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Formel 1 - Hans-Joachim Stuck exklusiv zum Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari: Große Gefahr für Rekordweltmeister

Christoph Niederkofler

Update 06/02/2024 um 11:21 GMT+1 Uhr

Der Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari ist in trockenen Tüchern, ab 2025 fährt der Rekordweltmeister für die Scuderia. Wie die Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck im exklusiven Interview mit Eurosport.de erklärt, birgt die romantische Vereinigung der einstigen Rivalen auch Gefahren. Das Duell mit dem zukünftigen Teamkollegen Charles Leclerc könnte Hamilton nämlich das Karriereende vermiesen.

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Lewis Hamilton und Ferrari - für die Formel-1-Romantiker passt das Duo wie die Faust auf's Auge. Nach Jahren großartiger Rivalität findet der britische Rekordweltmeister seinen Weg zur sagenumwobenen Scuderia, um sich seinen Traum vom achten WM-Titel zu erfüllen.
Doch trotz aller Träumereien birgt der Wechsel zur Saison 2025 eine große Gefahr. Was, wenn Hamilton dem Druck nicht standhält? Was, wenn er wie so mancher Superstar vor ihm bei Ferrari scheitert?
Wie der ehemalige Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck im exklusiven Interview mit Eurosport.de erklärt, hat Hamilton "auch sehr viel zu verlieren".
Mit Teamkollege Charles Lecler wartet auf den 39-Jährigen nämlich ein starker Teamkollege. "Angenommen Leclerc bügelt Hamilton", stellt Stuck ein Gedankenspiel an. "Das wäre dann ein schlechter Abschluss seiner Karriere."
Herr Stuck, der Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari wird als Transfer des Jahrhunderts bezeichnet. Was ging Ihnen zuerst durch den Kopf, als Sie die Meldung gesehen haben?
Hans-Joachim Stuck: Ich war überrascht und musste daran denken, dass das schon einige andere Lichtgestalten versucht haben. Hamilton ist eine besondere Persönlichkeit. Ob er aber mit dem System Ferrari - wo alles etwas anders läuft - zurechtkommt, bin ich gespannt. Natürlich wird sich Hamilton diesen Schritt mit seinem Gehalt schön vergolden haben lassen, das hat er sich auch verdient. Aber er muss sich nun unterordnen. Das ist er sicher nicht gewöhnt.
Ferrari feiert seinen neuen Superstar, Mercedes verliert seinen eigenen. Wie blicken Sie auf das endende Verhältnis?
Stuck: Für Hamilton und Mercedes sehe ich eine ganz schwierige Saison 2024. Inwieweit wird Toto Wolff noch hinter ihm stehen? Es ist bekannt, dass die beiden gute Freunde sind. Aber inwiefern wird Hamilton in den kommenden Monaten noch unterstützt und in die Entwicklung für die kommenden Jahre eingeweiht? Er nimmt natürlich Geheimnisse mit zu Ferrari. Das wird daher für alle Beteiligte eine schwierige Saison. Wenn man am Ende einer Saison den Wechsel verkündet - zack, bumm, gut. Aber natürlich muss man auch langfristig planen ...
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Hamilton-Nachfolge: Wolff spricht Russell das Vertrauen aus

Vergangene Saison waren Ferrari und Mercedes gleichauf, die letzten zehn Jahre sprechen klar für die Silberpfeile. Steht das sportliche Motiv bei diesem Wechsel im Vordergrund - oder erfüllt sich Hamilton damit nur einen persönlichen Traum?
Stuck: Ferrari ist immer etwas Besonderes - eine Institution. Wenn man für Ferrari gefahren ist, geht man in die Geschichte ein. Und zwar noch mehr, als wenn man irgendwo anders sieben Mal Weltmeister wurde. Aber die Scuderia funktioniert anders als Red Bull oder Mercedes. Dort ist man eben nicht die große Persönlichkeit, die man wie in anderen Rennställen ausleben kann. Hamilton muss sich unterordnen. Ferrari ist Italien. Die Presse ist völlig anders, die geiern auf jede Kleinigkeit, es gibt keine Geheimnisse. Für Hamilton wird das ein ganz neues Erlebnis.
Angenommen Leclerc bügelt Hamilton ... Das wäre dann ein schlechter Abschluss seiner Karriere.
Was für ein Druck lastet nun auf Hamilton? Noch mehr als einst auf Fernando Alonso oder Sebastian Vettel?
Stuck: Ähnlich, würde ich sagen. Natürlich steht Hamilton auf einer besonders hohen Stufe, weil er mit einem Titel mit Ferrari den Rekord von Michael Schumacher schlagen könnte. Das wäre geil! Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Wenn er dort seinen achten Titel einfährt, wäre das eine tolle Geschichte. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg - und vor allem ein schwieriger.
Hamilton und Ferrari - das war in den vergangenen fünfzehn Jahren stets eine großartige Rivalität. Was bedeutet diese Ehe für den Sport?
Stuck: Es wird spannend. Zuallererst bekommt er mit Charles Leclerc einen sehr starken Teamkollegen. Leclerc steckt schon seit ein paar Jahren im System Ferrari und weiß, wie es dort abläuft. Normalerweise geht es darum, seinen Teamkollegen zu schlagen. Je nachdem, ob Hamilton ihn im Griff hat, wird sich herausstellen, ob er seinen eigenen Erwartungen gerecht wird. Im Vergleich zu Leclerc ist Hamilton nicht mehr der jüngste und diese Geschichte haben wir schon sehr oft erlebt. Ein Pilot wechselt das Team, dann kommt ein jüngerer Fahrer und macht ihm Feuer unter dem Arsch. Natürlich kann Hamilton seinen achten Titel gewinnen - aber auch sehr viel verlieren. Angenommen Leclerc bügelt Hamilton ... Das wäre dann ein schlechter Abschluss seiner Karriere.
Leclerc hatte sich im Ferrari bereits gegen Vettel durchgesetzt, die Stimmung galt damals als angespannt. Welche Teamdynamik erwarten sie sich zwischen ihm und Hamilton?
Stuck: Leclerc ist ein feiner Bursche, der aber auch weiß, wie das Geschäft funktioniert und wie er sich verhalten muss. Hamilton darf einen gewissen Respekt einfordern, aber den hat Leclerc vor ihm nicht. Wenn die Startflagge gesenkt ist, hört der Respekt auf. Dann wird Leclerc genauso wenig nachgeben wie Hamilton.
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Lewis Hamilton und Charles Leclerc

Fotocredit: Getty Images

Mit Hamilton sollen auch die Ingenieure Loic Serra und Riccardo Musconi von Mercedes zu Ferrari wechseln. Wie darf man als Außenstehender solche Transfers verstehen? Ist das - etwas überspitzt formuliert - der Anfang vom Ende bei Mercedes?
Stuck: Davon gehe ich nicht aus. Mercedes ist ein Team, in dem nichts von einer einzigen Person abhängt. Das Wissen der Ingenieure ist im Haus bekannt. Ein Wechsel fällt da nicht ins Gewicht, das sehe ich nicht als Problem. Hamilton hilft das mit Sicherheit, aber Mercedes hat immer noch Top-Leute in seinen Reihen und wird auch noch weitere finden. Diese Wechsel finden andauernd statt.
Wer im Trubel um Hamilton völlig untergeht, ist Carlos Sainz. Der Spanier verlässt Ferrari Ende 2024, obwohl er zu den besten Piloten im Feld zählt. Wie schätzen Sie den Umgang mit dem Spanier ein?
Stuck: Persönlich finde ich es sehr schade, dass Sainz Ferrari verlassen muss, weil ich ihn für einen super Piloten halte. Wenn ein Team jemanden wie Sainz zu sich an Bord holt, kann es sich glücklich schätzen. Mit Blick auf sein Niveau muss er mit Piloten wie Leclerc gleichgestellt werden. Daher wird er seinen Weg finden. Die Frage ist nur, in welchem Rennstall ein Platz für ihn frei wird. Sainz benötigt eine schöne Visitenkarte, weshalb er sich in dieser Saison noch einmal mit Leclerc anlegen wird. Das wird spannend.
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Charles Leclerc und Carlos Sainz

Fotocredit: Getty Images

Was darf man sich als Ferrari von Sainz überhaupt noch erwarten? Wird er sich einer möglichen Teamorder fügen oder steht nun sein persönlicher Erfolg im Fokus?
Stuck: Sainz halte ich für einen Profi, der sich in seinem letzten Jahr bei Ferrari so verhält, wie man es sich von ihm erwartet. Sollten er und Leclerc um den Sieg fahren und das Team aufgrund der WM-Situation eine Order verhängen, dass Leclerc vorne bleibt, würde sich Sainz meiner Meinung nach sicher daran halten. Wenn er das nicht macht, würde er sich selbst keinen Gefallen für zukünftige Verhandlungen tun. Dann heißt es schnell, dass er keine Disziplin hätte. Da muss er aufpassen - aber das wird er zu hundert Prozent machen.
Zurzeit geistern viele Namen als mögliche Nachfolger von Hamilton bei Mercedes rum. Von Fernando Alonso über Lando Norris und Oscar Piastri bis hin zu einem möglichen Comeback von Sebastian Vettel. Wer ist Ihr persönlicher Favorit auf das Cockpit?
Stuck: Wie lang ist die Liste nochmal? (lacht) Zuallererst muss Toto Wolff schauen, wen er überhaupt bekommt. Wer ist auf dem Markt? Und noch viel wichtiger: Wer passt zu Mercedes? Ich bin mir sicher, dass die Gespräche schon laufen. Mit George Russell hat man bereits einen Topfahrer, der das Team führen kann. Vielleicht nimmt man daher die Chance wahr und setzt auf einen Rookie wie Andrea Kimi Antonelli, der zuletzt alles gewonnen hat. Wenn es möglich ist - warum nicht? Da sind momentan alle Türen offen. Wolff ist clever genug, um die richtige Entscheidung zu treffen. Da heißt es für uns aktuell nur: abwarten und Tee trinken.
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