Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

FC Bayern München: Bevorzugt Carlo Ancelotti die älteren Spieler?

Florian Bogner

Update 22/02/2017 um 15:44 GMT+1 Uhr

Carlo Ancelotti gilt als Freund reifer Spieler - siehe AC Milan. Zieht er die Ü30-Fraktion um Xabi Alonso beim FC Bayern München den Youngstern Renato Sanches, Kingsley Coman und Joshua Kimmich vor? Die Medaille hat wie üblich zwei Seiten. Und der FC Bayern München tatsächlich ein kleines Generationenproblem.

Carlo Ancelotti (l.) und Xabi Alonso vom FC Bayern

Fotocredit: Imago

Joshua Kimmich war in der Hinrunde der Goalgetter, traf zwischen dem 9. September und 19. Oktober 2016 insgesamt sieben Mal für den FC Bayern München.
Am Dienstag hat er wieder mal einen ausgepackt - im Training. Entscheidendes Tor zum Ende der öffentlichen Einheit für "Team ohne Leibchen", gebührend gefeiert durch einen bayrischen Menschenhaufen.
Auch von Kingsley Coman gab es zuletzt mal wieder ein Ausrufezeichen. Klar, Robert Lewandowski war es vergönnt, den FC Bayern München bei Hertha BSC in letzter Sekunde zum 1:1 zu schießen.

These: Carlo Ancelotti setzt lieber auf ältere Semester

Coman war es jedoch, der das heraufbeschworen hatte: mit einem beherzten Solo auf Linksaußen, dass Peter Pekarik nur mit einem Foul aufzuhalten wusste. Der fällige Freistoß brachte das Tor.
Es scheint also wieder aufwärts zu gehen mit Kimmich und Coman, den beiden Youngstern, die 2015/16 so kometenhaft eingeschlagen hatte, zuletzt bei Carlo Ancelotti aber nicht mehr so richtig zur Geltung kamen.
Weil Ancelotti lieber auf andere, auf ältere Semester setzt(e).
picture

Carlo Ancelotti

Fotocredit: Imago

Sechs Youngster, wenig Einsatzzeit

Mit Coman (20), Joshua Kimmich (22), Renato Sanches (19), Juan Bernat (23) sowie den Nachwuchsprofis Niklas Dorsch (19) und Fabian Benko (18) hat Ancelotti immerhin sechs U23-Spieler in seinem Kader - macht knapp ein Viertel.
In Sachen Einsatzzeit sind die Youngster unter Ancelotti jedoch nicht ganz so begünstigt. Mit 1430 Minuten bekam Kimmich noch am meisten; das reicht teamintern aber gerade mal zu Platz elf.
picture

Joshua Kimmich (FC Bayern)

Fotocredit: Imago

Die anderen fünf kommen zusammen auf 2086 Minuten - weniger als die Vielspieler Philipp Lahm, Thiago, David Alaba, Mats Hummels, Robert Lewandowski oder Manuel Neuer jeweils einzeln.

Sanches enttäuscht

Ernüchternd vor allem die Bilanz bei Renato Sanches: nur 641 Minuten verteilt auf 17 Einsätze - Tendenz fallend. 2017 gab's erst 31 Minütchen für ihn abzuholen. "Er wird vielleicht in ein, zwei Monaten seine Qualität zeigen", sagte Ancelotti zuletzt.
Die zwei Youngster Benko und Dorsch sind sogar komplett außen vor; Benko stand nur ein einziges Mal in der Bundesliga im Profi-Kader, kam nur in der 1. Pokalrunde bei Carl Zeiss Jena (5:0) 14 Minuten zum Einsatz, spielt sonst in der Regionalliga Bayern (21 Einsätze, 14 von Beginn an).
Dorsch ist noch ganz ohne Profi-Minute, stand nur in Jena im Kader der ersten Mannschaft, spielte zwölf Mal für die Amateure (elf Mal von Beginn an).
picture

Niklas Dorsch spielt seit 2012 für den FC Bayern München

Fotocredit: Imago

Nicht gut genug?

Nun gibt es natürlich zwei Seiten der Medaille. Die eine: die jungen Spieler drängen sich nicht gerade auf. Stimmt im Fall von Sanches, der seine Stärken bei Bayern noch nicht zum Tragen bringt. Stimmt auch bei Dorsch und Benko, denen es noch am Rüstzeug fürs Erstliga-Geschäft mangelt.
Stimmt auch bei Bernat, der schlicht nicht die Qualitäten des nur ein Jahr älteren Konkurrenten Alaba besitzt und deshalb nur Backup ist. Stimmt ebenso bei Coman, der erst wieder in den Rhythmus kommen und Wettkampfhärte aufbauen muss.
picture

Kingsley Coman vom FC Bayern

Fotocredit: AFP

"Grundsätzlich sind wir von dem Spieler total überzeugt. Aber es ist schon festzustellen, dass die letzte Saison besser war als die jetzige, wobei er auch einige Verletzungen hatte", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im Januar über Coman.
Nur bei Kimmich gibt's aktuell wenig zu kritteln.

29,5 Jahre im Schnitt alt

Die andere Wahrheit heißt: Dem Trainer des FC Bayern München wird schon länger ein Hang zu älteren, erfahreneren Semestern nachgesagt, wenn diese denn noch ihren Zweck erfüllen. Sprich: gut Fußballspielen.
Legendär war Ancelottis Ü30-Truppe vom AC Mailand, die Mitte der 2000er Jahre den europäischen Spitzenfußball prägte. Als Ancelotti 2007 zum zweiten Mal die Champions League gewann, war kein Profi unter 24 Jahren Stammspieler. Das Finale gegen den FC Liverpool entschied mit Filippo Inzaghi ein fast 34-Jähriger.
picture

Inzaghi Pirlo

Fotocredit: Eurosport

Und bei Bayern? Da bot er jüngst im Achtelfinal-Hinspiel gegen den FC Arsenal die älteste Bayern-Startelf in der Champions League seit fast zwölf Jahren auf - 29,5 Jahre im Schnitt.
Die "jüngste" Bayern-Elf 2017 (mit Kimmich und Bernat) spielte am Wochenende in Berlin - mit 27,8 Jahren aber immer noch recht reif. Zum Vergleich: Dortmunds Elf im Achtelfinal-Hinspiel bei Benfica (0:1) war im Schnitt 26,0 Jahre jung; in Darmstadt (1:2) waren's sogar nur 23,6 Jahre.
"Diese Bayern sind meinem AC Mailand sehr ähnlich", sagte Ancelotti im Herbst, allerdings nicht nur aufs Alter der Spieler bezogen.

Ältester Kader aller Bundesligisten

Eine weitere Wahrheit ist aber auch: das Bayern-Team wird per se immer älter.
Gehörten in den Saisons 2012/13 und 2013/14 nur jeweils ein Ü30-Spieler zum am meisten eingesetzten Personal (Daniel Van Buyten bzw. Franck Ribéry) sind es diese Saison schon derer fünf (Neuer, Lahm, Alonso, Ribéry, Robben).
Mit einem Schnitt von knapp 27 Jahren hat Bayern den ältesten Kader aller Bundesligisten.

Umbruch steht an

Ein Generationenwechsel steht an, wurde bereits durch den Abgang von Bastian Schweinsteiger eingeläutet und durch den Abschied von Philipp Lahm (33) im Sommer weitergeführt. Auch bei Xabi Alonso (35) deuten die Zeichen eher auf ein Ende hin - zumindest bei Bayern. Mit Niklas Süle (21) und Sebastian Rudy (26) kommen jüngere Spieler dazu.
Bis dahin verwaltet Ancelotti nur, was er im Angebot hat.
Und greift getreu dem Rehhagel-Motto "Es gibt keine jungen und alten Spieler, sondern nur gute und schlechte" im Zweifel auf die erfahrenere Variante zurück.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung