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3 Dinge, die bei Nordirland-Deutschland auffielen: Guter Boa, schwacher Goretzka und ein Überflieger

Florian Bogner

Update 06/10/2017 um 08:39 GMT+2 Uhr

Deutschland hat mit dem 3:1 (2:0) in Nordirland das WM-Ticket nach Russland sicher. In Belfast überzeugen die Außenverteidiger Joshua Kimmich und Marvin Plattenhardt, ersterer erhält sogar ein Sonderlob von Bundestrainer Joachim Löw. Jérôme Boateng erlebt ein Comeback mit viel Licht und ein wenig Schatten. Leon Goretzka liefert derweil eine Partie zum Vergessen ab. Was uns auffiel.

Joshua Kimmich (Nordirland vs. Deutschland)

Fotocredit: Imago

Gute Außen

Joachim Löw hatte offenbar den Plan ausgeheckt, den Nordiren mit nach vorne preschenden Außenverteidigern den Garaus zu machen.
Marvin Plattenhardt und Joshua Kimmich hielten sich so zumeist auf Höhe des gegnerischen Sechzehners an den Außenlinien auf; Julian Draxler und Leon Goretzka, nominell die offensiven Außen, rückten dafür sehr oft nach innen ein, sorgten so für Überzahl im Zentrum.
"Wir haben versucht, die Pässe schnell zu machen, die Seiten zu wechseln und die Schnittstellen zu finden", sagte Sebastian Rudy.
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Joshua Kimmich jubelt mit Mats Hummels und Sandro Wagner

Fotocredit: Getty Images

Der Ertrag: Beide Tore der ersten Halbzeit, obwohl mittig aus der Distanz erzielt, wurden über Kimmichs rechte Seite eingeleitet; die meisten Angriffe trug Deutschland sogar über Plattenhardts linke Seite vor. Der Herthaner zeigte dabei in seinem erst zweiten Spiel von Beginn an, dass er ein solider Ersatz für Jonas Hector ist, offensiv vielleicht sogar ein kleines bisschen stärker.
Kimmich steuerte derweil beim 1:0 von Rudy (2.) seine achte Torvorlage in dieser WM-Qualifikation bei - Topwert in Europa. Überhaupt macht Kimmich, der nun 22-mal in Folge 90 Minuten auf dem Platz stand, mit solchen Leistungen wie zuletzt schon fast Philipp Lahm vergessen.
Diskussionen um den Rechtsverteidigerposten in der Nationalelf gehören mit diesem Kimmich - entschlossen, agil, ballsicher - der Vergangenheit an.
Löw lobte:
Der Jo ist einfach ein Klassespieler, der unglaubliche Wege macht. Er ist vorne immer auf der Höhe der Verteidiger, er ist hinten präsent, er ist im Zweikampf sehr aggressiv. Er ist eine unglaublich positive Erscheinung in unserer Mannschaft.
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Sebastian Rudy of Germany is mobbed by team mates after scoring during the FIFA 2018 World Cup Qualifier between Northern Ireland and Germany at Windsor Park on October 5, 2017 in Belfast, Northern Ireland

Fotocredit: Getty Images

Wie zur Bestätigung all dessen sorgten beide Außen gemeinschaftlich für das 3:0: Plattenhardt flankte nach Außenrist-Pass von Rudy, Kimmich verwertete nach zu kurzer Kopfballabwehr volley ins Netz (86.). Insgesamt flankten beide Außenverteidiger übrigens 19-mal vors nordirische Tor - vorbildlicher Einsatz. Kimmich:
Bei der Nationalmannschaft haben wir immer eine sehr gute Strafraumbesetzung, da kann auch mal eine schlechte Flanke zu einer guten werden.
Löw schränkte aber auch ein:
Bei den Außenverteidigern sehe ich nur Kimmich auf internationalem Niveau. Die anderen müssen noch reifen. Es gibt bei uns auf jeden Fall noch Problempositionen - gerade bei den Außenverteidigern würde ich mir wünschen, dass wir die doppelt besetzen könnten.

Gutes Boateng-Comeback

Jérôme Boateng, deutscher Fußballer des Jahres 2016, hatte tatsächlich 359 Tage lang nicht mehr das DFB-Trikot getragen, ehe er am Donnerstagabend in Belfast auflief. Nach zahlreichen Verletzungen ist der 29-Jährige zwar noch längst nicht der Alte, versuchte aber im DFB-Dress zumindest wieder die alte Präsenz an den Tag zu legen.
So übernahm "Boa" in Abstimmung mit Bayern-Partner Mats Hummels in der ersten Halbzeit den deutlich offensiveren Part der Innenverteidigung, trug den Ball oft in die nordirische Spielhälfte und versuchte auch, ihn hier und da mit Risiko direkt in die Spitze zu spielen.
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Germany's striker Sandro Wagner celebrates after scoring their second goal during the FIFA World Cup 2018 qualification football match between Northern Ireland and Germany at the National Football Stadium at Windsor Park in Belfast on October 5, 2017.

Fotocredit: Getty Images

Dabei hatte Boateng durchaus brauchbare Ideen, wie vor dem vermeintlichen Elfmeterfoul an Sandro Wagner, als er den Ball gefühlvoll in den Strafraum chippte. Dass nicht jeder Ball ankam, war dabei ebenso klar wie verzeihbar.
Was indes nicht so gut klappte: Als Nordirland in der zweiten Hälfte das Offensivpressing verstärkte, verpasste es Boateng, durch einen klaren Spielaufbau Ruhe reinzubringen. Das deutsche Spiel kam durch fahrige Pässe aller Verteidiger und durch viele Rückpässe auf Marc-André ter Stegen so ein bisschen zum Erliegen.
Als gegen Ende auch noch die Kraft nachließ, gab Boateng bei Conor Washingtons Lattenschuss (78.) keine besonders gute Figur ab. Beim Gegentor zum 1:3 durch Josh Magennis (90.+3) irrte der Bayern-Verteidiger auch ein bisschen durch den eigenen Strafraum.
Sein Kerngeschäft in der Abwehr verrichtete Boateng darüber hinaus aber gut: Der Innenverteidiger gewann alle anderen Zweikämpfe und eroberte Bälle im zweistelligen Bereich.
Löw bei "RTL" zur generellen Defensivleistung:
Wir haben wenige Chancen zugelassen und hatten das Spiel absolut unter Kontrolle.
Und Boateng zu seinem Comeback:
Es war wunderschön, dafür habe ich lange gearbeitet, nach vielen Rückschlägen wieder auf dem Platz zu stehen.

Schwacher Goretzka

Für Leon Goretzka spricht an sich vieles: Der Schalker Mittelfeldspieler hat alles, was es für einen "Box-to-Box-Player" braucht, der 22-Jährige ist lernwillig und macht leistungstechnisch lieber kleine Schritte nach vorne als einen großen zurück.
Das Länderspiel gegen Nordirland kann der Schalker jedoch getrost schnell wieder vergessen. Als verkappter Rechtsaußen im Wechsel mit Thomas Müller fand Goretzka nie seine Position im Spiel, war so wenig ins Offensivspiel der Deutschen eingebunden und verlor viele Bälle, die er konstruktiv weiterleiten wollte.
Bilanz eines schaurigen Länderspiels bis zur gnädigen Auswechslung in Minute 73: die wenigsten Ballaktionen aller deutschen Feldspieler auf dem Platz (22), nur zwei geführte Zweikämpfe und eine indiskutable Passquote von nur 71 Prozent bei neun Ballverlusten. In der gegnerischen Hälfte brachte Goretzka in 73 Minuten gerade mal sieben (!) Pässe zum Mitspieler.
Doch wie gesagt: Goretzka ist lernwillig...
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