WM 2022 - Drei Dinge, die bei England gegen USA auffielen: Southgate verzichtet auf Foden und macht sich nicht beliebter
England lässt bei der WM 2022 gegen die USA Vorsicht walten (0:0) und damit den Rückenwind vom Kantersieg gegen den Iran vorbeiziehen. Harry Kane ist nicht der einzige Offensive, der müde wirkt. Trainer Gareth Southgate lässt derweil Phil Foden links liegen und macht sich damit in England nicht unbedingt beliebter. Tyler Adams gebührt bei den USA ein Kompliment. Drei Dinge, die auffielen.
Phil Foden verbringt bei der WM 2022 sehr viel Zeit auf der Bank - England vs. USA
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Im Fußball gibt es keine Türen, nur Tore. Dennoch hatte Harry Kane gewissermaßen Recht.
"Wir haben einfach den Schlüssel nicht gefunden", sagte der Kapitän der englischen Nationalmannschaft nach dem 0:0 bei der WM 2022 in Katar gegen die USA in Gruppe B.
Was er meinte: Nach dem 6:2-Feuerwerk gegen den Iran fand England diesmal nicht besonders viele Wege, um Torgefahr auszustrahlen. Das favorisierte Team von Trainer Gareth Southgate hatte sogar Glück, das Christian Pulisic für die USA nur die Latte traf (33.).
"Es war nicht unsere beste Leistung", fügte Kane an, war aber bereit zu akzeptieren, was man im Al Bayt Stadium bekommen hatte: "Wir haben hinten die Null gehalten. Die WM macht uns immer noch Spaß."
Ganz anders die Stimmung im US-Team. Wie England kann es die Truppe von Coach Gregg Berhalter weiter aus eigener Kraft ins Achtelfinale schaffen. "0:0 ist ein gutes Ergebnis", sagte der ehemalige Bundesliga-Profi, "aber die Arbeit ist noch nicht getan. Wir brauchen fünf Punkte."
Hier gibt es zumindest drei Dinge, die auffielen.
1.) Laues Lüftchen statt Hurrikane
Englands laues Lüftchen gegen die USA nur an Mittelstürmer Harry Kane festzumachen, greift zu kurz. Sicher: Der Spurs-Angreifer wirkte mehr als unglücklich, als er nach zehn Minuten die wohl größte englische Chance des Spiels kläglich ausließ und in der Folge bis zu einem Kopfball in der Nachspielzeit (90.+3) so gar keine Torgefahr mehr ausstrahlen wollte.
Es war aber auch eine turbulente Woche für Kane - Spitzname: Hurrikane. Erst die Farce um die "One-Love"-Binde, dann wurde auch noch sein Handgelenk thematisiert: Das nämlich, welches vor dem Auftaktspiel eine Rolex in Regenbogenoptik zierte. Kostenpunkt: über 500.000 Euro. Sollte das ein Zeichen des Protests gewesen sein, dann war es ein äußerst seltsamer. Und privilegierter.
Kane ging aber auch angeschlagen in die Partie. Der rechte Knöchel schmerzte ihn seit dem 6:2 gegen den Iran, entsprechend zaghaft ging der 29-Jährige am Freitag zu Werke. Zwei Abschlüsse, nur drei Ballaktionen im gegnerischen Strafraum - so richtig kam der vermeintliche Wirbelwind gegen die USA nicht in die Spur.
Kane wurde von seinen Nebenleuten aber auch wenig unterstützt. Raheem Sterling und Bukayo Sako kamen auf den Flügeln nie ins Laufen, Mason Mount fand die Lücken nicht. Jude Bellingham wirkte alsbald schon müde und wurde ausgewechselt, die Joker stachen auch nicht.
"Sie haben ihre Offensivspieler nicht in Eins-gegen-Eins-Situationen gebracht", kritisierte Bastian Schweinsteiger in der "ARD". Sami Khedira bemängelte vor allem eine merkliche Allergie gegen tiefe Wege hinter die Kette: "Sie haben es mit Bellingham in der ersten Halbzeit einmal gemacht und dann nie wieder. Das verstehe ich nicht."
So folgten dem halben Dutzend Tore gegen den Iran eine Nullnummer gegen die USA mit kümmerlichen acht Torschüssen und nur 0,54 "Expected Goals". Nicht nur "MagentaTV"-Experte Michael Ballack fand das "ein bisschen enttäuschend. Aber England wollte nicht alles riskieren, weil sie auch mit vier Punkten eine hervorragende Ausgangsposition haben, um weiterzukommen."
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Christian Pulisic (unten) trifft die Latte - England vs. USA
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2.) Southgate macht sich nicht beliebter
Gareth Southgate hätte England vor 16 Monaten beinahe zum EM-Titel geführt und sich damit auf der Insel wohl unsterblich gemacht. Was auf die bittere Finalniederlage gegen Italien folgte, war jedoch ein grausames Länderspieljahr, gipfelnd im Abstieg aus der obersten Etage der Nations League. Und plötzlich stand Southgate in der Kritik.
Nach dem Zwischenhoch mit dem 6:2 gegen den Iran dürfte das 0:0 gegen die USA für weitere Southgate-Debatten sorgen. So muss sich der Trainer der Three Lions vor allem fragen lassen, warum er den bei Manchester City so glänzend aufgelegten Phil Foden gegen den Iran nur 19 Minuten und gegen die USA gar nicht einsetzte.
"Foden hätte ich schon gebracht, weil der für ein Momentum sorgen kann", meinte Bastian Schweinsteiger in der "ARD", "aber keiner der Trainer hat sich getraut, umzustellen, weil auf beiden Seiten gut gegen den Ball gespielt wurde."
Ballack stimmte bei "MagentaTV" zu. "Foden wäre einer gewesen, der den Unterschied hätte ausmachen können", meinte der ehemalige DFB-Kapitän: "Er ist stark im Dribbling auf engem Raum, das hätten sie heute gebraucht. Die Einwechslung von Grealish hat dagegen nichts gebracht."
Ebenso diskutabel fand Schweinsteiger die Auswechslung von Bellingham nach 68 Minuten für den Liverpooler Jordan Henderson. "Das hätte ich nicht gemacht", meinte der deutsche Final-Hero von 2014: "Das hat mich schon überrascht. Bellingham hat es gegen den Ball gut gemacht und ist auch mal in die Tiefe gegangen." Danach sei dieses Element weg gewesen.
Insgesamt merkte man der Southgate-Elf doch merklich an, dass die erste Devise "bloß nicht verlieren" gelautet hatte. "Das haben sie eigentlich nicht nötig", befand Thomas Hitzlsperger in der "ARD": "Das ist mein Vorwurf an Southgate - dass sie nicht ihr offensives Potenzial voll ausspielen, sondern ein Remis verteidigen."
Wer in der Vorrunde stets nur so hoch springt, wie er muss, könnte später Probleme kriegen, meinte wiederum Khedira: "Bei einer WM gibt es keinen Knopf, auf den man drücken kann: Okay, jetzt mache ich ein bisschen mehr." Da hatte der Weltmeister von 2014 aber wohl ein wenig den deutschen Auftritt in Brasilien aus der Erinnerung verloren.
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Gareth Southgate
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3.) USA mutiert zur Adams-Family
Tyler Adams kam in seiner Zeit zwischen 2019 und 2022 bei RB Leipzig zwar nie über die Rolle des Ergänzungsspielers hinaus, verdiente sich aber in dieser Zeitspanne seine Sporen im Nationalteam und führt die USA nun mit gerade mal 23 Jahren und 34 Länderspieleinsätzen bei der WM als Kapitän aufs Feld.
In Gregg Berhalters 4-4-2 bot Adams als halbrechtes Glied der Mittelfeldkette eine starke Leistung an. Der Profi von Leeds United nahm Mason Mount aus dem Spiel, lief aber auch viele Löcher zu. Im Aufbau war er dafür immer anspielbar, vorne spielte er geschickte Bälle in die Außenkorridore.
Fußballerisch sei das "sehr gut", gewesen, fand Schweinsteiger, "Tyler Adams hat ein fantastisches Spiel gemacht: einfache Pässe, die Kollegen gut in Szene gesetzt, aber auch das Zentrum geschlossen und geschaut, dass da kein Platz war. Großes Kompliment."
Mit dem ebenso fleißigen Yunus Musah im Verbund gaben die zwei Sechser klarste Kommandos zum Verschieben, hielten die Ketten extrem kompakt und machten das bespielbare Feld für die Engländer extrem eng. Vorne setzten dafür McKennie und Pulisic mit ihren Abschlüssen Nadelstiche.
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Yunus Musah und Tyler Adams nehmen Harry Kane in die Zange
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"Wir sind aggressiv geblieben, haben den Ball auch mal in den eigenen Reihen gehalten. Ein Punkt gegen England ist nicht schlecht", sagte der Ex-Dortmunder Pulisic. "Sie waren sehr nah dran", befand Schweinsteiger und meinte: am Sieg. "Das war eine hervorragende Leistung", pflichtete Ballack bei.
In WM-Duellen zwischen den Eliten von "Football" und "Soccer" war's im dritten Spiel das zweite Unentschieden - 1950 hatte die USA die Engländer 1:0 düpiert. "Man muss den USA Respekt zollen, sie haben gut gespielt", befand Harry Kane 72 Jahre später: "Da ziehe ich den Hut vor. Es war ein harter Gegner." Dennoch braucht die USA nun einen Sieg gegen den Iran fürs Achtelfinale.
"Wir haben gut gespielt, richtig gut gespielt", befand schließlich auch McKennie: "Der letzte Pass hat gefehlt. Wir sind froh mit dem Punkt. Es ist gut, weil wir es jetzt in der eigenen Hand haben. Das macht uns stolz."
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TV-Expertin deutlich: Deutschland ist keine Turniermannschaft mehr
Quelle: Eurosport
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