Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

DFB-Pokal - Felix Klaus von Fortuna Düsseldorf exklusiv vor Halbfinale gegen Bayer: "Da wusste ich, es ist Leverkusen"

Dennis Melzer

Update 03/04/2024 um 11:00 GMT+2 Uhr

Felix Klaus trifft mit Fortuna Düsseldorf am Mittwochabend im DFB-Pokal-Halbfinale auf Bayer Leverkusen. Vor der Partie spricht er im exklusiven Interview mit Eurosport über die Aussichten aufs Endspiel und eine magische Nacht am Millerntor. Außerdem reagiert Klaus auf den angekündigten Rücktritt eines berühmten Ex-Trainers und verrät, warum er in jungen Jahren einen "Tritt in den Arsch" brauchte.

Felix Klaus von Fortuna Düsseldorf

Fotocredit: Getty Images

Felix Klaus blickt mittlerweile auf eine langjährige Karriere als Fußball-Profi im deutschen Oberhaus und in der 2. Bundesliga zurück.
Als junger Spieler wechselte der Franke 2013 im Alter von 20 Jahren von Greuther Fürth zum SC Freiburg in den Breisgau, wo er von Christian Streich trainiert wurde. Über Hannover 96 und den VfL Wolfsburg führte sein Weg schließlich nach Düsseldorf.
Mit der Fortuna kämpft Klaus in dieser Saison nicht nur um den Aufstieg in die Bundesliga, sondern auch um das DFB-Pokal-Endspielticket. Im Halbfinale müssen die Rheinländer am Mittwochabend aber ausgerechnet beim Überflieger-Team der Saison in Leverkusen ran (20:45 Uhr im Liveticker).
Im Vorfeld des Top-Duells spricht Klaus exklusiv mit Eurosport über die Chancen als Außenseiter und eine magische Nacht am Hamburger Millerntor. Darüber hinaus verrät der 31-Jährige, warum er zu Beginn seiner Karriere unter Streich "einen Tritt in den Arsch" nötig hatte - und in welchen Ansprachen Streich ganz besonders emotional wurde.
Felix, reisen wir zu Beginn ein bisschen in die Vergangenheit. Sie haben zwischen 2013 und 2015 unter einem gewissen Christian Streich für den SC Freiburg gespielt. Wie haben Sie seinen überraschenden Rücktritt erlebt?
Felix Klaus: Ich war nicht ganz so überrascht wie viele andere. Ich weiß ganz genau, mit welch großer Leidenschaft er hinter dem Fußball steht, er lebt den Sport wie kaum jemand sonst. Für ihn gibt es nur den Fußball und den SC Freiburg. Ich habe mich schon häufig gefragt: Wie lange hält er das noch aus? Jetzt hat er sich dafür entschieden, sich zurückzuziehen. Er hat so viel Energie in seine Arbeit gesteckt und vielleicht einfach keine Kraft mehr. Er hat es sich verdient, dass er jetzt mal durchatmen und Zeit mit der Familie verbringen kann. Er ist ein echter Typ, der dem Fußball sicherlich fehlen wird.
Sie waren damals am Anfang Ihrer Profikarriere, Christian Streich erst seit einem Jahr Trainer der ersten Mannschaft: Was hat ihn im Umgang mit jungen Spielern ausgezeichnet?
Klaus: Er war knallhart. Ich war damals 20 Jahre alt, da hieß es nicht: "Der Felix ist noch jung, der lernt das schon, mal schauen, was passiert." Ganz im Gegenteil. Als ich am Anfang nicht so performt habe, wurde ich zunächst für drei Monate in die zweite Mannschaft gesteckt. Christian Streich hat sich aber die Zeit genommen, die Spiele der zweiten Mannschaft gemeinsam mit mir komplett über 90 Minuten zu analysieren.
picture

Christian Streich (l.) im Gespräch mit Felix Klaus

Fotocredit: Imago

Offenbar hat die Maßnahme gefruchtet.
Klaus: Wenn man sich reinhängt und er das Gefühl hat, dass man alles für den Erfolg tut, steht er hinter dir. Dann gibt er dir das Vertrauen, das du als junger Spieler brauchst. Es hat dann wirklich großen Spaß gemacht, unter ihm zu spielen.
Streichs Interviews sind mittlerweile Kult - können Sie sich an eine besondere Ansprache von ihm erinnern?
Klaus: Die Ansprachen waren immer sehr besonders, er hat sie mit einer unglaublichen Leidenschaft gefüllt. Man hatte jedes Mal das Gefühl, es sei das letzte Spiel des Lebens. Vor allem die Ansprachen vor den Derbys gegen den VfB Stuttgart sind mir in Erinnerung geblieben. Er ist sehr laut und emotional geworden, da war man als Spieler ganz besonders heiß auf das Duell. Stuttgart stand gefühlt immer über Freiburg, das wollte Christian Streich unbedingt drehen - und zwischenzeitlich hat er das ja auch geschafft.
Streich war neben dem Platz stets bekannt dafür, über den Tellerrand hinauszublicken. Seine politischen Statements haben häufig breites Gehör gefunden. Warum ist er einer der wenigen Prominenten der Branche, die Stellung beziehen?
Klaus: Das ist eine gute Frage. Mir würde tatsächlich kein anderer Trainer einfallen, der sich so mit anderen Themen auseinandergesetzt hat. Er ist ein Typ, der seine Meinung ungefiltert raushaut. Ich persönlich würde auf einer Pressekonferenz nicht unbedingt über andere Dinge als Fußball sprechen, aber bei ihm passt das einfach. Er beschäftigt sich sehr viel mit gesellschaftlichen Themen, kennt sich super aus und findet aus meiner Sicht immer die richtigen Worte.
Daniel Thioune, Ihr aktueller Trainer, hat sich ebenfalls regelmäßig klar positioniert. Vor einigen Jahren hat er von eigenen schlimmen Erfahrungen mit Rassismus berichtet, Ihr Klub bekannte in der Vergangenheit immer wieder Farbe. Inwiefern finden solche Themen den Weg in die Kabine?
Klaus: Als Vinicius Junior zuletzt über die rassistischen Anfeindungen gesprochen hat und in Tränen ausgebrochen ist, haben wir das in der Mannschaft thematisiert. Das hat hohe Wellen geschlagen. Ich habe glücklicherweise noch nie erlebt, dass Rassismus den Weg in eines meiner Teams gefunden hat. Du bist eine Mannschaft, jeder ist für jeden da. Wir sind wie eine Familie, es ist vollkommen egal, welche Hautfarbe du hast und wo du herkommst. Man ist mit jedem Mitspieler verbunden, das ist das Schöne am Fußball.
picture

Fortuna-Trainer Daniel Thioune (r.) und Felix Klaus

Fotocredit: Imago

Daniel Thioune trifft in der Öffentlichkeit sehr klare Aussagen, wirkt enorm geradeaus. Wie würden Sie ihn charakterisieren?
Klaus: Der Eindruck trügt nicht. Er sagt dir seine Meinung direkt ins Gesicht und kommuniziert sehr offen. Ich feiere solche Trainer, weil ich früher ein Typ war, der ab und zu mal einen Tritt in den Arsch gebraucht hat. Daniel verlangt seinen Spielern alles ab und wenn du nicht mitziehst, dann gibt es Ärger im Training. Unsere Mannschaft hat aber komplett verstanden, was er von uns erwartet.
Sehr direkt war Daniel Thioune, als es um den entscheidenden Elfmeter Ihres Kollegen Christos Tzolis im Pokal-Viertelfinale gegen den FC St. Pauli ging. Tzolis traf per Panenka, Ihr Trainer hat ihn dafür gerüffelt. Wie haben Sie die Szene bewertet?
Klaus: In diesem Fall bin ich einmal anderer Meinung als der Trainer. Aus meiner Sicht ist der Chip in die Mitte ein geeignetes Stilmittel, um einen Elfmeter zu schießen. Das ist für mich keine Respektlosigkeit, sondern einfach eine weitere Option. Vincenzo Grifo schießt gefühlt von 30 Elfmetern 20 in die Mitte und ist damit erfolgreich. In Christos' Fall ging es um einen ganz wichtigen Elfmeter – es braucht Riesen Selbstbewusstsein, um so ein Ding dann in die Mitte zu chippen. Aber hinterher hat der Trainer keine Vorwürfe gemacht. Er hat in der Vergangenheit einmal eine schlechte Erfahrung mit einem Panenka-Elfer gemacht, daher war er so kurz nach dem Spiel am Mikrofon einfach emotional.
Sie selbst haben während Ihrer Zeit als Profi schon viel erlebt, Sie sind aufgestiegen, abgestiegen. Was hat diese Nacht am Millerntor so besonders gemacht?
Klaus: Wenn du den Fans etwas zurückgeben kannst und für ein bisschen Aufbruchstimmung in der Stadt sorgst, ist das etwas ganz Besonderes. Beim Feiern habe ich bei einigen Fans Tränen in den Augen gesehen. Dieser verrückte Spielverlauf hat das Ganze zu einer magischen Nacht gemacht. Wir wollten mit aller Macht etwas Besonderes schaffen, jeder Spieler war unglaublich stolz danach.
Wie exzessiv war die Party nach dem Spiel?
Klaus: Weil wir sonntags wieder spielen mussten und wir in der Liga auch noch Ziele haben, war es nicht so exzessiv. Wir haben in der Kabine noch ewig über die Boxen laut Musik gehört und haben im Bus weitergefeiert. Mitten in der Nacht gab es im Hotel noch Abendessen und wir haben ein bisschen gesungen. Aber danach sind wir einfach nur total müde ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen ging der Flieger um sieben Uhr.
picture

Christos Tzolis (vorne) feiert den Siegtreffer gegen St. Pauli

Fotocredit: Imago

Sie haben die Ziele in der Liga angesprochen. Aktuell steht Rang drei zu Buche. Was geht mit Blick auf die Rückkehr in die Bundesliga?
Klaus: Wir haben noch sieben Spieltage vor der Brust. Wenn man da oben steht, will man den maximalen Erfolg. Wir werden sehen, wie es am Ende aussieht, aber jetzt sind wir erst mal heiß darauf, viele Punkte zu sammeln und uns oben festzusetzen.
Nun kommt Ihnen im Kampf um den Aufstieg aber eben noch das Pokal-Halbfinale "dazwischen". Daniel Thioune war während der Auslosung live im Studio dabei. Er hat Bayer 04 nicht zwingend als Wunschlos bezeichnet. Wie haben Sie die Auslosung miterlebt?
Klaus: Wir hatten mittags ein Spiel und ich war richtig platt. Die Auslosung war ziemlich spät, ich lag tatsächlich schon im Bett. Ich habe die Sportstudio-Sendung auf dem iPad verfolgt und gewartet, dass es endlich losgeht. Aber es hat sich ewig gezogen, ich bin irgendwann einfach eingepennt. Als ich aufgewacht bin, stand unser Gegner fest. Ich hatte gefühlt tausende Nachrichten auf dem Handy, in denen stand: "Das kann doch nicht wahr sein!" Da wusste ich, dass es Leverkusen ist (lacht).
Und was war Ihre Reaktion?
Klaus: Uns wären die anderen Gegner natürlich lieber gewesen – und wenn schon Leverkusen, dann hätten wir uns immerhin ein Heimspiel gewünscht. Jetzt ist es anders gekommen. Leverkusen ist aktuell der unangenehmste Gegner in ganz Deutschland, es ist außergewöhnlich, was da in dieser Saison passiert. Aber warum sollten wir das Wunder nicht schaffen?
Wie bereitet man sich auf solch einen Gegner vor?
Klaus: Vorher stand das Ligaspiel gegen Kaiserslautern auf dem Programm, danach widmen wir uns dem Leverkusen-Spiel. Zuhause habe ich mir in dieser Saison schon häufiger Spiele von ihnen angeschaut – auch, als sie noch nicht als Pokal-Gegner feststanden. Wenn man sieht, wie sie Woche für Woche die Gegner reihenweise schlagen, kann das schon einschüchternd sein. Ich bin gespannt, wie unsere Marschroute für das Spiel aussehen wird.
Was macht Ihnen trotz der Leverkusener Favoritenrolle Hoffnung auf den Finaleinzug?
Klaus: Jeder weiß, dass wir etwas Unglaubliches schaffen können. Wir werden alles reinschmeißen, was wir aus unseren Körpern herausholen können, damit muss Leverkusen rechnen. Wir werden unser Herz auf dem Platz lassen. Womöglich kommt es uns entgegen, dass wir aktuell sehr konterstark sind. Außer André Hoffmann (mit dem MSV Duisburg 2011, Anm. d. Red.) war noch niemand von uns im Pokal-Finale in Berlin, das wollen wir ändern.
Abschließend zu Ihrer eigenen Zukunft: Ihr Vertrag läuft noch bis 2026, wie sehen Ihre langfristigen Ziele für die restliche Karriere aus?
Klaus: Ich habe erst vor ein paar Monaten verlängert. Meine Frau und ich fühlen uns extrem wohl in Düsseldorf, unsere Kinder gehen hier in den Kindergarten. Wir haben eine geile Mannschaft, ich spiele unter dem Trainer fast jedes Spiel. Sprich: Ich bin sehr happy. Wir bauen aktuell nebenbei unser Haus in Nürnberg für die Zeit nach der Karriere. Sowohl meine Frau als auch ich kommen aus der Gegend. Wann es so weit ist, kann ich aber noch nicht sagen. Mal schauen, was die Zukunft bringt.
picture

Emotionaler Sieg - aber Alonso hält den Ball flach

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung