FC Schalke 04 - Königsblaues Chaos in Liga zwei: Ein Traditionsklub zerfleischt sich selbst
Der FC Schalke 04 kämpft nach dem Abstieg aus der Bundesliga im Unterhaus ums nackte Überleben. Im Anschluss an das 3:5 bei Fortuna Düsseldorf versinkt der Traditionsklub, der aktuell auf dem Relegationsplatz rangiert, im Chaos. Ein Stammspieler wurde suspendiert, die Fans gehen auf die Barrikaden. Mit Clemens Tönnies plant ein alter Bekannter angeblich den königsblauen Umsturz.
Beim FC Schalke läuft nichts zusammen
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Am Montag krochen die Profis des FC Schalke 04 kollektiv zu Kreuze - und wendeten sich mit einem offenen Brief an die aufgebrachten Fans.
"Liebe Schalker, nach einem ernüchternden Auftritt am Samstagabend ist es uns ein Anliegen, einige Worte an Euch zu richten", leitete die Mannschaft ein, um in den darauffolgenden Zeilen demütig in Reue zu üben. "Wir selbst sind mit der momentanen Situation sehr unglücklich. Mehr noch: Wir schämen uns für einige Auftritte in den letzten Monaten!"
Das Team habe sich "viel mehr vorgenommen" als das, was sich dieser Tage düstere Realität nennt. Besagter Auftritt am Samstag bei Liga-Konkurrent Fortuna Düsseldorf setzte einer bislang völlig enttäuschenden Saison die zerdellte Krone auf. 0:3 hieß es nach 26 Minuten aus S04-Sicht, die im zweiten Durchgang wenigstens noch Ergebniskosmetik betrieben, am Ende aber dennoch mit einem 3:5 im Gepäck zur kurzen Heimreise antraten.
Die aktive Fanszene hatte dies schon Stunden zuvor getan, nach der desolaten ersten Halbzeit rollten die Ultras ihre Fahnen ein und verließen das Stadion. An ihnen lag es - einmal mehr - ohnehin nicht. 15.000 Anhänger unterstützten die Knappen in der Rheinmetropole, beeindruckten im Vorfeld der Partie mit einer sehenswerten Choreografie.
Schalkes Kredit aufgebraucht
Mit durchschnittlich mehr als 6.000 Auswärtsfahrern stellt Schalke den Höchstwert, in ganz Deutschland, ligaübergreifend. Es gehört also viel dazu, es sich mit den leidenschaftlichen Schalker Fans zu verscherzen.
Doch der Kredit ist aufgebraucht. Nach 14 Spieltagen rangiert der Traditionsklub, der vor viereinhalb Jahren noch im Achtelfinale der Champions League stand, auf Tabellenplatz 16 (vier Siege, ein Remis, neun Niederlagen) - und befindet sich mit drei Punkten Rückstand aufs rettende Ufer mittendrin im Kampf um den Klassenerhalt. Der offene Brief der Spieler an die Fans mutet an wie ein letzter Strohhalm, ein finaler Versuch, die wütenden Anhänger milde zu stimmen.
Ob es gelingt, wird sich am Freitagabend im Kellerduell mit Tabellenschlusslicht VfL Osnabrück (18:30 Uhr im Liveticker) zeigen. Zuletzt machten Gerüchte die Runde, wonach die Ultras sogar einen Boykott in Erwägung würden. Bestätigt wurden derlei Meldungen allerdings nicht. So oder so: Die blutleeren Auftritte und die damit verbundene Fan-Wut sind bei weitem nicht das einzige Problem am Berger Feld.
Chaos - auf und neben dem Platz
Auch neben dem Platz reißt das Chaos nicht ab. Mit Thomas Ouwejan wurde jüngst schon der dritte Profi in dieser Saison suspendiert. Der Niederländer hatte Trainer Karel Geraerts im Zuge seiner Auswechslung den Handschlag verweigert und war im Anschluss mit Lizenzbereichleiter Gerald Asamoah aneinandergeraten.
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Thomas Ouwejan sorgte nach seiner Auswechslung für einen Eklat
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Die Sanktion: Eine Woche Training mit der U23 und eine Geldstrafe. Vor ihm wurden Ralf Fährmann Anfang September (nach Kritik am Verein durch Berater Stefan Backs) sowie Timo Baumgartl (Kritik an (Ex)-Trainer Thomas Reis) mit ähnlichen Strafen belegt.
Baustellen über Baustellen. Kein Wunder, dass dieser Tage ein alter Bekannter die mediale Runde über der Arena dreht: Clemens Tönnies, ehemaliger Aufsichtsratvorsitzender und Fleischmagnat in Personalunion, soll laut "Sport Bild" hinter den Kulissen einen Umbruch planen. Demnach stelle Tönnies dem angeschlagenen Verein eine Finanzspritze in Aussicht, zudem wolle er Oliver Ruhnert, derzeitig bei Union Berlin als Manager tätig, an der Spitze installieren.
Tönnies gießt Öl ins Feuer
Im Gegenzug müssten dafür angeblich aber Aufsichtsratchef Axel Hefer, Kaderplaner André Hechelmann und Vorstandsvorsitzender Matthias Tillmann ihre jeweiligen Hüte nehmen, so die "Sport Bild". Tönnies selbst hatte die Arbeit auf Schalke unlängst harsch kritisiert. Er wolle "kein Öl ins Feuer gießen", gab er im Gespräch mit dem "Express" zu verstehen, tat dann aber genau das.
"Ich kann keine der im Klub getroffenen Entscheidungen nachvollziehen. Es wirkt fast, als ob sie den Verein absichtlich von der Klippe schubsen wollen", sagte der 67-Jährige und schob nach: "Ich kann die Dinge nicht nachvollziehen. Fußball ist Geschäft, Business, Fußball ist Professionalität." Geht es nach Deutschlands Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus, wäre Schalke gut beraten, Tönnies zurück als Steuermann ins sinkende Boot zu holen.
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Clemens Tönnies - FC Schalke 04
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"Schalke hat immer die meisten Probleme mit sich selbst. Als Clemens Tönnies noch da war, hatte der Verein Erfolg, hat in der Champions League gespielt. Davon kann man jetzt nur träumen", schrieb Matthäus in seiner "Sky"-Kolumne Ende Oktober. Er schob nach: "Ich würde mir wünschen, einen Clemens Tönnies zurückzuhaben, damit es mit Schalke wieder aufwärtsgeht."
Kritik an Tönnies: "Darf man nicht vergessen ..."
Aufsichtsratsboss Hefer wurde schon Mitte November mit dem Namen Tönnies konfrontiert. "In seine Verantwortung fallen sehr erfolgreiche Zeiten, aber eben auch die Phase, die zum kompletten Zusammenbruch 2021 (erster Bundesligaabstieg seit 1988, d. Red.) geführt hat - im Wesentlichen dadurch, dass über einen längeren Zeitraum mehr Geld ausgegeben als eingenommen wurde", sagte Hefer.
Er führte aus: "Diese Schulden werden uns noch mehrere Jahre begleiten. Ich verstehe, dass man sich nach den sportlich erfolgreichen Zeiten zurücksehnt, allerdings darf man nicht vergessen, dass der Verein da teilweise über seinen Verhältnissen gelebt hat."
Dass Tönnies tatsächlich zum neuen starken Mann avanciert, erscheint indes fraglich. Immerhin waren es die Fans, die ihn nach rassistischen Aussagen und einem massiven Corona-Ausbruch in Tönnies' Schlachtbetrieb mit mehr als 1500 Infektionen vom metaphorischen Hof gejagt hatten.
Die Situation bei Königsblau ist festgefahren. Die Spieler erwecken höchstens vor der Kamera den Eindruck, dass sie um die brenzlige Situation wissen, die Fans sind auf den Barrikaden und das Tönnies-Theater bringt freilich weitere Unruhe in den Verein.
Licht am Ende des Tunnels? Gibt es nicht - ein Sieg gegen Osnabrück wäre aber zumindest ein Silberstreif am dunklen Horizont. Sollte die nächste Enttäuschung folgen, wäre es aber voraussichtlich der endgültige Bruch zwischen Team und Fans. Dann hilft auch kein Brief mehr.
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Quelle: Perform
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