WM 2022 - Drei Dinge, die bei Deutschland gegen Japan auffielen: Verteidigen war nicht verboten!
Deutschland verliert zum Auftakt der WM 2022 1:2 (1:0) gegen Japan und steht schon mit dem Rücken zur Wand. In der Defensive rennt die deutsche Nationalmannschaft den Blue Samurai sehenden Auges ins Messer, offensiv bleiben insbesondere Thomas Müller und Kai Havertz blass. Einzig Ilkay Gündogan darf sich so halbwegs als Gewinner fühlen. Drei Dinge, die uns bei der DFB-Pleite in Katar auffielen.
Verdiente Niederlage: Müller äußert sich selbstkritisch
Quelle: MagentaTV
Egal, ob man Thomas Müller, Manuel Neuer oder Ilkay Gündogan das Mikrofon vor die Nase hielt - so richtig fassen konnte es kein deutscher Nationalspieler.
Den Start in die WM 2022 in Katar hat Deutschland versemmelt. 1:2 (1:0) hieß es zum Auftakt der Gruppe E gegen Japan. Vor dem Top-Duell mit Spanien (So., 20:00 Uhr im Liveticker) steht das DFB-Team nun schon mit den Fersen am Abgrund.
"Ich bin total frustriert und verärgert, dass wir das Spiel aus der Hand gegeben haben", kommentierte Kapitän Neuer. "Das war total unnötig. Wir haben uns viele Torchancen erspielt und da liegen Glück und Pech nah beieinander."
Vor dem Anpfiff setzte die deutsche Nationalmannschaft ein Zeichen in der "One-Love"-Debatte, in dem sich die Spieler beim Mannschaftsfoto den Mund zu hielten. "Uns die Binde zu verbieten, ist wie den Mund zu verbieten. Unsere Haltung steht", hieß es in einem Statement der Mannschaft. Die Szene wurde im TV-Bild der FIFA nicht gezeigt, Fotos gingen jedoch schnell um die Welt.
Drei Dinge, die uns beim Spiel im Khalifa International Stadion in ar-Rayyan auffielen.
1.) Verteidigen war nicht verboten
72 Minuten lang hatte die deutsche Nationalmannschaft die Blue Samurai einigermaßen im Griff, hätte durchaus höher als 1:0 führen können - dann kam der Kollaps. Ganz aus heiterem Himmel fielen die Gegentore durch die eingewechselten Bundesliga-Profis Ritsu Doan (75.) und Takuma Asano (83.) aber nicht. Es hatte sich schon angedeutet.
Spätestens mit der Großchance von Asano, die Neuer grandios parierte (73.), hätte das DFB-Team gewarnt sein müssen.
Bis dato hatten die Japaner vor allem über Außen immer wieder ihre Gefährlichkeit unter Beweis gestellt. In der ersten Halbzeit war es vor allem die Schnittstelle zwischen dem oft sehr offensiv positionierten Linksverteidiger David Raum und dem zu oft ohne Timing agierenden Innenverteidiger Nico Schlotterbeck, in die Japan oft stieß.
Vor allem Ballklauer Daichi Kamada machte den Deutschen Mühe, der schnelle Angreifer Daizen Maeda kam mehrfach zum Abschluss.
Während das DFB-Team durch die Wechsel eher geschwächt wurden, wurde Japan durch seine Joker immer stärker - Kaoru Mitoma, Takumi Minamino, Doan und Asano hatten alle ihren Anteil an den Toren der Blue Samurai.
Beim 1:1 rächte sich die wachsende Passivität des Aushilfsrechtsverteidigers Niklas Süle, der nicht konsequent auf Mitoma raufschob. Der eingewechselte Goretzka ließ seinen Gegenspieler zudem in den Strafraum entwischen, beim Torschützen Doan stand dann konsequenterweise gar keiner mehr (75.).
Beim 1:2 hob zunächst Süle ohne Not das Abseits auf, Schlotterbeck dagegen ging dem langen Ball auf Asano nur zögerlich nach und hinderte den physisch eigentlich unterlegenen Japaner trotz Körperkontakt nicht am direkten Weg zum Tor (83.) - Fehlerketten, die Fans von Borussia Dortmund nicht unbekannt vorkommen dürften.
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Nico Schlotterbeck zog gegen Asano den Kürzeren
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"Ich weiß nicht, ob bei einer Weltmeisterschaft jemals ein einfacheres Tor erzielt wurde. Das darf nicht passieren", kritisierte Ilkay Gündogan ganz unverhohlen.
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"Nicht gut genug!" Gündogan bemängelt fehlende Coolness
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Zur Unordnung in der DFB-Hintermannschaft hatte zuvor ganz generell ein etwas mutigeres Anlaufen der Japaner im zweiten Durchgang geführt. Die deutschen Innenverteidiger hatten im Spiel von hinten raus nicht mehr so viel Zeit, Joshua Kimmich und Jamal Musiala standen schnell zwei Mann auf den Füßen - so kam Japan zu höheren Ballgewinnen. "Wenn man keine Pässe mit Aussage nach vorne gibt, kommt die Retourkutsche. Das haben wir uns selbst eingebrockt", bemängelte Neuer.
"Man hatte das Gefühl, dass nicht jeder den Ball unbedingt haben wollte. Wir haben zu oft viel zu einfach den Ball verloren", kritisierte Gündogan.
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Neuer bedient: "Total frustriert und verärgert"
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Insgesamt vermochte es die deutsche Mannschaft nicht, sich auf die taktischen und personellen Änderungen der Japaner einzustellen - so gab's die Quittung. "Wir haben heute die nackte Wahrheit gesehen", meinte "ARD"-Experte Bastian Schweinsteiger.
Und Müller meinte: "Es ist aberwitzig, dass wir mit einer Niederlage dastehen. Aber wenn man seht, was wie vorne haben liegen lassen und wie wir die Dinger hinten kriegen, haben wir auch nicht unverdient verloren."
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Niklas Süle (l.) und Antonio Rüdiger (r.) blicken ungläubig drein - Deutschland verliert bei der WM 2022 zum Auftakt gegen Japan
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2.) DFB-Offensive würgt den Motor ab
Viel war darüber diskutiert worden: Wie stellt Flick seine Offensive auf? Da Leroy Sané (Knieprobleme) nicht konnte, entschied sich der Bundestrainer für die Dreierreihe Serge Gnabry, Thomas Müller und Jamal Musiala sowie Kai Havertz als falsche Neun davor - eine Maßnahme, die nicht aufging.
Müller merkte man seine fehlende Spielpraxis nach mehreren Wochen ohne Einsatz an; wenngleich der Bayer ein paar Mal als One-Touch-Ballverteiler glänzte, nahm er doch zu wenig am Spiel teil und strahlte bis zu seiner Auswechslung (67.) keine Torgefahr aus.
Musiala bemühte sich in seinem ersten WM-Spiel redlich, vom linken Flügel aus durch schnelle Bewegungen und Dribblings in Tornähe zu kommen. Doch entweder blockte ein japanisches Abwehrbein oder der 19-Jährige setzte seine Abschlüsse zu hoch an (45./51.).
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Jamal Musiala (m./Deutschland) im Spiel gegen Japan
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Gnabry war eine halbe Stunde lang gar nicht zu sehen und biss sich dann besser in die Partie; Glück im Abschluss war ihm allerdings nicht vergönnt (47./71.). "Das zwingende Wollen fürs zweite Tor hat gefehlt", bemängelte Neuer.
Havertz hing dagegen komplett in der Luft und verbuchte bis zu seiner Auswechslung gegen Niclas Füllkrug (79.) nur 25 Ballaktionen. Seine auffälligste Szene war ein Abseitstor (45.+4) - hier wird sich Flick genau überlegen, ob er im nächsten Spiel nicht besser einen "echten" Mittelstürmer, also Füllkrug oder den erst in der Nachspielzeit eingewechselten Youssoufa Moukoko, aufstellt.
Zunächst mal war der Bundestrainer aber bedient. "Das ist brutal enttäuschend. Wir hatten viel Ballbesitz, waren mehr als verdient in Führung. Dann hatten wir viele Chancen, die wir nicht gemacht haben - da hat uns Japan, was die Effizienz betrifft, klar geschlagen und deshalb das eine Tor mehr gemacht", analysierte Flick niedergeschlagen.
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WM 2022 in Katar: Deutschland gegen Japan
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3.) Gündogan verdient sich seinen Einsatz
Ilkay Gündogan hätten wahrscheinlich nicht viele der knapp 80 Millionen Bundestrainer in Deutschland den Vorzug vor Leon Goretzka gegeben. Flick tat es und lag zumindest damit nicht verkehrt.
Nach einem fürchterlichen Ballverlust gegen Kamada, der beinahe das 0:1 bedeutet hätte (8.), schaltete der ManCity-Star schnell einen Gang höher und war fortan fast der auffälligste Spieler in der deutschen Offensive.
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Flick analysiert Niederlage: "Wut ist nicht angebracht"
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Sein Nachschuss nach 29 Minuten ging noch drüber, besser machte er es vier Minuten später vom Elfmeterpunkt - 1:0 (33.), sein 17. Länderspieltor und erstes bei einem großen Turnier.
Der 32-Jährige spielte von der Sechs zwar nicht so geniale Bälle wie sein Nebenmann Joshua Kimmich, schaltete sich aber immer wieder in die Offensive ein (93 Prozent Passquote), zeigte Präsenz am Strafraum und in den Halbräumen und kam so zu insgesamt sechs Abschlüssen - wie in der 60. Minute, als der Ball den rechten Außenpfosten küsste.
Kurz darauf machte er Platz für Goretzka (67.) und holte sich seinen verdienten Applaus ab. Ohne ihn auf dem Spielfeld zerfiel das deutsche Spiel dann. Gündogan: "Es ist extrem enttäuschend."
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Rüdiger ätzt: "Das 2:1 ist lachhaft"
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