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Der LIGAstheniker: Warum Oliver Kahn den FC Bayern München wie einen DAX-Konzern führt

Thilo Komma-Pöllath

Update 21/03/2022 um 14:50 GMT+1 Uhr

Den aggressiven und zornigen Torhüter hat sich Oliver Kahn in seiner neuen Rolle als Bayern-Boss abtrainiert. Doch die Arroganz als seine Waffe hat sich der Vorstandsvorsitzende beibehalten. Nach außen wirkt er oft kühl und distanziert - und regiert beim Rekordmeister nüchtern und emotionslos. Der LIGAstheniker meint: Der Vorstandsvorsitzende führt den FC Bayern wie einen DAX-Konzern.

Bayern-Boss Oliver Kahn

Fotocredit: Getty Images

Liebe FußballfreundInnen,
dass sich das Zwischenmenschliche und das Hyperegoistische beim FC Bayern schon traditionell in eine so gewinnbringende Waage bringen konnte, hatte immer auch mit der bayerischen Lebensart zu tun.
Nichts anderes meint "Mia San Mia": Der Bazi ist immer auch ein Sympathikus, siehe nur Uli Hoeneß oder Franz Beckenbauer.
"Das Zwischenmenschliche" also sei nun verloren gegangen, hat das Bundesliga-Orakel "Loddar" kundgetan. Matthäus' Passion, sich immer wieder mit den Bayern anzulegen ist bewundernswert.
Diesmal meint er den neuen CEO Oliver Kahn, der bekanntlich Badenser ist und gar kein Bayer, von wegen Lebensart. Schon allein deshalb eine Zeitenwende, so muss man Matthäus wohl verstehen.

Theater um Robert Lewandowski

Es geht um Kahns Umgang mit dem Weltspieler Robert Lewandowski und dessen möglicher Weiterverpflichtung über seinen derzeit gültigen Vertrag bis Sommer '23 hinaus. Gespräche über eine Vertragsverlängerung hat es bisher offenbar nicht gegeben, intern ist zu hören, dass "Lewy" not amused sei und vorsorglich schon mal kundgetan haben soll, die Bayern verlassen zu wollen.
So zumindest geht die These des anderen TV-Orakels Jan Age Fjörtoft, der allerdings sein eigens Spielchen treiben dürfte. Als Vertrauter von Erling Haaland könnte er Lewandowskis Gemütslage öffentlich nutzen, um Haaland an die Isar zu lotsen.
Klar scheint nur: Der 33-jährige Lewandowski will bei seinem letzten großen Profivertrag noch mal in die Vollen gehen, offensichtlich ist Bayern-Chef Oliver Kahn kein großer Risiko-Bowler.
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Vorstandschef Oliver Kahn vom FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

Kahn ist mehr Rummenigge als Hoeneß

Das Zwischenmenschliche, gut, da kann man sagen, das war nie Kahns große Stärke. Eher das Eingemachte.
Als Spieler ist er den Kollegen in der Schlussphase seiner Karriere gerne mal auf die "Eier" gegangen, er wollte so trainieren, dass noch genügend Zeit für den Golfplatz blieb, so hat es später Felix Magath erzählt, kaum ein Mitspieler, der noch mit ihm konnte.
Heute ist der Titan CEO und da bedarf es anderer kommunikativer Stilmittel - im Verein und mit der Öffentlichkeit.
Aber welcher? So ganz gefunden hat sich der neue Bayern-Chef noch nicht.

Warum charmant, wenn's auch arrogant geht

Das Aggressive und Zornige hat er sich abtrainiert, das kann man sehen, er macht auf ruhig und gelassen, fast defensiv, das wirkt zuweilen sehr bemüht, ein empathischer Charmebolzen wird nicht mehr aus ihm. Kahn ist die logische Nachfolge von "Killer-Kalle" Rummenigge, einer wie Hoeneß wird er nie.
Und wenn er so richtig angefressen ist, so wie jetzt im Clinch mit Matthäus, dann blitzt noch mal der alte Kahn durch. Lothar sei sicher ein guter Fußballexperte, meinte er gerade in einem Zeitungsinterview, aber er habe leider so gar keine Ahnung, wie man einen Weltverein zu führen habe.
Kahns Waffe war immer die der Arroganz.

Kahns Bayern ist ein Dax-Konzern

Die öffentliche Figur Kahn hat schon immer suggeriert, dass sie sich alles zutraut, dass sie alles kann. Das hat viel mit dem eigenen Ego zu tun und damit, dass es nur wenige gibt, die es mit seinem Sendungsbewusstsein aufnehmen können und sich ihm widersprechen trauen.
Nach außen hin wirkt das kühl und distanziert. Also das genaue Gegenteil von "Mia San Mia".
Nach seiner aktiven Karriere hat er an einer Privatuni BWL studiert und mit einem MBA abgeschlossen, sein Steckenpferd das "strategische Management". Schaut man sich das erste halbe Jahr seines Chefdaseins an, kann man den Eindruck gewinnen, er möchte den FC Bayern am liebsten wie einen Dax-Konzern führen: nüchtern, emotionslos, renditegetrieben.
Aber: Geht das überhaupt?

Transferfallen Lewandowski, Müller, Neuer

Wohl kaum.
Im Fußball geht es nicht um das kurzfristige Quartalsergebnis, es geht um die Saisonperspektive - und darüber hinaus. Seinen unentschiedenen, fast naiven Auftritt bei der letzten Jahreshauptversammlung zur Katar-Frage ist in München nicht vergessen, die Wut der Fans immer noch groß. Und jetzt stolpert er sehenden Auges in drei offene Transferfallen hinein, die gehörigen Zündstoff bieten.
Robert Lewandowski, Thomas Müller und Manuel Neuer sind nicht irgendwer, sie sind das Herz des Bayernspiels. Die Vertragsfragen dazu lassen sich mit kalter Pragmatik allein gar nicht lösen.
Will er nicht Gefahr laufen, dass ihm die Anhängerschaft die Gefolgschaft verweigert, weil sie ihm den Job nicht mehr zutrauen, wird er zwei der drei in München halten müssen - koste es, was es wolle.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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