Ändert das etwas für Sie?
Pröpster: Nicht viel. Ich versuche unter der Woche so viel wie möglich zu schlafen. Ich muss jeden Morgen um 7:00 Uhr auf der Matte stehen, dann nachmittags Training und am Wochenende die Wettkämpfe. Da geht dazwischen nichts als Ausruhen, Schlafen und versuchen, nicht krank zu werden. Kristina Vogel hat mir vor dem Rennen auf Mallorca gesagt: Hier geht es um Konstanz. Ein Aussetzer kann jederzeit kommen und viele Punkte kosten. Nur weil ich das Führungstrikot trage, bin ich ja nicht davor geschützt, in Berlin in der 1. Runde auszuscheiden. Man muss jeden Lauf ernst nehmen und versuchen, das Beste herauszuholen.
Zurück zum Schrank in Kienbaum: Wo rangiert das Hellblaue Führungstrikot der Track Champions League in Ihrer Trophäensammlung? Immerhin haben Sie auch schon EM- und WM-Titel errungen…
Pröpster: Das ordnet sich schon ziemlich hoch ein. Die Trikots, die ich sonst bisher gewonnen habe, waren in Anführungsstrichen ja 'nur' in der U23 und der U19. Klar: Wir sind im Teamsprint Europameisterinnen geworden, aber da bin ich auch nur die Quali gefahren. Deshalb ist es mein erstes richtig eigenes Trikot in der Elite und das rangiert bei mir schon sehr hoch, gerade weil es so ein hochkarätiges Feld ist. Klar: Wir sind alle nicht in WM-Form, aber trotzdem muss man gegen die alle erstmal gewinnen.
Frau Pröpster, wir wünschen viel Glück dabei, das Trikot am Samstag zu verteidigen!
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Massensturz in der Elimination: Schrecksekunde auf Mallorca

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