Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

BVB: An diesen Stellschrauben muss Neu-Trainer Terzic nach dem Favre-Aus drehen

Luca Baier

Update 15/12/2020 um 12:05 GMT+1 Uhr

Edin Terzic übernimmt den BVB. Der bisherige Co-Trainer beerbt seinen Chef Lucien Favre und soll den Dortmundern neues Leben einhauchen. Viel Zeit zur Vorbereitung bleibt dem Interimstrainer nicht – schon am Dienstagabend (ab 20:30 Uhr im Liveticker bei Eurosport) muss der BVB bei Werder Bremen antreten. Eurosport.de analysiert im Taktik-Check, an welchen Stellschrauben Terzic zuerst drehen muss.

Gibt beim BVB ab sofort die Richtung vor: Neu-Trainer Edin Terzic (vorne)

Fotocredit: Getty Images

Das größte Problem der Borussia war zuletzt, dass man gegen vermeintlich schwächere Mannschaften nicht mehr so souverän gewinnen konnte wie es für eine Spitzenmannschaft angemessen wäre.
In den vergangenen Wochen kamen nicht einmal klassisch "dreckige" Pflichtsiege gegen die Underdogs zustande, die Schwarzgelben verloren sowohl gegen den sportlich totgeglaubten 1.FC Köln und ließ sich am vergangenen Wochenende von Aufsteiger Stuttgart vorführen.
Ein Blick auf die Statistik weist Dortmund eigentlich als absolutes Spitzenteam aus: Kein Team hat mehr Ballbesitz, keiner hat eine bessere Passquote und auch kein anderes Team kommt pro Ligaspiel auf so viel Torschüsse. Die Zahlen lassen Dominanz vermuten – doch sie täuschen. Zu oft gibt es beim BVB gegen schwächere Teams eine waschechte Scheindominanz zu sehen.
Mit viel Ballbesitz, einer hohen Passquote und auch etlichen Torschüssen – klare Chancen waren zuletzt aber Mangelware. Der freie Journalist und Taktik-Experte Tobias Escher erkannte ein interessantes Muster bei BVB-Niederlagen unter Favre: In acht Spielen gegen individuell unterlegene Gegner verlor Dortmund trotz mindestens 69 Prozent Ballbesitz. Bei 15 Niederlagen unter Favre insgesamt machen diese Patzer gegen Mannschaften aus unteren Tabellenregionen einen erheblichen Anteil aus.

BVB: Terzic präferiert Vollgasfußball à la Klopp

Nach dem oft sehr kontrollierten, teilweise langsamen und abwartenden Fußball unter Favre scheint sich die Dortmunder Fußballseele nach einer Rückkehr zum von Jürgen Klopp propagierten Vollgasfußball zu sehen.
"Es gibt zwei Arten, wie man ein Spiel gewinnen kann: Einmal kannst du ein Tor weniger kassieren als der Gegner. Ich bin aber eher dafür, ein Tor mehr zu schießen", Terzics erste Aussage zu seiner Spielphilosophie darf die BVB-Fans hoffen lassen. Doch was ist überhaupt nötig, um den Spirit aus der Ära Klopp zurück in die Mannschaft zu bringen?
Dass Dortmund zuletzt zu langsam spielte, war ein Symptom einer zu breit aufgefächerten Formation. Die Dreierkette stand sehr breit, sodass die äußeren Innenverteidiger teilweise in Räumen agieren mussten, in denen sich sonst Außenverteidiger aufhalten.
Auch die Viererreihe im Mittelfeld hatte große Abstände untereinander. Zwar konnte man den Gegner in diesem Bereich gut laufen lassen, letztlich hatte diese Raumaufteilung aber mehr Nachteile als Vorteile.
picture

Stuttgart-Debakel nicht entscheidend: Zorc über das Favre-Aus

Borussia Dortmund: Systemumstellung denkbar

Die Passwege waren zuletzt zu weit, sodass nur schwer Tempo aufkommen konnte. Nach Ballverlusten stand der BVB wegen der breiten Positionierung sehr offen, die Gegner konnten oftmals gefährlich kontern – da reichten auch mal unter 30 Prozent Ballbesitz für einen Sieg gegen den BVB.
Gut möglich, dass Terzic auf ein System mit Viererkette umstellt, das 4-2-3-1 scheint die logischste Wahl für den aktuellen Kader zu sein. Emre Can ist dann wieder ein Kandidat für seine Paradeposition im Mittelfeldzentrum. Mit seinen Läufen in die gegnerische Box und seiner Körperlichkeit brächte er ein neues Element in das BVB-Spiel. Witsel wäre in diesem Fall der organisierende, aufbauende Part der Doppelsechs, der zudem für die Konterabsicherung wichtig ist.
Auch ohne den verletzten Erling Haaland hat Terzic auf den vier Offensivpositionen die Qual der Wahl. Dabei ist die Systemfrage letztlich nachrangig. Neben Talent Moukoko kann er auch andere Spielertypen ins Sturmzentrum stellen. Wichtig ist, dass die Offensivspieler wieder näher beieinander agieren dürfen – und auch mal ihre Position verlassen.
Akteure wie Marco Reus, Julian Brandt, Thorgan Hazard, Jadon Sancho oder Giovanni Reyna können ihre Stärken vor allem dann ausspielen, wenn sie in engen Räumen schnelle Doppelpässe spielen können. Ziehen sie mit ihren Kombinationen die Aufmerksamkeit des Defensivblocks auf sich, werden sich auf der ballfernen Seite Räume öffnen, die ein offensiv ausgerichteter Außenverteidiger wie Raphaël Guerreiro nutzen kann.
picture

Edin Terzic war vor seiner Beförderung zum Interimstrainer bereits unter Lucien Favre als Co-Trainer tätig

Fotocredit: Getty Images

BVB: Kürzere Wege = Höheres Tempo mit und gegen den Ball

Kleinere Abstände zwischen den einzelnen Spielern sind nicht nur Grundlage für ein höheres Spieltempo durch kürzere Passwege, sondern auch für das so wichtige Gegenpressing. Das sofortige Jagen des Gegners nach Ballverlusten, um dann im Idealfall selbst auf kurzem Wege zum Tor zu kommen, ging dem BVB zuletzt klar abhanden.
Mit einer besseren Struktur in Ballbesitz werden die Wege wieder kürzer und Offensivkünstler wie Reus und Co. müssen nur wenige Sekunden in vollem Tempo nachsetzen, anstatt 40 Meter zurückzulaufen und im Block zu verteidigen.
Gerade gegen die vielen konterstarken Gegner ist ein aggressives, aber gut organisiertes Gegenpressing mindestens genauso wichtig wie ein zielstrebiger Ballbesitz.
Auch wenn die Systemfrage offen ist, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Terzic seine Mannschaft nicht mehr so breit aufgefächert agieren lässt wie sein Vorgänger.
Eurosport-Check: Terzic muss dem BVB neues Leben einhauchen. Gut möglich, dass er im Vergleich zu Favres 3-4-3 einen Innenverteidiger opfert und im 4-2-3-1 oder 4-3-3 einen zusätzlichen Offensivspieler aufstellt.
Wichtiger als diese Zahlenspiele ist allerdings die Raumaufteilung auf dem Platz. Dort müssen wieder kürzere Abstände her: So wird ein schnelleres Spieltempo forciert und die Kombinationsfreude angeregt.
Aus dieser Positionierung fiele das so wichtige Gegenpressing leichter – für die Konterabsicherung ein unverzichtbarer Faktor. Spielfreude auf der einen, Intensität auf der anderen Seite: Diese beiden Faktoren muss Terzic durch ein passendes taktisches Grundgerüst fördern und einfordern, damit es wieder aufwärts geht mit dem BVB.
picture

Zorc verrät: Das zeichnet BVB-Interimstrainer Terzic aus

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung