WM 2022 - Drei Dinge, die bei Brasilien gegen Serbien auffielen: Gestatten, Welt - Richarlison!
Update 25/11/2022 um 09:11 GMT+1 Uhr
Richarlison stellt sich mit einem Doppelpack beim 2:0 von Brasilien gegen Serbien bei der WM 2022 in Katar der Weltöffentlichkeit vor. Für die Seleção war zuvor allerdings ein hartes Stück Arbeit nötig, bis der Serben-Riegel geknackt war. Während Richarlison von den Teamkollegen vor allem für sein Traumtor zum 2:0 gefeiert wird, gibt es Verletzungssorgen um Superstar Neymar. Was uns auffiel.
Ein lachendes und ein weinendes Auge - so könnte man die Gefühlslage der Brasilianer nach dem 2:0 (0:0) gegen Serbien zum WM-Auftakt in Gruppe G wohl am treffendsten beschreiben.
Sportlich lief es fast wie am Schnürchen für die Seleção: Mit dem Doppelpack von Richarlison (62./73.) setzte die wohl potenteste Offensive der Weltmeisterschaft eine erste Duftmarke. Serbien, in der Qualifikation immerhin vor Portugal eingelaufen, war gegen Brasilien deutlich unterlegen.
Sorgen macht jedoch der rechte Knöchel von Neymar. Der Superstar von Paris Saint-Germain knickte nach 68 Minuten um und musste später mit Schmerzen ausgewechselt werden.
Drei Dinge, die uns im Lusail Iconic Stadium auffielen.
1.) Steter Tropfen höhlt den Serben
Serbien gegen Brasilien - so lautete 2015 das Endspiel der U20-WM in Neuseeland mit besserem Ausgang für die Europäer. Acht Spieler von damals stehen sieben Jahre später in Serbiens WM-Kader, auf brasilianischer Seite immerhin Gabriel Jesus.
Die Neuauflage wurde jedoch zur klaren Sache für die Südamerikaner. Vielleicht war die Aufstellung von Dragan Stojkovic mit dem ultrakonservativen 3-1-4-1-1 nicht mutig genug, vielleicht muss man gegen diese Seleção aber auch den Bus parken, weil man einen Rückstand unter allen Umständen verhindern will. Denn die Brasilianer sind schnell. Sehr schnell.
Unterm Strich passierte aber auf der serbischen Seite des Balles zu wenig, um die brasilianischen Angriffswellen zu unterbinden. Immer wieder brandete die Seleção an die serbische Fünferkette, machte sie mürbe.
In der ersten Halbzeit waren Top-Chancen eher noch Mangelware, im zweiten Durchgang aber entstanden sie im Fünf-Minuten-Takt. Am Ende konnten sich die Serben beim Torgestänge und Keeper Vanja Milinkovic-Savic bedanken, dass es nicht höher ausging. "Die erste Halbzeit war nicht leicht, gar nicht leicht. Danach wurden sie etwas müde und wir haben uns durchgesetzt", sagte Casemiro.
Wann immer Vinícius Júnior mit etwas Platz an den Ball kam, ging die Post ab; Neymar wirbelte stark zwischen den Linien und verteilte aus seiner etwas defensiveren Position als Achter/Zehner die Bälle gut in die Spitze, Raphinha klaute eifrig Bälle und Richarlison machte sie schließlich rein - so hatte sich das Nationaltrainer Tite wohl vorgestellt.
"Das Spiel war gut, gerade die zweite Halbzeit, da war Serbien müde und wir haben es geschafft, das Spiel für uns zu entscheiden", meinte der Doppeltorschütze zufrieden.
22 Schüsse gab Brasilien ab. Einzig die Tatsache, dass es (zu) lange 0:0 stand, mussten sich die Brasilianer am Ende ankreiden lassen. Ansonsten gab die Seleção aber vor allem der deutschen Mannschaft Anschauungsunterricht, wie man einen schwer zu bespielenden Gegner souverän zu null kaltstellt.
"Es war ein großer Kampf", meinte Bremens Milos Veljkovic: "Wir haben alles auf dem Platz gelassen, aber leider war das nicht genug. Sie hatten die besseren Chancen und wir haben verdient verloren." Sein Trainer Dragan Stojkovic sah es dramatischer: "Ich bin darüber schockiert, wie weit wir in der zweiten Halbzeit abgefallen sind. Ich würde gerne wissen, warum das passiert ist."
Ganz anders freilich die Stimmung bei Tite. "Das war ein sehr wichtiger Sieg mit vielen verschiedenen kleinen Erfolgen innerhalb des Spiels", sagte der Brasilien-Coach: "In der zweiten Halbzeit haben wir unsere physischen Fähigkeiten gezeigt, unsere Positionierung etwas verändert - und insgesamt mehr zu unserem Spiel gefunden. Wir hatten dann fast 20 Torschüsse, das Kollektiv hat super funktioniert."
2.) Richarlison auf dem Weg zum Star
In Brasiliens gefühlter Weltauswahl hat die Nummer neun mit Tottenham Hotspur mit den am wenigsten klangvollen Namen als Arbeitgeber. Richarlison war vor diesem Spiel auch nicht unbedingt jedem ein Begriff - 58-Millionen-Transfer zu den Spurs hin oder her.
Einige Fans hätten vielleicht auch eher Gabriel Jesus in der Startelf der Seleção erwartet; der Arsenal-Angreifer hat diese Saison immerhin schon fünf Premier-League-Tore erzielt, Richarlison dagegen für seinen neuen Arbeitgeber noch keins.
Und dann hatte sich der 25-Jährige auch noch kurz vor der WM verletzt, wurde nur auf den letzten Drücker fit und sprang noch auf den WM-Zug auf. Brasilien-Coach Tite gab Richarlison dennoch den Vorzug - und der kickte sich mit zwei Toren zum 1:0 (62.) und 2:0 (73.) endgültig auf die Weltkarte des Fußballs.
Beim 1:0 konnte der Top-Torjäger der Olympischen Spiele in Tokio 2021 (fünf Treffer) gar nicht anders, als den Torwart-Abpraller nach einem scharfen Schuss von Vinícius Júnior abzustauben.
Beim 2:0 nahm er den Flankenball von Vinícius Júnior zunächst sogar etwas unvorteilhaft an, drehte sich aber blitzschnell und vollierte den Ball per Seitfallzieher ins Netz - Traumtor des Glücksbringers der Seleção. Traf Richarlison für die Auswahl, ging Brasilien nämlich immer als Sieger vom Platz (14 Mal).
"Vor vier Wochen lag ich noch heulend auf dem Rasen und hatte große Angst, die WM zu verpassen", meinte Richarlison nach seinen Länderspieltoren 18 und 19 ungläubig: "Das ist schon verrückt, das träumst du als Kind, auch noch so ein Tor zu machen."
Lob für den "Man of the Match" gab's von den Kollegen. "Er ist ein Superspieler. Wir wissen, dass er ein genialer Strafraumspieler ist. Er hat in England schon gezeigt, dass er das kann", meinte Casemiro. "Das war ein Supertor, ein Golazo", staunte Vinícius Júnior. "Er hat sich das echt verdient", meinte Antony.
"Ich hoffe, dass es so weitergeht, dass wir weiter Siege einfahren", sagte Richarlison. Wenn er selbst weiter so knipst, sollte dem nichts im Wege stehen.
3.) Sorge um Neymar
Brasilien gehört zu den Top-Favoriten der WM. "Bringt den Pokal nach Hause!", hatte die Fußball-Ikone Pelé in den sozialen Medien gefordert, dem würde die Tite-Truppe in Katar nur allzu gerne nachkommen. Obwohl die Seleção nicht mehr die ganz großen Top-Stars des Weltfußballs in den eigenen Reihen hat, so ist der Kader doch hochkarätig besetzt und strotzt nur so vor Selbstvertrauen.
Seit der WM 2018 hat Brasilien nur drei Spiele verloren. Die Spieler aus der heimischen Liga konnten sich schon ein paar Wochen vor ihren in Europa kickenden Kollegen auf Katar vorbereiten, das hob nochmal das Niveau insgesamt im Team. "Wir sind ein super Team, gut zusammengewachsen", lobte Casemiro nach dem Auftaktsieg. "Wir haben viel gearbeitet, hart trainiert - und das hat sich am Ende gelohnt", sagte Vinícius Júnior.
Einen klaren Superstar gibt es aber: Neymar. Der Offensivspieler von Paris Saint-Germain zog gegen Serbien aus einer tieferen Position im Mittelfeld klug die Fäden (drei Torschussvorlagen), strahlte selbst aber auch mit drei Torschüssen Torgefahr aus und war sich auch nicht zu schade, mal im Vollsprint zu einem Kopfballduell im gegnerischen Strafraum hochzusteigen.
Vor dem 1:0 war es seine elegante Bewegung im Strafraum, die Serbien aushebelte (62.). Dann aber der Schock: In der 68. Minute wurde der PSG-Star bei der Vorlage zu Vinícius' Großchance von Nikola Milenkovic per Grätsche zu Boden befördert; Neymars rechter Knöchel knickte dabei unter dem Schienbein des Serben um.
Der Brasilianer wandt sich vor Schmerzen, probierte es nochmal, musste aber elf Minuten später ausgewechselt werden. Auf der Bank sah man bei ihm Tränen einschießen, Neymar verbarg sein Gesicht im eigenen Trikot - kein gutes Zeichen.
Mit neun Fouls war der Pariser aber auch einmal mehr der meistgefällte Spieler auf dem Platz. Ob er mehr abbekommen hat als "nur" einen dicken Knöchel, wird nun das Thema der kommenden Tage sein, ehe es am Montag gegen die Schweiz geht (17:00 Uhr im Liveticker).
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