Handball-WM 2019 - Kolumne von Daniel Stephan #8 vor Deutschland - Norwegen

Der ehemalige Welthandballer und heutige Eurosport-Experte Daniel Stephan blickt in seiner Kolumne auf Eurosport.de auf die deutsche Mannschaft vor dem WM-Halbfinale gegen Norwegen. Warum sich ein Spieler nicht mit dem Scheitern beschäftigt, was ein Aus für die Bewertung des großen Ganzen bedeuten würde - und welche Faktoren für den Finaleinzug des DHB-Teams sprechen. Das sind nämlich einige.

WM-Kolumne von Daniel Stephan #8

Fotocredit: Getty Images

Hallo Handball-Freunde,
obwohl viel gewechselt und ausprobiert wurde, gelang Deutschland zum Hauptrundenabschluss ein 31:30 über Spanien. Noch immer ist unsere Mannschaft bei der WM ungeschlagen, mehr noch: Wir hatten bisher kein schlechtes Spiel dabei.
Theoretisch steigt die Wahrscheinlichkeit, mal einen gebrauchten Abend zu erwischen. Als Spieler denkt man aber nicht an so etwas. Als Spieler denkt man: Hey, wir haben eine Siegesserie, so viel Euphorie, so viel Selbstvertrauen, die Zuschauer stehen hinter uns. Dieses Momentum will man einfach nutzen, man ist so fokussiert auf den nächsten Sieg. Man weiß, dass ein schlechter Tag kommen könnte, aber blendet es aus.

Wirklich Heimvorteil in Hamburg?

Im Halbfinale wartet Norwegen (am Freitag ab 20:30 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de). Erinnern wir uns an die EM 2016, als wir den Titel holten: Wer war Gegner im Halbfinale? Norwegen. Das ist natürlich ein gutes Omen. Die Norweger haben registriert, was Deutschland bei der WM gespielt hat, und auch, wie die Zuschauer eine gewisse Macht entwickelt haben. Ich glaube, ohne diese Atmosphäre hätten wir zwischendurch ein Spiel verloren.
Ich bin gespannt, ob der Heimvorteil in Hamburg tatsächlich vorhanden ist - oder ob die Skandinavier im Vorfeld viele Karten gekauft haben, weil sie fest damit rechneten, dass ihre Mannschaft im Halbfinale steht. Es wird eine Sache von Nuancen, und ich hoffe, dass die Nuance dann doch unser Heimvorteil ist.
Vor der WM wurde das Halbfinale als Ziel ausgegeben. Das war realistisch, auch wenn das Pendel in beide Richtungen ausschlagen konnte. Das DHB-Team hat sofort gezeigt, hier etwas reißen zu wollen, dann kamen die Zuschauer ins Boot, das öffentliche Interesse ist gestiegen, es entstand ein riesiger Hype.
Sicher, wenn wir gegen Norwegen verlieren, wäre der Frust groß - aber die Mannschaft hat wirklich sehr, sehr viel erreicht. Selbst im Fall eines Ausscheidens müsste im Fokus stehen, dass Deutschland in dieser Zeit zum Handballland wurde. Man müsste das Positive hervorkehren, nicht die Niederlage. Nach allem, wie diese WM abgelaufen ist, könnte man gar nicht übers große Ganze enttäuscht sein.

Deutschland gegen Norwegen wird eine Schlacht

Norwegen ist ein Klasseteam, mit vielen Akteuren aus der Bundesliga, ihr Superstar Sander Sagosen spielt in Paris. Sie zeigen technisch guten Handball und sind körperlich stark. Wir können uns auf Abwehr und Torhüter tausendprozentig verlassen; im Angriff müssen wir weiterhin ein bisschen zulegen.
Es wird schwer, es wird ein Kraftakt, es wird eine Schlacht. Da entscheiden die Nerven, weswegen es wichtig ist, gegen Kroatien (22:21) bereits ein enges Spiel gewonnen zu haben. Das sind Erfahrungswerte. Nach den beiden Unentschieden gegen Russland und Frankreich haben ja alle gesagt: Deutschland hatte die Nerven nicht. Jetzt hatten wir sie.
Ich denke natürlich positiv. Wir haben das Selbstvertrauen, wir haben die Atmosphäre, deshalb bin ich optimistisch gestimmt, dass wir Norwegen in einem dramatischen Spiel bezwingen, um nach Dänemark zum Finale zu fahren. Wir packen Norwegen!
Euer Daniel Stephan
Zur Person: Daniel Stephan
Der ehemalige Nationalspieler wurde 1998 zum ersten Welthandballer aus Deutschland gekürt. Stephan, der im linken Rückraum und in der Mitte spielte, wurde 2004 Europameister und holte im selben Jahr mit der DHB-Auswahl die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Athen. In 183 Länderspielen warf der heute 45-Jährige, der im Verein für den OSC Rheinhausen und den TBV Lemgo auflief, 590 Tore. Die WM 2019 begleitet Stephan als TV-Experte bei Eurosport und hier in seiner Kolumne für Eurosport.de
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