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Pep Guardiola und die Münchner Medien: Ein Dilemma

Daniel Rathjen

Update 05/02/2016 um 15:20 GMT+1 Uhr

Der Bayern-Trainer fühlt sich vor dem Spiel gegen Leverkusen nicht respektiert. Bei einem differenzierten Blick auf die Problematik werden Ursachen deutlich.

Pep Guardiola (Bayern München)

Fotocredit: Eurosport

Vom FC Bayern berichtet Daniel Rathjen
Es ist wieder dieser Raum.
An der Säbener Straße im Mediencenter flammen am Freitag die roten Lichter von sieben Kameras auf, als Bayern-Trainer Pep Guardiola hineinkommt.
Die Radio-Reporter richten ihre Mikrofone aus, die Journalisten der schreibenden Zunft legen sich Notizzettel und Stift zurecht, zusätzlich zum Smartphone, das ebenfalls aufzeichnet.
Guardiola wirkt angespannt vor der Begegnung mit Bayer Leverkusen. Er weiß, die Themenlage ist speziell. Denn Schlagzeilen, die die Vorbereitung auf das Auswärtsspiel stören, haben in den Tagen zuvor zuviel Aufmerksamkeit erregt.
Eine brisante E-Mail an die Spieler, die Brandrede von Sportvorstand Matthias Sammer, Arturo Vidal… Nebenbei hat Manchester City bekanntgegeben, dass Pep ab Sommer dort trainieren wird.
Guardiolas Schattenmann Manel Estiarte und FCB-Pressechef Markus Hörwick werden Guardiola - davon ist auszugehen, weil es Usus ist - vor Fragen, die in diese Richtungen gehen könnten, gewarnt haben. Aus deren Sicht sind diese unangenehm, kritisch, böse.
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Deutliche Aussagen von Bayern-Trainer Pep Guardiola

Fotocredit: SID

Fußball, Fußball und Fußball?

Für Guardiola sind sie wahrscheinlich einfach nur nervig, denn er wünscht sich eine Pressekonferenz nicht als allgemeines Forum, sondern als Anlass zum Gespräch über Fußball. Und Fußball. Und Fußball.
Natürlich kamen die "unangenehmen" Fragen, weil sie die Woche der Reporter und deren Redaktionen bestimmt und bewegt haben. Abzulesen an Quoten und Klickraten interessieren sie auch den Großteil der Zuschauer und Leserschaft.
Als es Guardiola nach kurzer Zeit zu viel wird, bricht es aus ihm heraus: "Ich spreche gerne über Fußball. Doch das interessiert keinen! Warum machen wir überhaupt eine Pressekonferenz? Es ist egal, was ich sage!" In drei Jahren habe er kaum eine Frage gehört, die mit Fußball zu tun hatte. Einmal in Fahrt, fuhr er fort: "Allgemein gibt es keinen Respekt mehr vor uns Trainern!"
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Bayern-Coach Pep Guardiola

Fotocredit: Eurosport

Es sind platte Vorwürfe an die Münchner Medienschaffenden, auf die auch schon Sammer eingedroschen hatte, die angesichts der Gesamtsituation plausibel klingen, sich aber leicht widerlegen lassen. Noch in den vergangenen Wochen hatte das Pressegespräch mit Guardiola nämlich nicht im großen Rahmen mit allen Journalisten aus allen Richtungen stattgefunden, sondern intimer. TV und Print konnten den Coach getrennt voneinander in Kleingruppen befragen.

Überraschende Kehrtwende beim PK-Modus

Dort fielen nach entsprechenden Fragen Aussagen wie diese von Pep:
Bayern hat gute Spieler für eine Dreierkette, aber normalerweise spielen wir mit vier. Wir können leicht wechseln: Philipp kann als Rechtsverteidiger oder im Mittelfeld spielen, Thomas kann die Nummer zehn. So können wir mit einer Bewegung umstellen. Gegen Dortmund mit Raute passt eine Dreierkette gut. Mit einer Dreierkette können wir besser attackieren. Und die Spieler verstehen es nach drei Jahren ein bisschen besser als noch im ersten oder zweiten Jahr.
Praktiziert wurde die Aufteilung der Medien beim Trainer allerdings nur wenige Wochen. An diesem Freitag wurde ohne Angaben von Gründen auf den ursprünglichen Modus mit allen Medien zurückgewechselt.
Möglicherweise auch, weil der Aufwand am Tag vor einem Auswärtsspiel zu groß ist. Unmittelbar nach der PK steht das Abschlusstraining an, das Guardiola wichtig ist und das er akribisch vorbereitet hat. Im Anschluss daran geht es in den Bus, dann in den Flieger, dann ins Hotel.
Ihn an einem solchen Tag in "Plauderlaune" anzutreffen, ist nahezu unrealistisch. Im Gegenteil: In der Vergangenheit wirkte er vor Spielen oft kurz angebunden und wenig auskunftsfreudig. Egal ob fußballspezifische Fragen gestellt wurden oder nicht.
Zweifelsohne braucht jedes fundierte Gespräch eine passende vertrauliche Atmosphäre. Dadurch, dass Guardiola strikt jedes Einzelinterview ablehnt, entstand diese in der Vergangenheit so gut wie nie. Manche Redaktionen renommierter Zeitungen fühlen sich demnach ebenso nicht respektiert. Ein Dilemma für beide Seiten, das sich bis zu Guardiolas Abschied im Sommer nicht verbessern wird.
Die Zeit bis dahin sieht Pep jedenfalls nicht als problematisch an. "Die Leute können mir vertrauen und die Medien mich attackieren, ich mache weiter meinen Job", betonte er und fügte mit Blick auf die Vorbereitung für Manchester City an: "Ich bin wie eine Frau (multitasking-fähig, Anm. d. Red.), ich kann mit beiden Situationen umgehen."
Beweisen will er das nun vor allem mit seiner Art von Fußball. Dieser Raum im Mediencenter an der Säbener Straße war, ist und wird nie mehr seine große Bühne.
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