Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

FC Liverpool - FC Sevilla: Final-Verlierer Jürgen Klopp: Schmerzen - aber Blick nach vorne

Florian Bogner

Publiziert 19/05/2016 um 11:09 GMT+2 Uhr

Jürgen Klopp zeigt sich nach dem 1:3 des FC Liverpool gegen den FC Sevilla im Finale der Europa League als gewohnt schlechter Verlierer - weil er es hasst, nur Zweiter zu sein. Eine gefühlt gute Saison endet für den deutschen Trainer mit einem Desaster: kein Europacup in der kommenden Spielzeit. Doch Klopp wäre nicht Klopp, wenn er nach Spielschluss nicht gleich wieder auf Reset gedrückt hätte.

Jürgen Klopp

Fotocredit: AFP

Aus Basel berichtet Florian Bogner
Aus den Lautsprechern quäkte "Beautiful Day" von U2, aber Jürgen Klopp hätte sicher ein anderes Adjektiv parat gehabt. Im strömenden Regen stand er da, den Mund zu einer schmalen Linie geschlossen, ließ er seine fünfte Final-Niederlage in Folge über sich ergehen. Die abermalige Silbermedaille holte er sich noch ab, dann ging er in die Kabine.
Die Pokalübergabe der Siegertrophäe der Europa League an den FC Sevilla tat sich der Coach des FC Liverpool gar nicht mehr an. "Es gibt sicher Schlimmeres im Leben – aber das tut trotzdem echt weh", sagte Klopp nachher sichtlich geknickt.
1:3 nach 1:0. Keine Champions League kommende Saison. Überhaupt: kein Europacup. Eine Saison, die sich bis zuletzt gut angefühlt hat: im Eimer. Mit dem letzten Spiel.
Klopps Miene in den letzten Minuten des Spiels, nach Schlusspfiff sowie auf der Pressekonferenz sprach Bände, es war seine vielleicht schwerste Niederlage. Und er zeigte es.
Klopp, der schlechte Verlierer. War er schon immer. Der 48-Jährige hasst es, zu nicht zu gewinnen. Deshalb der schnelle Abgang vor der Siegerehrung, deshalb die pampigen Worte zu einem Schweizer Fernsehjournalisten, dessen Joke mit "Klopp hoch" misslang.
Deshalb machte er auch einen unsensiblen Selfiejäger auf dem Feld kurz nach dem Abpfiff zur Minna, der im Moment der schmerzhaften Niederlage ein Foto mit Klopp ergattern wollte. Und Klopp haderte erneut mit den Schiedsrichtern. Zwei Handelfmeter hätte Liverpool bekommen können, einen wohl kriegen müssen. Das schmeckte ihm nicht.

Klopp, der Normale, der Durchschnittliche

Vier Fehlentscheidungen seien gegen den LFC gefallen, merkte Klopp an und haderte ein wenig mit dem Schicksal. Denn seine verlorenen Endspiele hatten alle einen faden Beigeschmack: Elfmeter hier nicht gegeben, Tor da nicht. Mal hätte der Gegner einen Platzverweis verdient gehabt, dann war der Ball klar hinter der Linie. Es nervt ihn.
"In keinem Finale war eine Fehlentscheidung zu meinen Gunsten – in keinem!", merkte der Coach deshalb angefressen an. Immerhin versuchte er, der misslichen Bilanz im selben Atemzug etwas Positives abzugewinnen:
Das wird sich sicher irgendwann ändern. Wir müssen nur noch ein paar Mal ins Finale kommen.
Zwei Finals hat er mit Liverpool nun aber schon verloren.
Klopp, "the normal one". So hatte er sich beim Amtsantritt bescheiden genannt. Jetzt fiel es ihm ein wenig auf die Füße: Klopp, der Normale, der Durchschnittliche. Unterm Strich stehen Platz acht in der Liga und keine Trophäe im Schrank. Hätte Vorgänger Brendan Rodgers wohl auch hinbekommen.

"Unsere Mannschaft wird anders aussehen"

Woran lag es? Welche Fehler hat er selbst begangen? "Nummer eins aller Maßnahmen nach einem Spiel ist Selbstkritik - und die habe ich noch nicht abgeschlossen", sagte er rund eine Stunde nach Spielende auf der Pressekonferenz.
Klar war da nur: Es wird ein bisschen dauern mit dem Aufarbeiten. Aber: Klopp fand auch gleich wieder Boden unter den Füßen.
Klopp, der Nach-Vorne-Blicker. Auch diese Facette zeigte er gleich. Er richtete seine Spieler noch auf dem Spielfeld auf, führte Gespräche, hatte intensive Minuten mit Aushilfskapitän James Milner, auf den er im Regen von Basel einredete. Das Einschwören auf die neue Saison begann in der Minute der Niederlage. Aufstehen.
"Wir sind enttäuscht und frustriert – aber wir werden das nutzen", sagte Klopp später. Kein Europacup? Dann halt mehr Training:
Wir sind nächste Saison nicht in Europa, okay, aber das bedeutet nichts anderes, dass wir unter der Woche weniger Spiele haben werden und das nutzen können, um zu trainieren. Wir werden stärker zurückkommen.
Mit einem neuen Team, so viel ist klar. "Unsere Mannschaft wird anders aussehen, wir werden auf dem Transfermarkt aktiv sein", kündigte er an.
Was er zeigen muss: dass er auch "Klopp, der Teambuilder" sein kann. Einer, der nicht nur das Beste aus Spielern wie Marcel Schmelzer, Adam Lallana, Neven Subotic oder Dejan Lovren rausholen kann.
Sondern einer, der so viele Stars in seinen Team aufnehmen und führen kann, dass Liverpool wieder um Platz drei statt um Platz sechs in der Premier League mitspielen kann. "Was wir brauchen, ist mehr Konstanz in unserem Spiel", sagte Klopp. "Wir spielen phasenweise gut, dann wieder nicht."
Das Gute: das Gros des Teams, Lichtblicke wie Nathanial Clyne, Philippe Coutinho, Roberto Firmino, Divock Origi – allesamt noch formbar. Klopp: "Meine Spieler sind noch jung. Wir werden eines Tages hoffentlich sagen, dass das ein Wendepunkt hin zu etwas ganz Besonderem war."
Und wenn er doch wieder im nächsten Finale verliert?
Klopp:
Ich weiß nicht, ob Fußball unfair ist. Ich denke nicht, dass es so ist. Aber wenn Gott den Plan hat, dass ich jedes Mal ins Finale komme und dann verliere - dann ist es eben so. Ich hatte viel Glück im Leben, das Leben hat’s gut mit mir gemeint. An diesem Abend nicht – ich werde trotzdem weitermachen.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung