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Borussia Dortmund ist nach dem 1:1 gegen Augsburg auf der Suche nach sich selbst

Jörg Hausmann

Update 28/02/2018 um 09:58 GMT+1 Uhr

Sportdirektor Michael Zorc war so sauer, dass er eine Trinkflasche in hohem Bogen wegkickte und seine Handschuhe - trotz Eiseskälte - zu Boden pfefferte. Borussia Dortmunds 1:1 daheim gegen den FC Augsburg ist formal ein Unentschieden, fühlt sich für Schwarz-Gelb aber wie eine Niederlage an. Zehn Bundesligaspiele vor Saisonende weiß der ehemalige Bayern-Jäger nicht, wo seine Reise 2017/18 endet.

BVB-Profi Piszczek und Trainer Stöger

Fotocredit: Imago

Das Positive: Unter Cheftrainer Peter Stöger, der am 10. Dezember 2017 überraschend vom designierten Absteiger aus Köln kam, hat der BVB keines seiner neun Bundesligaspiele verloren. Im Achtelfinale des DFB-Pokals lieferten die Dortmunder den Bayern in deren Arena noch vor Weihnachten einen aufopferungsvollen Kampf. Er wurde nicht belohnt. 1:2. Es ist die bisher einzige Pflichtspielniederlage Stögers mit den Westfalen.
In der Europa League räumten die Borussen im Sechzehntelfinale Atalanta Bergamo zur Seite. Aber eben nicht BVB-like, nicht mit begeisterndem Tempo- und Offensivfußball. Und das ist das Alarmierende, das Verstörende an Borussia Dortmund. Stöger weiß das und gab nach den 90 Minuten gegen Augsburg zu:
Wir hatten gehofft, mit der Entwicklung unserer Spielidee schneller voranzukommen.
Die Spielidee aber ist nicht zu erkennen. Ausgerechnet jetzt aber, im bitterkalt endenden Winter, hätten die treuen Anhänger des Kultklubs erwärmenden Fußball bitter nötig. Sie vermissen die mitreißenden Offensivspektakel, die ihnen die Mannschaft seit 2008 unter Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und auch noch Peter Bosz in der Mehrzahl bot.
Das müde 1:1 gegen den FC Augsburg bestätigte eine Minuskulisse, die eigentlich weggeblieben war, um dem DFB für seine Montagsspiele eins auszuwischen. Das Stadion müsste sich nunmehr als Konsequenz aus dem sportlichen Stillstand leeren. So war es jedenfalls früher, als die Bundesliga noch kein marketinggestyltes Hochglanzprodukt war.

Der Aderlass macht sich bemerkbar

Es kommt indes nicht von ungefähr, dass die Borussia auf der Stelle tritt: Noch immer ist die Elf mit großen Namen gespickt. Doch Leistungsträger wie Mats Hummels, Robert Lewandowski, Ilkay Gündogan, Henrikh Mkhitaryan oder Pierre-Emerick Aubameyang haben Dortmund in den letzten Jahren den Rücken gekehrt.
Marco Reus, Mario Götze und André Schürrle sind mehr oder minder lange ausgefallen oder nicht in Form gekommen. Nuri Sahin hat seine überragende Form vom Saisonbeginn eingebüßt. Der BVB kann den Heynckes-Bayern das Wasser nicht reichen. Aus ehemals drei Punkten Vorsprung (nach sechs Partien und einem 6:1 über Gladbach) sind nach 24 Partien (und dem 1:1 gegen Augsburg) deprimierende 19 Punkte Rückstand auf den Rekordmeister geworden.
Im Tor fehlt die Sicherheit, die Roman Weidenfeller über Jahre ausstrahlte. Roman Bürki, den Thomas Tuchel installierte, liefert mit unerklärlichen Aussetzern in beängstigender Regelmäßigkeit Futter, um die Sehnsucht des Dortmunder Anhangs nach Weidenfeller aufzufrischen. Davor fehlt der ehemalige Abwehrchef Hummels als ordnende Hand und zuverlässiger Passgeber. Bekanntermaßen gewinnt die Defensive Meisterschaften.
Die aktuelle Dortmunder Mannschaft ist davon, wie erwähnt, 19 Punkte weit entfernt. Und in der Offensive fehlt - expliziter Hinweis Stögers - Reus, Götze, Schürrle und Winter-Neuzugang Michi Batshuayi, bei allem Potenzial, der gemeinsame Spielrhythmus.

Schweres Programm für den BVB

Die personelle Besetzung aber ist nur ein Grund für die gefühlte Mittelmäßigkeit. Wenn, wie gegen Augsburg, sich die Einstellung des Personals der Kulisse und den Außentemperaturen anpasst, dann graut dem Dortmunder Fan vor dem Blick aufs Restprogramm: Mit Leipzig, Frankfurt, den Bayern, Schalke und Leverkusen warten im März und im April direkte Konkurrenten auf die Borussia.
Von der Europa League, in der es gegen Salzburg geht, mal ganz abgesehen. Es gilt, sich der Grundtugenden zu erinnern, die im Pott von alters her geschätzt werden: Kampf und Leidenschaft. "Wir verlangen von niemandem etwas Unmenschliches", bemerkte Stöger. Er attestierte seinem Team nach dem Remis gegen Augsburg ernüchtert Lustlosigkeit:
Es ist bitter, denn wir hätten ein Loch reißen können.
Ein Loch zu den Widersachern, die es auf Platz zwei abgesehen haben. Stöger aber wusste, dass sich seine Mannschaft nicht mehr verdient hatte als die Punkteteilung.
Wir haben keine Leidenschaft abgerufen. Ich hatte nicht das Gefühl, das alle alles unternehmen wollten, um dieses Spiel zu gewinnen. Ich bin heute überhaupt nicht zufrieden.
Die Vereinsführung ist es nichtsdestotrotz mit Stöger. BVB-Boss Hans-Joachim Watze betonte, der Österreicher bleibe hinsichtlich der Besetzung des Trainerpostens in der kommenden Saison "erster Ansprechpartner. Wir werden sicher nicht bis zum letzten Spieltag warten."
Wohin die Reise führt, scheint derzeit aber keiner zu wissen...
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