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UFC: So tickt Superstar Edson Barboza - vom Schuhkarton in der Favela bis ins berüchtigte Octagon

Philipp Kessler

Update 17/05/2024 um 23:28 GMT+2 Uhr

Er tritt schneller als sein Schatten: Edson Barboza ist einer der Superstars der Ultimate Fighting Championship (UFC) und gefürchtet für seine Kicks. Legendär ist sein Spinning-Wheel-Kick gegen den Kopf von Terry Etim, der auf YouTube seit 2012 millionenfach angesehen wurde und als einer der besten Knockouts aller Zeiten gilt. Eurosport.de stellt euch Überflieger Barboza vor.

Edson Barboza in Aktion

Fotocredit: Getty Images

In der Nacht von Samstag auf Sonntag (1:00 Uhr MESZ) trifft der 38-jährige Brasilianer im Main Event der UFC Fight Night in Las Vegas auf den Briten Lerone Murphy (32), der von seinen bisher 14 MMA-Kämpfen noch keinen verloren hat.
Die große Frage: Knockt Barboza ihn zum ersten Mal aus?
Vor seinem 30. UFC-Kampf - ein Meilenstein, den vor ihm erst 14 Athleten erreicht haben - warnt er seinen Kontrahenten: "Das Feuer in mir ist immer noch das gleiche wie beim ersten Fight."
Eurosport.de erklärt, wie der Super-Kicker tickt.

UFC: Edson Barboza im Portrait

Edson Mendes Barboza Júnior, so sein kompletter Name, wurde am 21. Januar 1986 in Nova Friburgo, etwas außerhalb von Rio de Janeiro, geboren. Drei Monate früher als geplant.
"Der Doc sagte zu meinem Vater: 'Ihr Junge wird sterben, ganz sicher.' Mein Vater drehte durch", verriet Barboza 2013. Doch es geschah ein Wunder, Mutter und Kind überlebten.
Barbozas erste Wiege war ein Schuhkarton. Später zog die Familie - der Vater arbeitete im örtlichen Bergbau, die Mutter in einer Kindertagesstätte - mit Junior und seiner älteren Schwester in ein größeres Heim.
Dort begann auch seine Faszination für Kampfsport.

Barboza mutiert zum Wunderkind

Im Rahmen eines Sozialprojekts für benachteiligte Kinder in seiner Favela begann Barboza im Alter von acht Jahren mit dem Kickboxen. "Ich habe sehr früh mit Muay Thai angefangen, im Hangar einer Samba-Einheit", sagte er über seine Anfänge.
"Mein Vater hatte nicht die Möglichkeit, mich in bezahlte Kampfsportkurse zu stecken, also habe ich mich diesem sozialen Projekt angeschlossen, das Kindern Muay Thai beibrachte. Vom ersten Kontakt an begann meine Leidenschaft für den Sport."   
Barboza war Feuer und Flamme, schnell galt er als Wunderkind. Diesem Status wurde er schon in seinem ersten Kampf, den er in seinem ersten Muay-Thai-Jahr wagte, gerecht. "Ich habe meinen Gegner besiegt, als er nicht auf die Glocke zur zweiten Runde reagiert hatte. Das war mein erster technischer K.o.", erinnerte sich Barboza. "Der Junge hörte nicht auf zu weinen - und ich war siegreich. Ich habe das Video davon immer noch gespeichert."   
Drei Jahre später begann er mit Anderson França, einem der renommiertesten Muay-Thai-Trainer Brasiliens, zu trainieren. Bis heute ist er Barbozas Coach.
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Anderson Franca umarmt Schützling Edson Barboza

Fotocredit: Getty Images

Für Barboza war keine Hürde zu hoch

Beim Muay-Thai-Grand-Prix namens La Gara hat er zwar das Finale gegen Tadeu San Martino verloren. Auf dem Weg dorthin knockte Barboza allerdings drei Gegner aus - in einer höheren Klasse als seiner. "Der Wettkampf war sehr wichtig, um zu zeigen, dass ich in der Lage bin, Hürden zu überwinden", so Barboza.
Beim Demolition Grand Prix 2007 rächte er sich mit einem Sieg an San Martino. Mit dem Preisgeld von heute umgerechnet knapp 900 Euro kaufte Barboza das erste Auto seiner Familie: einen gebrauchten, dunkelblauen VW Golf. Davor brachten die Barbozas den damals 78-jährigen kranken Großvater dreimal pro Woche mit dem Bus ins Krankenhaus.
Anschließend konzentrierte sich Barboza auf die K-1 World MAX in Japan und wollte sich so ein Leben als Profi-Kämpfer aufbauen. "Mein Manager versuchte mehrmals, mit Japan in Kontakt zu treten und zu verhandeln, aber es kam keine positive Rückmeldung", erklärte Barboza. "Nach einem Jahr, in dem sich nichts tat, beschlossen wir, den Weg der MMA einzuschlagen - auf diese Weise wurden mir Türen geöffnet und ich konnte meine Karriere besser vorantreiben."
Die Veränderung war extrem.

Einstieg ins MMA "relativ einfach"

Als Muay-Thai-Ass hatte Barboza anfangs keinerlei MMA-Erfahrung. Die Kämpfer bedienen sich dabei Schlag- und Tritttechniken als auch Bodenkampf- und Ringfähigkeiten. Durch Kontakte lernte Barboza Brasilianisches Jiu-Jitsu (BJJ).
"Ich habe das Muay Thai von BJJ-Schwarzgurt Flavio Serafim aufpoliert und er hat mir zum Spaß BJJ beigebracht", verriet Barboza. "Mein Einstieg ins MMA war also relativ einfach für mich, weil ich lange Zeit BJJ trainiert habe."
Nach seinem Umzug 2008 in die USA nach Florida intensivierte er das Training mit Spitzenkämpfern wie Eduardo Guedes, Rafael Chaves, Pablo Popovich, Wagner Ceara, Rodrigo Cavaca, Marcos Buchecha und Thiago Abreu. "Sie waren elementar, um aus mir einen wettbewerbsfähigen MMA-Athleten zu machen", betonte Barboza. "Meine Routine bestand aus Training, Training und noch mehr Training."
In seinem ersten MMA-Jahr gewann er alle seine sechs Kämpfe. Im November 2010 gab Barboza sein UFC-Debüt gegen Mike Lullo, den er in der dritten Runde durch Technisches K.o. besiegte. Es folgten bis dato 28 weitere Kämpfe im berühmten Octagon-Ring, von denen er 18 gewinnen konnte. 2020 wechselte Barboza (1,80 m) von der Leichtgewicht- in die Federgewicht-Klasse (61-66 kg).

Barboza: "Meine Frau ist der wichtigste Mensch"

Im Alter von 17 Jahren sah Barboza Bruna Almeida im Fitnessstudio "Fight Company" zum ersten Mal. Der "Sports Illustrated" sagte er: "Ich dachte nicht, dass ich eine Chance hätte. Sie kam aus einer wohlhabenden Familie und hatte eine viel bessere Ausbildung. Sie war Journalistin. Sie hatte einen Beruf. Ich kam aus einer Favela."
Brunas Bruder, einer von Barbozas besten Freunden, half dabei, die beiden zu verkuppeln - und so nahm die Liebesgeschichte ihren Lauf.
Durch seine Entscheidung, für eine Profi-MMA-Karriere in die USA zu ziehen, lebte das Paar etwas mehr als ein Jahr voneinander getrennt. 2010 folgte Bruna Barboza in die Vereinigten Staaten. Im selben Jahr folgte die Hochzeit. Gemeinsam haben die beiden zwei Kinder, Noah (9) und Victoria (5).
"Meine Frau Bruna ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Vielen Dank für alles. Wir kämpfen immer gemeinsam", schwärmte Barboza gezeichnet von seinem Kampf nach der UFC Fight Night im vergangenen Oktober in Las Vegas. "Sie ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist."

Die Angst vor dem Ende treibt Barboza an

So sehr Barboza das Kämpfen liebt, so sehr er sich auf jeden Gegner intensiv vorbereitet, so gibt es doch ein weiteres Puzzleteil, das ihn in der Spätphase seiner Karriere antreibt. Und zwar die Tatsache, dass all das eines Tages vorbei sein wird.
"Wenn man älter wird, lernt man etwas über das Leben", philosophierte Barboza und beschrieb dabei die neue Perspektive, die sich ihm nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2021 eröffnete. "Man lernt, dass alles im Leben einen Anfang und ein Ende hat, man muss sich dessen bewusst sein. Das Leben wird eines Tages vorbei sein. Das habe ich gelernt, als ich meinen Daddy verloren habe - das war das erste Mal, dass mir klar wurde: 'Oh mein Gott - es ist zu Ende. ich kann nie mehr mit meinem Daddy reden.'"
Dies habe den Blick auf sein Leben verändert: "Eines Tages wird es auch in der UFC für mich zu Ende sein. Irgendwann will ich aufhören zu kämpfen, das hilft mir, mehr Spaß zu haben, mich mehr zu motivieren. Vielleicht ist es Samstag schon vorbei, vielleicht nächste Woche, vielleicht nächstes Jahr."
Barboza habe niemandem mehr etwas zu beweisen, auch nicht sich selbst. "Weil ich weiß, wie viel Arbeit, wie viel Zeit ich in diesen Sport investiere, um in den Käfig zu gehen und mein Bestes zu geben. Aber ich liebe es immer noch, ich bin immer noch wettbewerbsfähig. Ich genieße nach wie vor jede einzelne Sekunde", stellt Barboza klar, bevor der Super-Kicker gegen Murphy in den Ring steigt. 
Sein Gegner aus Manchester zittert bereits. "Ich kämpfe gegen Edson Barboza, eine Legende des Sports. Er ist ein gefährlicher Kämpfer - und das ist es, was mich aufregt", sagte Murphy, der dadurch auch einen Vorteil für sich sieht: "Wenn ich diesen Angstfaktor nicht habe, kann ich keine Leistung erbringen. Ich glaube, das wird das Beste aus mir herausholen."
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