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FC Bayern: Neuzugang Daley Blind rechnet mit Ajax Amsterdam ab: "Es war etwas Persönliches"

Dennis Melzer

Update 20/01/2023 um 15:01 GMT+1 Uhr

Daley Blind wechselte zu Beginn des neuen Jahres überraschend von Ajax Amsterdam zum FC Bayern. Schnell war klar, dass die Trennung zwischen ihm und seinem langjährigen Herzensklub nicht sonderlich sauber über die Bühne ging. Wie tief die Gräben am Ende tatsächlich waren, blieb jedoch zunächst im Dunkeln. Jetzt rechnete der niederländische Nationalspieler mit seinem Ex-Arbeitgeber ab.

Daley Blind wechselte von Ajax zum FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

"So hatte ich mir mein Ende bei Ajax nicht vorgestellt, aber aufgrund der Umstände ist es nun so gekommen." Daley Blinds Worte bei Twitter nach seinem Weggang aus Amsterdam ließen bereits darauf schließen, dass die Beendigung der Beziehung nicht im Guten erfolgt war.
Blind war Ajax - und Ajax war Blind. Der Sohn des ehemaligen Nationalspielers Danny Blind kam schon als Siebenjähriger in die hochdekorierte Nachwuchsabteilung des niederländischen Rekordmeisters, durchlief sämtliche Jugendmannschaften, ehe er mit 18 Jahren sein Profi-Debüt feierte.
2014 zog es ihn fort - zu Manchester United. Vier Jahre später kehrte er zurück zu seiner ersten großen Liebe. Eine Liebe, die - so der Plan - nie, nicht einmal nach Beendigung der aktiven Laufbahn enden sollte. Es kam anders, das vermeintlich stabile Fundament zwischen Spieler und Verein begann zu bröckeln und fiel schließlich wie ein Kartenhaus zusammen. Blind verließ Ajax zum zweiten Mal. Doch diesmal ganz offensichtlich mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch.
In München, seiner neuen fußballerischen Heimat, wo er fortan für den FC Bayern spielt, gab der 32-Jährige der niederländischen Tageszeitung "Algemeen Dagblad" nun ein ausführliches Interview - und führte das aus, was er in seinem kryptischen Abschiedstweet angedeutet hatte.

Ein Abgang durch die Hintertür

"Ich habe sehr lange gedacht, dass ich meine Karriere bei Ajax beenden würde", leitete er seine Abrechnung ein. "Ich habe gedacht: Wenn ich überhaupt früher gehe, dann im nächsten Sommer, wenn mein Vertrag ausgelaufen wäre. Mit einem hoffentlich weiteren Titel und einem Abschied aus der Vordertür."
Es wurde ein "Doei", ein "Tschüss" aus der Hintertür. Und das, obwohl er mit dem früheren Sportchef Marc Overmars vor dessen Rücktritt (wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung von Ajax-Mitarbeiterinnen) eine Übereinkunft getroffen hatte, die Zusammenarbeit auch nach der Karriere weiterzuführen.
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Daley Blind

Fotocredit: Getty Images

"Ich hatte mit Marc Overmars eine mündliche Absprache über die Zeit nach meiner Spielerkarriere. Sie haben mir angeboten, dass ich den Trainerberuf bei Ajax lernen könne."
Eine langfristige Zusammenarbeit löste sich in Rauch auf, als Blind am 27. Dezember heimlich, still und leise mit seinen Siebensachen von dannen zog. "Unterwegs denkt man: Ist es wirklich wahr, dass ich mein letztes Spiel für Ajax schon gemacht habe?" Schwer zu akzeptieren, aber mutmaßlich der einzig vernünftige Schritt, wenn man sich Blinds weitere Aussagen zu Gemüte führt.

Blind: "Habe mich nicht mehr willkommen gefühlt"

"Es ging so weit, dass ich mich in dem Verein, in dem ich seit meinem siebten Lebensjahr gespielt habe, nicht mehr willkommen gefühlt habe", so Blind. "Am 26. Dezember sagte mir die Geschäftsleitung, dass sie mich einen Tag später - beim Trainingsauftakt - nicht mehr dabeihaben wollten. Es kam zur Vertragsauflösung. Das war das Ende einer wochenlangen, schmerzhaften Achterbahnfahrt."
Eine Achterbahnfahrt mit mehreren Fahrgästen. Neben Blind zählte vor allem Trainer Alfred Schreuder zu den Protagonisten in der Posse. Klaas-Jan Huntelaar, mittlerweile als technischer Direktor bei Ajax tätig, betrat vor wenigen Tagen ebenfalls die Theaterbühne. Dem ehemaligen Star-Angreifer zufolge sei Blind von den eigenen Fans verhöhnt worden.
"Es gab Rufe nach Nicolás Tagliafico (Linksverteidiger, d. Red.). Das war für ihn (Blind) damals ein Schlag ins Gesicht. Und dass der Trainer in den letzten Wochen vor der WM andere Entscheidungen getroffen hatte, brachte das Fass für Daley wohl zum Überlaufen", sagte Huntelaar im Gespräch mit "Het Parool".

Blind widerspricht Huntelaar

Eine Behauptung, die Blind nicht stehenlassen will: "Er (Huntelaar) sollte nicht für mich sprechen", sagte der Defensivmann. Er ergänzte: "Das war nicht der ausschlaggebende Punkt. Der Niedergang fing an, als ich von der ersten Wahl auf meiner Position zur vierten Wahl degradiert wurde." Konkret sei dies nach einem Wortgefecht mit Schreuder in der Halbzeitpause des Ligaspiels gegen RKC Waalwijk Ende Oktober geschehen.
Blind erinnerte sich: "Was da zwischen dem Trainer und mir passiert ist, hat viel bewirkt. Wir haben nicht gut gespielt. Schreuder sprach in der Pause davon, dass unser Pressing nicht gut funktioniere. 'Was meint Ihr, was präferiert Ihr?", fragte er einige Stürmer. Ich bin aufgestanden und habe in der Kabine laut gesagt: 'Trainer, sei klar in Deiner Ansprache, Du entscheidest, wie wir es machen!' Seine Reaktion fiel heftig aus: 'Du hältst jetzt den Mund. Halt den Mund und setz Dich hin!'"
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Alfred Schreuder (l.) und Daley Blind

Fotocredit: Getty Images

Blind habe daraufhin Physios und Mitspieler gefragt, ob er zu weit gegangen sei. "Das sahen sie nicht so." Anders als mit Schreuder habe man mit dessen Vorgänger Erik ten Hag konstruktiv diskutieren können. Seine Forderung an Schreuder in der Halbzeit habe er nur mit den besten Absichten gestellt. "Ich habe das im Interesse der Mannschaft getan, um das Spiel zu gewinnen. Ich wollte den Trainer nicht in Verlegenheit bringen. Wenn du ein Problem damit hast, ruf mich doch einfach am nächsten Tag zur Räson."

Schreuder-SMS an alle - außer Blind

Doch dies sei nicht geschehen, Schreuder habe ihn seither "wochenlang ignoriert." Blind fand sich auf der Bank wieder. Daraufhin habe er Schreuder um ein Gespräch gebeten. "Ich wollte von ihm wissen, ob es etwas Persönliches war. Das war die wichtigste Frage für mich", erklärte Blind. "Er sagte nein, es sei nichts Persönliches. Ich fragte, ob ich in der Halbzeit gegen RKC zu weit gegangen sei. Dann hätte ich mich entschuldigt und wir hätten weitermachen können. Doch er sagte: 'Nein, es ist nichts Persönliches.'"
Während der Weltmeisterschaft in Katar, bei der Blind bis zum Viertelfinal-Aus der Elftal in jedem Spiel von Beginn an ran durfte, manifestierte sich sein Gefühl, dass Schreuder etwas gegen ihn habe. Blind zufolge habe Schreuder allen Ajax-Spielern im niederländischen Team mehrfach Glückwunsch-SMS geschrieben. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass es nach dem RKC-Duell persönlich wurde", sagte er. Blind schob nach: "Alle Spieler erhielten Glückwünsche vom Trainer, außer mir."
Ein weiteres Indiz für seine These sah Blind auch in Schreuders Verhalten bei seinem Ajax-Abschied an besagtem 27. Dezember. "Ich schüttelte nicht nur meinen Teamkollegen, sondern auch den Mitarbeitern die Hand. Michael Reiziger (Co-Trainer, d. Red.), Richard Witschge (Individualtrainer, d. Red.). Nur Schreuder habe ich nicht gesehen, obwohl er wusste, dass ich da war. Der Zeitpunkt war nämlich mit Ajax abgestimmt."

Schreuder tritt nach: "Brauche ich nicht im Training"

Schreuder selbst hatte jüngst in einem Interview mit "De Telegraaf" bestätigt, dass er sich nicht bei Blind verabschiedet habe. Dies bereue er. "Ich mache mir Vorwürfe, dass ich nicht De Toekomst (Sportanlage von Ajax, d. Red.) gegangen bin, als Daley da war, um sich zu verabschieden." Er habe sich in einer Besprechung befunden und - anders als von Blind dargestellt - nicht gewusst, dass Blind kommen würde.
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Alfred Schreuder

Fotocredit: Getty Images

Einen Seitenhieb gegen seinen Ex-Schützling konnte er sich dennoch nicht verkneifen. "Spieler, die nicht mehr bei Ajax spielen wollen oder einen Wechsel anstreben, brauche ich nicht mehr im Training. Der ganze Fokus muss auf Ajax liegen", erklärte Schreuder.
Als das Tischtuch bereits zerschnitten war, erkundigte Blind sich tatsächlich nach einer Möglichkeit, den Verein schon im Winter zu verlassen. Vor allem, um auszuloten, ob die Verantwortlichen einen verdienten Spieler zum Bleiben bewegen würden. Doch laut Blind war das Gegenteil der Fall.

"Du kannst ablösefrei gehen"

"Ich hatte das Gefühl, dass es ihnen ganz gut gepasst hat. Während der Weltmeisterschaft wurde meinem Berater gesagt, dass ich im Januar zwei Millionen Euro kosten würde", sagte er. "Kurz nach der WM saß ich am 14. Dezember mit Edwin van der Sar (Geschäftsführer) und Huntelaar zusammen. Es hieß: Du kannst ablösefrei gehen. Aber nur, wenn du vor dem 1. Januar gehst und am 27. Dezember nicht zum Training kommst."
So kam es. Die Bayern schlugen prompt zu, verpflichteten den Routinier ablösefrei als Ersatz für den Langzeit-Verletzten Lucas Hernández. Blind erhielt einen Vertrag bis Saisonende. Bis dahin möchte er "alles geben und hoffentlich etwas gewinnen." Und danach, im Sommer, "werden wir sehen, wie es weitergeht", erklärte er. Zu einer Renaissance der Blind-Ajax-Liebe wird es wohl nicht kommen. Es ist zu viel kaputtgegangen.
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