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Jamal Musiala beim FC Bayern München: Das Megatalent fremdelt mit dem System von Trainer Thomas Tuchel

Thomas Gaber

Update 20/10/2023 um 13:31 GMT+2 Uhr

Jamal Musiala kommt in der laufenden Saison beim FC Bayern München nicht wie gewohnt zum Zug. Einerseits wurde das Megatalent von einer Verletzung ausgebremst, andererseits fremdelt der 20-Jährige noch mit dem System von Trainer Thomas Tuchel. Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung über 2026 hinaus sollen "für die nächsten Monate ausgesetzt" worden sein. Ein Fingerzeig für die Zukunft?

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Rio Ferdinand war Ende September Interview-Gast bei "Rising Ballers", einer digitalen TV-Plattform, die auf die junge Generation ausgerichtet ist und sich in erster Linie aufstrebenden Talenten widmet.
Als er zu Jamal Musiala befragt wurde, musste die englische Fußball-Legende kurz überlegen, wie er die ganzen Superlative in eine Aussage packt. "Ich habe ihn live in München gegen Manchester United gesehen. Puh, dieser Typ ist nicht von dieser Welt. Sein Potenzial ist riesig, Musiala ist ein verrücktes Talent", sagte Ferdinand und zog einen Vergleich zu einem Superstar der 2000er-Jahre.
"Musiala erinnert mich an Kaká. Nur, dass es so wirkt, als ob er sogar noch eleganter ist, wenn er durch die Verteidigungen dribbelt", so Ferdinand. Dem 44-Jährigen blutet das Herz, wenn er über Musialas Werdegang nachdenkt: "Wie England ihn hat gehen lassen, wie Chelsea ihn hat gehen lassen - ich kann es nicht verstehen ..."
Das Versäumnis der einen ist das Glück der anderen. Musiala spielt beim FC Bayern und in der deutschen Nationalmannschaft schon im Alter von 20 eine tragende Rolle. Während er beim neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann fix für die EM-Startelf eingeplant ist, musste Musiala im Verein zuletzt kürzertreten.

Musiala unter Tuchel deutlich weniger an Toren beteiligt

In sieben Bundesligaspielen stand er nur zweimal in der Startelf. Das ist zum einen bedingt durch eine Muskelverletzung, die ihn zwei Partien außer Gefecht gesetzt hatte. Nachdem er beim 7:0 gegen Bochum 90 Minuten auf der Bank saß, bemängelte Bayern-Trainer Thomas Tuchel eine gewisse körperliche Instabilität bei Musiala.
"Es ist auch ein Talentkriterium, dass du fit bist, dass du viel spielen kannst. Er muss körperlich stabil bleiben, damit er uns durchgehend zur Verfügung steht", sagte Tuchel.
Dabei ist Musiala in seiner noch jungen Karriere von längeren Ausfällen bislang verschont geblieben. Eine Handvoll Spiele verpasste er wegen Corona-Erkrankungen und auferlegter Quarantäne. In seiner Krankenakte ist sonst nur der Ausfall für eine Partie Anfang der letzten Saison wegen einer leichten Muskelzerrung aufgeführt.
Durchgespielt hat Musiala in der laufenden Saison nur einmal - beim 4:0 im DFB-Pokal in Münster. Auffällig ist, dass er unter Tuchel im Vergleich zu dessen Vorgänger Nagelsmann deutlich seltener an Toren direkt beteiligt ist. Seit Tuchels Übernahme sind es 0,45 Treffer pro 90 Minuten, unter Nagelsmann waren es noch 1,04.
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Jamal Musiala sitzt unter Thomas Tuchel öfter auf der Bank

Fotocredit: Getty Images

Tuchel fodert von Musiala mehr Einfachheit

Zur Wahrheit gehört, dass er schon nach der WM 2022 in Katar abbaute und für den ganz großen Auftritt bis zur 89. Minute des letzten Saisonspiels in Köln warten musste, als er die Bayern doch noch zur elften Meisterschaft in Folge schoss - übrigens vier Minuten nach seiner Einwechslung.
Es ist diese Art von Toren, die Musiala für die Bayern unverzichtbar machen. Ein ähnliches Kunststück ist ihm in der Champions League beim FC Kopenhagen gelungen, als er den wichtigen Treffer zum 1:1 erzielte - quasi eine Kopie des Meisterschusses in Köln.
Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Musiala noch mit dem Tuchel-System fremdelt. Tuchel steht für einen konservativeren Fußball als Nagelsmann. Er fordert von seinen Spielern, über eine ruhige Ballführung Kontrolle und Stabilität zu gewinnen, überhastete Aktionen sollen möglichst vermieden werden.
Gerade Musiala leidet ein wenig darunter, weil er durch ein eher statisches Positionsspiel seltener in die offensiven Räume kommt, in denen er besonders gefährlich ist. Unter Nagelsmann tauchte er in 90 Minuten im Schnitt fünf Mal im gegnerischen Strafraum auf, unter Tuchel sind es nur halb so viele. Er wird mehr im Aufbau der Angriffe gebraucht als in der letzten Linie, die Anzahl der Ballkontakte hat sich nämlich erhöht (55 zu 53,4).
Nach dem 4:3 gegen ManUnited in der Champions League forderte Tuchel von Musiala ein, "in Phasen, wo es nötig ist, einfach zu spielen und nicht jedes Mal ins Dribbling zu gehen oder die Drehung zu machen". Wohlgemerkt das Spiel, das Ferdinand so abgefeiert hatte.

Musiala-Seite setzt Vertragsgespräche aus

Doch es sind vor allem die Dribblings von Musiala oder die Geistesblitze des derzeit überragenden Leroy Sané, damit die Bayern Torgefahr ausstrahlen. Ein flüssiges Kombinationsspiel ist unter Tuchel weiterhin nicht vorhanden. Laut der Zeitung "tz" werden einige Stars ungeduldig, weil sie noch immer keine Handschrift des Trainers erkennen können.
Musiala ist dem Vernehmen nach mit seiner Situation im Verein unzufrieden. Wie die "Sport-Bild" berichtete, hat die Musiala-Seite derzeit kein Interesse, Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung über 2026 anzugehen. Demnach will der 20-Jährige erst mal abwarten, wie sich sein Stellenwert innerhalb der Mannschaft in nächster Zeit entwickelt.
Transferexperte Fabrizio Romano berichtet, dass die Funkstille auf der veränderten Führungsstruktur beim FC Bayern basiert. Die Vertragspläne hätten noch die alten Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic vorbereitet, unter dem neuen CEO Jan-Christian Dreesen und Sportdirektor Christoph Freund habe sich das "Timing der Vertragsgespräche" geändert.
Eile hat der FC Bayern angesichts des gültigen Vertrages bis 2026 nicht. Dass Musiala in ganz Europa begehrt ist, kann der Verein jedoch nicht ignorieren. Dass offenbar nicht ganz einfache Verhältnis zwischen Musiala und Tuchel wird in den nächsten Monaten mitentscheidend sein, in welche Richtung der Spieler tendiert.
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Nagelsmann-Ständchen zum Einstand? Musiala: "Gute Idee"

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