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Sigi Heinrich über den Abschied von Philipp Lahm vom FC Bayern München

Sigi Heinrich

Update 17/05/2017 um 19:43 GMT+2 Uhr

Eurosport-Experte Sigi Heinrich bloggt über das Karrieende von Philipp Lahm beim FC Bayern München und stellt sich dabei einer legitimen Frage: Warum wurde der 33-Jährige von den Sportjournalisten eigentlich nie zum Fußballer des Jahres gewählt? Vielleicht weil er kein Torjäger, kein Dribbelkönig und kein Einpeitscher war. Dennoch hätte er das Attribut "Fußballer des Jahrzehnts" verdient.

Philipp Lahm vom FC Bayern beendet seine Karriere

Fotocredit: Getty Images

Da haben wir uns also all die Jahre nicht eben mit Ruhm bekleckert. So hört sich das an, wenn Jupp Heynckes und Hermann Gerland jetzt gebetsmühlenartig erklären, dass sie nicht verstünden, warum wir, die Sportjournalisten, Philipp Lahm noch nie zum "Fußballer des Jahres" gewählt haben.
Er sei doch immer, so die beiden Trainergranden, der perfekte Spieler gewesen.
Ach Jungs. Lasst uns doch Zeit. Wir wählen ihn halt dann zum "Fußballer des Jahrzehnts"!

Lahm konnte auch hart sein

Irgendwas wird uns schon einfallen. Und außerdem wird das dem Kicker Lahm vermutlich ziemlich wurscht - Pardon! - total egal sein.
Solche Ehrenbezeugungen, deren Wert eh umstritten sein dürfte, braucht einer nicht, der Weltmeister war, der das Triple gewonnen hat mit dem FC Bayern, der sowohl im Nationalteam als auch im Verein als Kapitän die Linie vorgab. Schnörkellos, aber auch hart in der Sache, wenn es mal drauf ankam.
Wie 2010, als er durch die Verletzung von Michael Ballack zum Kapitän des DFB-Teams befördert wurde und diesem Amt Würde und Nachdruck verlieh. Sehr zum Ärger von Ballack behielt Lahm die Binde. Er hatte Freude an der Aufgabe gefunden als verlängerter Arm von Bundestrainer Joachim Löw.

Lahm war Guardiolas Liebling

Er machte es wahrscheinlich allen Trainern leicht. Ob Felix Magath, Jupp Heynckes, Louis van Gaal, Jürgen Klinsmann, Pep Guardiola oder zuletzt Carlo Angelotti: Keiner musste sich je Gedanken machen, wohin mit Lahm. Der stand auf Außen stets seinen Mann. Wohl auch mitunter sehr zu seinem Leidwesen, weshalb er, das nehme ich persönlich an, wohl die Zeit mit Guardiola als seine schönste im Nachhinein bezeichnen könnte.
Da durfte er raus aus dem Käfig auf der rechten Außenbahn, hinein in die Mitte, wo das Spiel tobt. Ein Sechser im Lotto auf eben der taktischen Sechserposition. Lahm war Guardiolas Lieblingsspieler. Der Katalane lobte unentwegt seine Spielintelligenz, seine Einsatzbereitschaft. Ich würde noch seine Fairness ins Spiel bringen wollen.
Selten, ja eigentlich nie, habe ich von ihm eine Blutgrätsche gesehen. Philipp Lahm behandelte auch sein Gegner mit Respekt. Ein in dieser immer unmenschlicheren Branche äußerst seltener Charakterzug. Manchmal spielte er auch links. Er spielte da, wohin ihn die Trainer stellten. Ohne Murren und immer auf höchstem Niveau.
Die Lücken rechts dann ohne Lahm konnte dann bloß noch Lahm schließen, weshalb er am Ende seiner Laufbahn und wohl auch in seinem letzten Spiel am Wochenende in Freiburg auf seiner gewohnten Position auflaufen wird. Nicht auf seiner Lieblingsposition, wohlgemerkt.

Vorbild in jeder Hinsicht

Philipp Lahm war ein vorbildlicher Profi. Aber das darf man bei Jahresgehältern im zweistelligen Millionenbereich auch verlangen. Und trotzdem hat man den gebürtigen Münchner, der beim FT Gern das Kicken lernte, nie mit den Unsummen in Verbindung gebracht, die der Fußball heutzutage generiert.
Philipp Lahm verkörperte stets auch Bodenständigkeit. Der Boulevard biss sich an ihm ebenso die Zähne aus wie die Führungsriege des FC Bayern, die ihn gerne sofort ins Management einbauen wollte nach seiner Karriere.
Philipp Lahm hat andere Pläne. Was ein Engagement in Zukunft beim FC Bayern nicht ausschließen muss. In welcher Form, wird sich zeigen.

Forever Lahm

Ich habe, während ich geschrieben habe, auch noch mal darüber nachgedacht, warum er wirklich nie "Fußballer des Jahres" geworden ist, warum wir, die Sportjournalisten also, ihm unsere Stimme versagt haben, als die Abstimmungszettel vor uns lagen.
Vielleicht liegt es daran, dass Lahm nie spektakulär war. Er war ja kein Torjäger, kein Dribbelkönig, kein Einpeitscher. Er war einfach immer da.
Für einen wie ihn gibt es keine Kategorie. "Fußballer des Jahres" wäre ja fast eine Beleidigung. Philipp Lahm war eine Institution. Ein wirkliches Vorbild. Spieler wie er - und davon gibt es immer weniger - muss man nicht mit Ehrungen überhäufen. Sie haben ihren Platz in den Herzen der Fußball-Fans gefunden. Forever.
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