FC Schalke 04 - Trügerische Ruhe: Darum ist Königsblau kein Spitzenklub

Der FC Schalke 04 geht erstmals seit neun Jahren als Nummer zwei des deutschen Fußballs in die kommende Saison. Doch die für königsblaue Verhältnisse fast schon beängstigende Ruhe und Zufriedenheit im Verein ist trügerisch. Trotz einer sich anbahnenden Konstanz auf den Führungspositionen hat Schalke auch weiterhin mit einem Problem zu kämpfen, das die "Knappen" von einem Spitzenklub unterscheidet.

Domenico Tedesco

Fotocredit: Getty Images

Schalke 04 - bekannt als einer der unruhigsten Fußballvereine Deutschlands. Ein Klub, der konzentriertes Arbeiten auf der Trainerbank oder im Managerbüro in den vergangenen Jahrzehnten nur äußerst selten zuließ. Ein Klub, für dessen hochemotionale Fans "Königsblau" nichts Geringeres als Religion ist - was zur Folge hat, dass Aktionen von Spielern oder des Führungspersonals stets mit Argusaugen beobachtet und dementsprechend harsch kritisiert werden.
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Domenico Tedesco und Christian Heidel

Fotocredit: Imago

Aktuell herrscht auf Schalke Ruhe - es ist fast zu ruhig. Der sportliche Erfolg der vergangenen Saison hat ein trügerisches Gefühl der Zufriedenheit in Gelsenkirchen aufkommen lassen und gleichzeitig für langsam aufkeimende Aufbruchstimmung gesorgt. Es scheint zu laufen auf Schalke. Dazu passt auch, dass Erfolgs-Coach Domenico Tedesco erst kürzlich seinen Vertrag bis 30. Juni 2022 verlängerte.

Identifikationsproblem bleibt

"Ich habe ja immer gesagt, dass ich mich pudelwohl auf Schalke fühle“, begründete der 32-Jährige auf der vereinseigenen Homepage seine Entscheidung.
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Leon Goretzka (l.) und Max Meyer im Gespräch

Fotocredit: SID

Die Identifikation, wie sie der Trainer aktuell vorlebt, erwartet man auf Schalke auch von seinen Spielern. Doch vor allem die jungen, hochgelobten Talente aus der "Knappen"-Schmiede, der durchaus hochangesehenen Nachwuchsabteilung, bekannten sich in jüngerer Vergangenheit nur selten zum Arbeiterklub.

Tedesco packt Probleme an

Mit Max Meyer, Leon Goretzka und Thilo Kehrer verließen in diesem Sommer gleich drei junge Topspieler aus den eigenen Reihen den Verein, der ihnen beim Sprung auf die Bundesliga-Bühne verhalf. Ein Problem, dass im Umfeld und der Führungsetage kritisch gesehen wird. Für Trainer Tedesco ist das jedoch kein unübliches Schicksal.
Tedesco erklärte:
"Wenn es uns gelingt, gute Leistungen zu bringen, werden unsere Spieler auch umworben werden und es kann passieren, dass z.B. ein Leon Goretzka etwas anderes machen möchte."
Wirklich verbessern kann sich der Klub aber nur dann, wenn es gelingt, Identifikationsfiguren aus der eigenen Jugend auch langfristig zu binden. Julian Draxler, einst das Gesicht des neuen FC Schalke, sollte diese Rolle ebenso ausfüllen wie Meyer oder Goretzka. Das Ergebnis war aber stets dasselbe: die Spieler verließen den Verein zu einem frühen Karrierezeitpunkt.

Fast ein bisschen Understatement

Die namhaften Abgänge des Sommers kompensierte Sportchef Christian Heidel vorwiegend mit Zugängen, die den Kader in der Breite stärken sollen. Suat Serdar kam von Mainz 05, Omar Mascarell, der in der vergangenen Spielzeit an Eintracht Frankfurt ausgeliehen war, von Real Madrid, Salif Sané von Hannover 96 und Steven Skrzybski von Union Berlin. Als Top-Zugang gilt Mark Uth, der kein Geld kostete und ablösefrei von der TSG 1899 Hoffenheim in den Ruhrpott wechselte.
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Mark Uth - TSG Hoffenheim

Fotocredit: Imago

Transfers, die die Konkurrenz um den Platz hinter Serienmeister FC Bayern München (Borussia Dortmund, RB Leipzig, Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim) keineswegs in Angst und Schrecken versetzen. Schalke greift nach einer starken Saison nicht blind nach der Verfolgerrolle des Branchenprimus, sondern versucht vielmehr organisch zu wachsen - und das scheint der richtige Weg.
Schalke 04 habe viele Projekte, "die spannend und wichtig sind, u.a. das Scouting, die Ausrichtung der Nachwuchsabteilung", so Tedesco, der Impulse zur stetigen Verbesserung geben will.

Schalke ist kein Spitzenklub

Keine leichte Aufgabe für den Trainer, der in der kommenden Saison vor seiner bisher größten Prüfung steht. Zum ersten Mal wartet auf den jungen Übungsleiter eine Saison, in der neben Bundesliga und DFB-Pokal eine weitere schwierige Aufgabe wartet: die Champions League. Die Dreifachbelastung bereitete in der vergangenen Spielzeit schon RB Leipzig im Ligaalltag Probleme.
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Salif Sané vom FC Schalke 04

Fotocredit: Imago

Wenn es den Schalkern gelingt, trotz dreier Wettbewerbe das Niveau im Tagesgeschäft Bundesliga einigermaßen zu halten, kann der Verein den nächsten Schritt hin zu einem echten Spitzenklub machen. Und das bedingt auch, dass es Spieler deutlich leichter fällt, sich mit Königsblau in ähnlichem Maße zu identifizieren wie es Tedesco vorgemacht hat und sich Fans und Verantwortliche das vorstellen.
Gelingt das nicht, werden die besten Spieler auch in Zukunft nur selten lange auf Schalke spielen. Dauerhafter Erfolg kann sich so nicht einstellen.
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