Atlético - Real Madrid: Isco führt Real ins Finale gegen Juventus Turin

Atlético stand im heimischen Estadio Vícente Calderón mit dem Rücken zur Wand. In der Geschichte der Königsklasse konnte kein Team nach einer 0:3-Auswärtsniederlage im Hinspiel den Spieß drehen und doch noch in die nächste Runde einziehen.

Die Hausherren begannen furios, ließen sich weder von geschichtlicher Utopie noch von Real Madrids individueller Stärke einschüchtern. Die ersten 16 Minuten glichen einem Fußball-Feuerwerk. Die "Königlichen" bekamen keinen Fuß auf den Boden, wurden von einer extrem bissigen Atlético-Elf schwindelig gespielt.

In der 12. Minute erzielten die Hausherren das umjubelte 1:0. Saúl Ñíguez köpfte einen Eckball am ersten Pfosten in die Maschen. Aufbruchsstimmung.

Atlético blieb dran, wurde in der 16. Minute für den getätigten Aufwand belohnt. Fernando Torres wurde im Strafraum von Raphael Varane von den Beinen geholt - Strafstoß.

Antoine Griezmann übernahm die Verantwortung und markierte vom Punkt das 2:0, wenngleich er dabei wegrutschte und den Ball so wohl mit beiden Beinen berührte. Keylor Navas war noch mit der Hand am Ball, konnte den Treffer jedoch nicht verhindern.

Mit dem 2:0 im Rücken nahm Atlético den Fuß vom Gas, wollte nichts überstürzen und überließ Real den Ball. Diese zunehmende Passivität sollte sich allerdings rächen. In der 42. Minute setzte sich Karim Benzema gleich gegen drei Gegenspieler durch, bediente Toni Kroos im Rückraum.

Seinen Flachschuss parierte Jan Oblak mit einer Glanztat, beim Nachschuss von Isco war der Schlussmann dann aber machtlos. Es war das wichtige Auswärtstor für die Mannschaft von Zinedine Zidane, mit dem es in die Kabinen ging.

Im zweiten Durchgang brauchten die Hausherren drei weitere Treffer, um ins Finale einziehen zu können. Dementsprechend wollten sie Druck aufbauen und früh ins Gehäuse treffen. Doch Atlético konnte einen vergleichbaren Druck, wie den aus dem ersten Durchgang, nicht auf den Rasen bringen.

Real agierte gut gegen den Ball, war in Person von Isco und Kroos zudem sehr ballsicher im Zentrum. In der 67. Minute hatten die Hausherren die beste Chance des zweiten Durchgangs zu verzeichnen.

Yannick Carrasco kam aus elf Metern zum Abschluss, Navas parierte stark - den Nachschuss per Kopf des eingewechselten Kevin Gameiro hielt der Schlussmann ebenfalls mit einer überragenden Parade. Viel mehr kam in der Folge nicht mehr von Atlético - zu energieraubend war das Powerplay im ersten Durchgang.

Für das Estadio Vicente Calderón war es nach 51 Jahren das letzte Europacup-Spiel, Atlético zieht im Sommer in sein neues Stadion Wanda Metropolitano um.

Diego Simeone (Trainer Atlético Madrid): "Ich bin sehr stolz. Wir haben alles gegeben, wie in den letzten Jahren auch. Ich bin happy, dass wir wieder gezeigt haben, aus welchem Holz wir geschnitzt sind. Wir haben an uns geglaubt. Einige dachten vielleicht, wir machen nur Spaß, aber wir waren bereit, das Ding zu drehen. Die ersten 30 Minuten werden den Leuten sehr lange in Erinnerung bleiben. Es war eine fast perfekte erste Hälfte. Wir haben eine Mannschaft, die von der Mannschaft abhängt. Real hat ein Team, das von Individualisten lebt."

Gabi (Atlético Madrid): "Diese Leistung war das mindeste, was wir tun konnten. Die erste Halbzeit war klasse, aber ein genialer Moment von Benzema hat unseren Traum zerstört. Ich bin dennoch stolz auf alle. Es war eine absolute Demonstration dafür, dass dies hier das beste Hobby der Welt ist."

Zinédine Zidane (Trainer Real Madrid): "Ich wusste, dass wir zu Beginn werden leiden müssen. Sie haben gut angefangen, wir schlecht, dann aber haben wir ein wunderbares Tor erzielt. Ich bin stolz auf die Jungs, es war ein weiter Weg und nicht leicht, im Finale zu stehen. Gegen Juventus zu spielen, wird etwas ganz Besonderes für mich werden. Der Klub war sehr wichtig für mich als Spieler. Es wird ein großartiges Finale."

Marcelo (Real Madrid): "Wir sind Real Madrid, wir hatten keine Angst, auch bei 0:2 nicht. Wir haben früh zwei Tore kassiert, aber dann haben wir das Spiel kontrolliert und waren die bessere Mannschaft. So haben wir es über die Bühne gebracht."

Seit der Einführung der Champions League in der Saison 1992/93 schaffte es kein Team, den Titel in der "Königsklasse" zu verteidigen. Die einzigen Mannschaften, die es nach dem Gewinn der Champions League im Folgejahr erneut ins Finale schafften waren Ajax Amsterdam (1995/96 - 2:4 i.E. gegen Juventus Turin) und Manchester United (2008/09 - 0:2 gegen FC Barcelona) - doch auch Ajax und Manchester zogen im Finale den Kürzeren, konnten sich die europäische Fußballkrone nicht erneut aufsetzen.

Real Madrid ist damit das dritte Team, das sich nach dem Titelgewinn ins Finale kämpfen kann. Dort wartet nun Juventus Turin auf die Elf von Zinedine Zidane. Eine Mannschaft, die nach der Finalniederlage gegen den FC Barcelona vor zwei Jahren heißer ist ist denn je. Es wird ein brisantes Finale werden - mit der Frage: kann Real Madrid den Traum von der Titelverteidigung verwirklichen?

Atlético scheiterte derweil zum vierten Mal in vier Jahren an Real Madrid.

Durch das wichtige Tor von Isco zum 1:2 konnten die Königlichen im nun 61. Champions-League-Spiel in Folge einen eigenen Treffer erzielen. Damit zogen sie mit dem deutschen Rekordmeister FC Bayern München gleich, die diese Bestmarke zuvor alleine hielten. Dass Real am Ende im zwölften Saisonspiel der Champions League erstmals verlor, wird es verschmerzen können.