Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

FC Bayern: Der Masterplan in der Corona-Krise

Florian Bogner

Publiziert 10/04/2020 um 21:25 GMT+2 Uhr

Während andere Vereine in Zeiten der Coronavirus-Pandemie um ihr Überleben fürchten müssen, gibt der FC Bayern München ein stabiles Bild ab und überlegt sogar, wie man gestärkt aus der Krise hervorgehen kann. Vertragsverlängerungen demonstrieren Beständigkeit, öffentliche Statements sind getragen von wohlüberlegten Handlungen und Solidaritätsgedanken. Bayerns Masterplan scheint aufzugehen.

Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn - FC Bayern München

Fotocredit: Imago

Krise? Welche Krise?
Der FC Bayern München hat wirtschaftlich sicher die besten Voraussetzungen aller deutschen Vereine, die Coronavirus-Pandemie zu überstehen; diese Position der Stärke nutzt der Fußball-Branchenprimus aktuell aber auch sehr gewieft aus.
"Ich sehe uns mit dem Kader schon vorne mit dabei", sagte Thomas Müller am Donnerstag in einer Videoschalte - wohlgemerkt auf einen erträumten Champions-League-Sieg bezogen.
Die Krise würden die Vereinsoberen derzeit gut moderieren, den Spielern nach wie vor bestmögliche Bedingungen liefern, so Müller:
Man sieht, wie gut und strukturiert alles organisiert ist. Ich weiß nicht, ob viele Vereine auf der Welt das so gewährleisten können wie der FC Bayern.
Bayerns Masterplan in fünf Punkten.
Auch interessant:

Sofortmaßnahmen ergreifen

20 Prozent Gehaltsverzicht der Top-Verdiener im Klub, Home-Office für die Mitarbeiter, Cybertraining für die Spieler, tägliche Krisenmeetings der Vorstände – all das haben die Bayern relativ schnell und reibungslos umgesetzt. Das neue Vorstandsmitglied Oliver Kahn tat sich hier erstmals als "Krisenmanager" hervor und wurde umgehend von Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß gelobt. "Oliver gibt viel Input, er ist eine Bereicherung in jeder Diskussion", sagte auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic. "Er agiert sehr durchdacht", fügte Müller am Donnerstag hinzu: "Wie alle hier bei Bayern macht er einen zielstrebigen, aber auch entspannten Eindruck."
Dass die vier aktuellen Champions-League-Teilnehmer dem Rest der Bundesliga eine 20-Millionen-Euro-Soforthilfe anboten, wurde indes von Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge initiiert. Präsident Herbert Hainer bestätigte am Mittwoch den Bayern-Willen, dass in der Corona-Krise "die stärkeren Vereine auch die etwas schwächeren stützen" müssen.
picture

Müller lobt Kahn: "Zielstrebig aber entspannt"

Was natürlich auch intern gilt. "Vorstand, Aufsichtsrat, Trainer und Mannschaft haben mit ihrem Verzicht von 20 Prozent ihres Gehalts gezeigt, dass es heute mehr denn je um Solidarität geht", sagte Kahn: "Sie demonstrieren damit außerdem: Mir ist es nicht egal, was mit meinem Arbeitgeber, meinem Verein passiert." Für die Vereinsführung habe es Priorität, die Mitarbeiter nicht alleine zu lassen. Man spräche "nicht umsonst immer von der Bayern-Familie". Zudem gehe es darum, "die potenziellen Auswirkungen der Corona-Krise für den Klub und den Fußball im Allgemeinen zu minimieren".

Stärke demonstrieren

Während sich andere Vereine – auch in der europäischen Spitzenklasse – noch mit Essenziellem auseinandersetzen müssen, wurden bei Bayern schon wieder Nägel mit Köpfen gemacht. Die Vertragsverlängerungen mit Hans-Dieter Flick und Thomas Müller bis 2023 stellten Weichen und demonstrierten auch Stärke: Seht her, wir sind handlungsfähig und planen bereits die Zukunft.
Unterschriften von Thiago (bis 2023?), Manuel Neuer (bis 2024?), David Alaba (2025?) sollen folgen. "Manuel Neuer und Thomas Müller sind Identifikationsfiguren des Klubs, die für Erfolg und Kontinuität stehen", sagte Kahn zuletzt nicht umsonst staatstragend.
picture

Kahn: Das macht Müller so wertvoll für den FC Bayern

Die Bayern haben durch die nun forcierten Gespräche vielleicht aber auch einen Stein mehr bei den Spielern im Brett. "Gerade in der jetzigen Situation weiß man zu schätzen, dass man Arbeitnehmer beim FC Bayern ist", sagte Flick aus eigener Erfahrung.
"Mit dieser Gesamtkonstellation haben wir schon das Gefühl: Wir wollen bei diesem Projekt weiter dabei bleiben", sagte Müller.
Der Bayern-Trainer ist deshalb auch sehr zufrieden mit dem Stand der Planungen. Flick sagte:
Wir sind auf einem sehr guten Weg, haben eine super Basis.
picture

"Zwei Spitzen sind eine Option": Flick heizt Werner-Spekulationen an

Ruhe bewahren

Panisch wirkt angesichts der immer noch nicht abzusehenden Spielpause beim FC Bayern niemand. Obwohl "die Einnahmen aller Klubs praktisch auf null zurückgefahren" seien, sagte Rummenigge zuletzt:
Ich kann Ihnen versprechen: Der FC Bayern ist sehr gut aufgestellt.
Dass sie in München dennoch auf die baldige Fortsetzung der Bundesliga-Saison pochen, hat neben dem eigenen finanziellen Interesse aber durchaus auch solidarische Gründe. "Die starken Schultern müssen die schwächeren Schultern stützen", sagte der Bayern-Boss. Man selbst habe sich "in den vergangenen Jahren gewisse Reserven schaffen" können, so Rummenigge, "und gerade dieser Fakt ermöglicht, dass wir in dieser großen Krise solidarisch zusammenstehen."
Die Mannschaft ist derweil angehalten, vorbildlich und diszipliniert mit der Situation umzugehen. Schert einer aus, gibt es Geldstrafen – so wie für Jérôme Boateng. "Jeder, der unseren Sport liebt, wünscht sich natürlich, dass es möglichst bald wieder auf den Rasen geht", sagte Rummenigge. Wann das sein werde, könne jedoch keiner seriös voraussagen. Sein frommer Wunsch bleibt jedoch:
Wenn es soweit ist - natürlich in enger Abstimmung mit der Politik - kann der Fußball hoffentlich dazu beitragen, dass wir langsam und behutsam in die Normalität zurückfinden.
Und Müller sagte: "Wir wollen alle Fußball spielen – aber nur unter den Gesichtspunkten, die das sinnvoll zulassen."

Professionell arbeiten

Die Umstellung auf "Cybertraining" klappte gut, alle Spieler wurden vom Verein mit Fitnessgeräten und dem nötigen technischen Equipment ausgestattet, um online an taktischen Besprechungen und Trainingssessions teilnehmen zu können. Dass sich Ex-Spieler wie Bastian Schweinsteiger und Arjen Robben als Überraschungsgäste dazu schalteten, hob die Laune.
picture

Schweinsteiger überrascht Bayern-Stars beim Cyber-Training

"Wir versuchen das Beste draus zu machen, auch wenn es kein leichtes Unterfangen ist", sagte Müller: "Wir trainieren nicht stupide immer das gleiche. Ich hatte wohl selten eine so gut trainierte Bauchmuskulatur wir jetzt. Wir hatten zwischendrin auch mal einen Ballartisten dabei und haben zuhause die Vasen attackiert. Auch mit den Special Guests bringt das Auflockerung mit rein."
Die Spieler hätten die Übungen mit Engagement und Konzentration ausgeführt, "das hat uns sehr gut getan", sagte Flick, der seit Montag zumindest wieder kleine Gruppen über den Rasen scheuchen kann.
Die Gesundheit der Spieler stehe bei Bayern logischerweise "an vorderster Stelle, das ist überhaupt keine Frage", sagte Präsident Hainer, "aber die Spieler wollen wieder raus auf den Rasen. Außerdem haben wir an der Säbener Straße natürlich bessere Trainingsmöglichkeiten als zuhause."
picture

FC Bayern wieder im Training: So lief die erste Einheit

Klar ist: Gibt's einen Restart der Saison, werden die Karten völlig neu gemischt. In Champions League und DFB-Pokal stehen dann aber gleich K.o.-Spiele an, in der Bundesliga ist der Vorsprung nur knapp. Heißt: Bayern will bestmöglich vorbereitet sein. "Wir haben den Fokus auf Erfolg", sagt Flick: "Das ist unsere Aufgabe, daran lassen wir uns messen."
Das sei man im Übrigen auch den Fans schuldig. Kahn:
Wir können auf jeden Fall versprechen, dass wir alles dafür tun, dass der FC Bayern, wenn es soweit ist, seinen Anhängern wieder Freude vermitteln - und natürlich auch wieder Titel anvisieren wird.

Potenziale ausloten

In jeder Krise liegt auch eine Chance – so sehen sie es zumindest bei den Bayern. "Eine Krise ist immer ein Resilienz-Test", sagte Kahn:
Sie zeigt, wie wir als Klub und alle Beteiligten mit dieser Veränderung umgehen. Gelingt es uns, solche Schocks zu absorbieren, besteht eine große Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Es gibt auch eine Welt nach Corona.
Heißt im Klartext: Die Bayern schauen derzeit sehr genau drauf, wo sie sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der (internationalen) Konkurrenz verschaffen können – sei es durch Lobbyarbeit, aber auch durch eine Neuausrichtung der Transferpläne. Will sagen: Was vor dem Coronavirus unwahrscheinlich war, wird in punkto Ablöse vielleicht wahrscheinlicher.
picture

Sollen den FC Bayern in Zukunft gemeinsam zu Erfolgen führen: Hansi Flick, Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn (v.l.n.r.)

Fotocredit: Imago

"Seit langer Zeit entwickeln sich Ablösesummen und Gehälter der Spieler in ungesunder Größenordnung. Das Coronavirus und die daraus resultierende weltweite Krise wird dazu führen, dass dieses 'Immer teurer, schneller, mehr' zumindest gestoppt wird", schrieb Rummenigge im Mitgliedermagazin "51". Seine Prophezeiung lautet:
Nachfrage und Angebot werden den Transfermarkt regulieren und neu ausbalancieren.
"Flatten the curve" hieße es demnach auch bei den Gehältern. "Die absoluten Top-Spieler werden auch weiterhin ihren Markt haben", vermutete Rummenigge im Gespräch mit der "Sport Bild: "Ob dieser sich allerdings weiterhin in den bekannten extremen Größenordnungen bewegt, darf bezweifelt werden. Auch was die extremen Gehälter betrifft, wäre ein Abflachen die logische Folge."
Wie sich das positiv auf den FC Bayern auswirken könnte, wird derzeit noch evaluiert. "Es gehört zur Kultur des FC Bayern, intern hart in der Sache zu diskutieren", sagte Kahn: "Dabei sind wir uns aber absolut einig darüber, dass am Ende der Klub immer über allem steht. Entscheidend für mich ist, dass wir in eine Richtung marschieren, um die Mannschaft weiterzuentwickeln."
Das könnte Dich auch interessieren: Havertz hat sich offenbar für neuen Verein entschieden
picture

Top-Klubs stehen Schlange: Wettbieten um Bayern-Star Tolisso

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung