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FC Schalke 04: Chaos-Tag drückt den Klub Richtung 2. Liga

Tobias Hlusiak

Update 25/11/2020 um 19:36 GMT+1 Uhr

Suspendierungen, sportliche Offenbarungseide in Serie, Entlassungen auf Funktionärsebene - bei Bundesliga-Schlusslicht FC Schalke 04 regiert das Chaos. Allein am Dienstag wurde der Vertrag mit Sommerneuzugang Vedad Ibisevic aufgelöst, in Amine Harit und Nabil Bentaleb zwei weitere Stars suspendiert und Kaderplaner Michael Reschke entlassen. Es riecht nach purer Verzweiflung. Rette sich, wer kann.

Schalke dementiert Stambouli-Fehlverhalten

Fotocredit: SID

Der FC Schalke 04 war schon immer ein Verein, der für Gesprächsstoff sorgte. Ob positiv oder negativ: Beim Kultklub aus dem Ruhrgebiet war immer etwas los. Gerade das macht den Mythos der "Königsblauen" bis heute aus.
Was aktuell aber rund ums Berger Feld vor sich geht, dürfte selbst in der langen S04-Vereinsgeschichte seinesgleichen suchen. Am Dienstag wurden gleich mehrere Notbremsen gezogen, um den drohenden harten Aufprall in Liga zwei noch irgendwie abzuwenden.
Ob eine davon greift, muss sich erst noch zeigen.
"Schalke ist ein Verein der Extreme: Wir lieben uns besonders, wenn es gut läuft, aber aktuell zerfleischen wir uns ein Stück weit, da es sportlich nicht läuft. Das hilft dem Verein allerdings nicht", fasst Sportvorstand Jochen Schneider in der "SportBild" zusammen.
Die Übersicht kann man bei all den lodernden Bränden auf dem Schalker Vereinsgelände aber leicht verlieren. Wir versuchen deshalb, den Durchblick zu bewahren.
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Amine Harit - FC Schalke 04

Fotocredit: Imago

Schalke: Team außer Rand und Band

Noch im Sommer wurde Schalke für den Transfer des erfahrenen Stürmers Vedad Ibisevic bewundert. Für ein - im ligavergleich fast lächerlich wirkendes - Taschengeld von monatlich unter 10.000 Euro, wollte der Bosnier in Zukunft für die "Knappen" spielen.
Das tat er dann auch. Knapp 80 Tage lang. Am Dienstag wurde sein Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen zum Jahresende aufgelöst.
Die Trennung von Ibisevic habe "überhaupt nichts mit dem emotionalen Ausbruch im Training am vergangenen Sonntag" zu tun, betonte Schneider. Stattdessen habe es "leider hier auf Schalke nicht so gepasst, wie wir uns das gemeinsam versprochen haben".
Worauf Schneider anspielte, war die "körperliche Auseinandersetzung", die Ibisevic mit Co-Trainer Naldo hatte. Ein deutliches Signal dafür, wie sehr es in der Mannschaft rumort.
Tatsächlich soll die Trennung vielmehr von Ibisevic selbst ausgegangen sein. Dieser habe - so schreibt es der "Kicker" - womöglich gemerkt, "in was für ein Tollhaus er da in Gelsenkirchen wirklich hineingeraten ist".

Bentaleb sammelt Suspendierungen

Auch Nabil Bentaleb und Amine Harit werden in naher Zukunft nicht mehr für Schalke spielen. Beide wurden suspendiert. Während die Möglichkeit einer Rückkehr für Harit aber bestehen soll, ist die Trennung von Bentaleb im kommenden Sommer schon jetzt beschlossene Sache.
"Wir müssen feststellen, dass Schalke und Nabil Bentaleb offensichtlich nicht zusammenpassen", erklärte Schneider. Angesichts von fünf Suspendierungen seit 2016 keine kühne These.
Interessant: Seine neuerliche Ausbootung soll keinen direkten Auslöser gehabt haben. Der 26-Jährige passt ganz einfach nicht ins Gefüge.
Anders stellt sich die Sachlage bei Benjamin Stambouli dar. Er musste zwar zum Rapport erscheinen, darf und soll aber weiter Teil des Teams sein. Die Anschuldigungen, er habe während der Niederlage gegen Wolfsburg das Stadion weit vor Abpfiff verlassen, wurden als "Falschmeldung" enttarnt.
Um dies festzustellen durchforsteten die Verantwortlichen Videobänder der Überwachungskameras und befragten Zeugen, um schließlich zu verkünden, Stambouli habe erst "weit nach Schlusspfiff und zusammen mit Omar Mascarell sowie Goncalo Paciencia" die Arena verlassen.
Auch dies wirkt alles andere als souverän.
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Die Negativserie für Schalke 04 und Trainer Baum hält an

Fotocredit: SID

Trainerteam machtlos gegen sportliche Talfahrt

Der 17. Januar dieses Jahre war ein Freitag. Damals eröffnete der FC Schalke die Rückrunde der Saison 2019/20 - und gewann gegen Borussia Mönchengladbach. Eigentlich gar nichts besonders. Wenn es nicht doch so besonders wäre.
Denn seitdem kam kein weiterer Sieg in der Bundesliga hinzu. Seit mittlerweile 24 Spielen hat S04 nicht gewonnen. Damit steuert man unaufhaltsam auf den Negativrekord von Tasmania Berlin zu. Der legendär schlechte Hauptstadtklub hatte in grauer Vorzeit mal 31 Spiele ohne eigenen Erfolg angehäuft.
Spielt Schalke weiter so erfolglos wie in den letzten Monaten, ist der Tasmania-Rekord am 9. Januar erreicht - und der vierte Abstieg in der Vereinsgeschichte wohl unausweichlich.
Denn aktuell liegt man mit drei Punkten nach acht Spielen auf dem letzten Tabellenplatz. Der früh in der Spielzeit vollzogene Trainerwechsel von David Wagner hinzu Manuel Baum ist ohne nennenswerten Effekt verpufft.
Im Gegenteil: Der Trainer soll - glaubt man Stimmen aus dem Umfeld des Vereins - keinen sonderlich guten Stand bei der Mannschaft haben. Seine lehrerhafte Art komme nicht an, heißt es. Auch taktisch habe er keinen klaren Plan vermitteln können.
Harits Suspendierung soll eine Respektlosigkeit gegenüber Baum vorausgegangen sein. Fast wie Hohn wirkte da der Instagram-Post des Spielers, der kurz nach seiner Ausbootung verbreiten ließ: "Nur als Einheit werden wir es schaffen." Er selbst arbeite "seit Monaten sehr hart dafür, wieder auf mein bestes Niveau" zu kommen.
Die Bosse wollen nun den Fokus auf die letzten fünf Ligaspiele bis Weihnachten legen. Sie dürften nicht nur für Baum, sondern den ganzen Klub richtungsweisend sein.
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Michael Reschke - FC Schalke 04

Fotocredit: Getty Images

Vereinsbosse wirken maximal überfordert

"Es geht hier nicht um Einzelschicksale, sondern ausschließlich um den Klassenerhalt unseres Vereins", sagte Sportvorstand Schneider: "Dem ist alles unterzuordnen. Dabei stehen der Teamgedanke und das Miteinander absolut im Vordergrund."
Große Worte, denen kurz darauf auch Taten folgten. Kaderplaner Michael Reschke, dessen Vertrag noch bis 2022 lief, muss den Verein mit sofortiger Wirkung verlassen.
Schneider bedankte sich bei Reschke zwar für dessen "geleistete Arbeit in alles anderen als einfachen Zeiten". Er sagte jedoch, dass es zuletzt "unterschiedliche Auffassungen über die sportliche Zukunft des Vereins" gegeben habe. Die Trennung sei daher alternativlos.
Die Gräben zwischen den Entscheidern waren über die Monate schlichtweg zu tief geworden. Auch weil sich die Führungsstruktur des Vereins in den vergangenen turbulenten Monaten immer wieder änderte.
Clemens Tönnies, Peter Peters und Reschke verließen den Klub aus verschiedensten Gründen, immer aber mit viel Getöse. Die Vorstände Schneider und Alexander Jobst sind nun übrig, wirken aber schwer angeschlagen. Ob sie das Ruder herumreißen können, ist mindestens fraglich.
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Vom Spieler zum Co-Trainer beim FC Schalke: Naldo

Fotocredit: SID

Schalke: Wirtschaftlicher Kollaps droht

Auch weil den Klub Verbindlichkeiten in Höhe von rund 240 Millionen Euro belasten. Ein Abstieg in die zweite Bundesliga käme auch deshalb einer Katastrophe gleich.
In diesen Zusammenhang passt ein Brandherd, der alle oben beschriebenen Felder miteinander verbindet.
Angeblich - so berichtet "SportBild" - soll ein Streit um offene Champions-League-Prämien aus der Saison 2017/2018 schwelen. 80.000 Euro pro Spieler stehen im Raum.
Die Vereinbarung sei mündlich mit dem damaligen Manager Heidel ausgehandelt worden sein. Weil die heutige Vereinsführung davon aber nichts wissen will, drängt die Mannschaft Co-Trainer Naldo dazu, die Vorgänge von vor drei Jahren zu bezeugen.
Dieser war damals noch Spieler und weiß von dem Versprechen. In seiner neuen Rolle will er dem Verein nun aber nicht in den Rücken fallen. Und nun?
Klingt äußerst verfahren. Wie die Gesamtsituation beim FC Schalke in diesen Tagen.

EXTRA TIME - Der Eurosport-Podcast:

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