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Joshua Kimmich in Quarantäne nach Impfverzicht - das Spiel mit dem Feuer

Dennis Melzer

Update 10/11/2021 um 10:37 GMT+1 Uhr

Niklas Süle muss das Lager der deutschen Nationalmannschaft wegen eines positiven Coronatests verlassen. Mit ihm müssen vier weitere DFB-Spieler abreisen - unter anderem der ungeimpfte Joshua Kimmich. Der Star des FC Bayern München wird so erstmals mit der Tragweite seiner Entscheidung, sich vorerst nicht impfen zu lassen, konfrontiert. Es könnte nicht das letzte Mal sein.

Joshua Kimmich und Co. gewinnen 2:0 gegen Liechtenstein

Fotocredit: Getty Images

Am Dienstagmorgen machten erste Meldungen eines Coronafalls beim DFB die Runde, die "Bild" enthüllte recht zügig, dass es sich bei dem Betroffenen um Niklas Süle vom FC Bayern München handelt, kurz danach bezog der Verband via Pressemitteilung Stellung - und bestätigte die Berichte.
Süle, der laut DFB-Angaben "vollständig geimpft und aktuell symptomfrei" sei, musste im Vorfeld des Länderspiels gegen Liechtenstein (Do., 20:45 Uhr im Liveticker) aus dem Teamhotel in Wolfsburg abreisen.
Neben ihm traten auch vier weitere Spieler - namentlich Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Jamal Musiala und Karim Adeyemi - die Heimreise an, um sich in Quarantäne zu begeben.
Sie alle waren Teil einer neunköpfigen Reisegruppe, die sich mit dem Flieger aus München in Richtung Niedersachsen aufgemacht hatte.

Gesundheitsamt: Vier Kontaktpersonen dürfen bleiben

Die vier restlichen Profis, bei denen es sich offenkundig um die Bayern-Spieler Manuel Neuer, Thomas Müller, Leroy Sané und Leon Goretzka handelt, dürfen bleiben, werden aber zunächst von der Gruppe separiert, ehe weitere Tests für Klarheit sorgen sollen. Dies habe das zuständige Gesundheitsamt München Land so entschieden.
Während DFB-Arzt Professor Dr. Tim Meyer mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht keine Angaben über den Impfstatus von Gnabry, Musiala und Adeyemi machen wollte, ist die Sachlage bei Kimmich klar: Er selbst hatte vor wenigen Wochen in einem "Sky"-Interview bekanntgegeben, dass er bislang auf eine Impfung gegen Covid 19 verzichtet habe.
Er sei kein Impfgegner oder Coronaleugner, aber: "Ich habe noch ein paar Bedenken, was fehlende Langzeitstudien angeht", sagte der Mittelfeldspieler, was eine hitzige Debatte nach sich zog.
Der Vorwurf: Er, ein prominenter Kopf des deutschen Fußballs, werde seiner Vorbildrolle nicht gerecht, liefere denjenigen, die sich selbst als Querdenker bezeichnen und seit Monaten gegen die Pandemie-Politik der Regierung mit kruden Argumenten mobilmachen.

Kimmich: Applaus von der AfD

Beifall erhielt der 26-Jährige hingegen aus Reihen der Rechtsaußen-Partei AfD, deren Vorsitzende Alice Weidel machte in ihm – anders als seine Kritiker – sehr wohl "ein Vorbild" aus.
Der Diskussion hätte Kimmich sich weitestgehend entziehen können, indem er schlicht auf Social Media, Zeitungen oder Nachrichten-Apps verzichtete. Nun wird er allerdings erstmals unmittelbar mit der Tragweite seines Impf-Verzichts konfrontiert - und muss gemäß der Vorschriften des Gesundheitsamtes auf das verzichten, was er am liebsten, und, ja auch, beruflich macht - Fußballspielen.
Nun ist der sportliche Wert der kommenden Länderspiele gegen Liechtenstein und Armenien überschaubar, immerhin ist Deutschland bereits für die Weltmeisterschaft in Katar qualifiziert. Allerdings könnte es nicht nur bei diesen beiden Partien bleiben.

Bierhoff versucht mitzufühlen

Mit Blick auf die derzeit rasant steigenden Coronazahlen in Deutschland wird Süle womöglich nicht der letzte Bayern-Spieler mit einem positiven Test sein, der Kimmich unbeabsichtigt gleich mit in Quarantäne schickt.
Es kann immer wieder passieren, selbst wenn der gebürtige Rottweiler sich brav an die Regeln hält, sich weiterhin regelmäßig testen lässt und Menschenansammlungen meidet. Beim nächsten Mal verpasst er nur vielleicht keine unwichtigen Länderspiele mehr, sondern ein Top-Spiel in der Bundesliga. Oder eine entscheidende Champions-League-Begegnung.
Danach gefragt, ob er bereits mit Kimmich über dessen Impfhaltung disktutiert habe, erklärte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff auf der Pressekonferenz am Dienstag zumindest: "Man diskutiert natürlich. Es ist immer ein Thema gewesen, was passiert, wenn ein Spieler positiv getestet wird."
Der Ex-Nationalspieler versuchte auch, sich in eine ungeimpfte Person hineinzuversetzen.
Man werde in Quarantäne geschickt, obwohl man sich eigentlich subjektiv gesehen nichts zu Schulden hat kommen lassen. Bierhoff: "Das ist auch eine mentale Geschichte."

Bierhoff: "Kann Entscheidung nicht nachvollziehen"

Daran habe man "zu knabbern", sagte Bierhoff weiter und schob nach: "Aber man wusste auch, dass man diese Konsequenzen zu befürchten hat. Diese Konsequenzen ist man bewusst eingegangen."
Warum einige Fußballer wie Kimmich eine Impfung bis dato abgelehnt haben, konnte Bierhoff freilich nicht beantworten. Wohl aber, dass er "einzelne Entscheidungen nicht nachvollziehen" könne, wie er es einigermaßen scharf formulierte.
Es gäbe allerdings auch "kein Patentrezept, mit den Menschen, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, zu sprechen", ergänzte Mediziner Meyer, der die Diskussion lieber auf einer grundsätzlicheren Ebene führen würde: "Ich denke, es ist sinnvoll, herauszubekommen, was das Problem ist. Es gibt sicherlich unterschiedliche Gründe für Skepsis, auf die man eingehen muss."

DFB-Arzt Dr. Meyer wirbt für Impfung

Dezidierter wollte Meyer auf seine eigene Meinung zum Thema Impfen nicht eingehen, diese habe er bereits mehrfach kommuniziert.
Tatsächlich hatte er noch Anfang September ein Interview mit der hauseigenen Webseite geführt, in dem er sehr deutlich für die Impfung warb: "Wer sich impfen lässt, zeigt, dass er Verantwortung gegenüber seiner Mannschaft trägt, seinem Verein, der Liga, in der er spielt, der Gemeinschaft und der Gesellschaft."
Dieser Verantwortung ist Kimmich nicht nachgekommen. Und trägt jetzt die Konsequenz daraus.
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