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UFC-Star Abus Magomedov im exklusiven Interview: "Ich mache das für den Titel!" - MMA-News

Philipp Kessler

Update 25/05/2024 um 14:24 GMT+2 Uhr

Im Käfig wird er zur Bestie. Abus Magomedov ist Deutschlands heißeste Aktie in der UFC. Der Düsseldorfer besiegte am vergangenen Samstag bei der Fight Night in Las Vegas den Brasilianer Warlley Alves souverän. Nun verfolgt Magomedov größere Ziele, wie der 33-jährige MMA-Star im Exklusiv-Interview mit Eurosport.de verrät.

Abus Magomedov (l.) im Fight gegen Warlley Alves

Fotocredit: Getty Images

Herr Magomedov, Sie haben bisher 33 MMA-Kämpfe absolviert und 26 Mal gewonnen. Hand aufs Herz: Haben Sie Angst vor den Fights?
Magomedov: Angst? Auf die Nase kriege ich jeden Tag im Training. Es ist nicht so, dass mir das extrem weh tut. Aber als Kämpfer macht man sich Sorgen, dass man sich durch Niederlagen von seinem großen Ziel entfernt. Man kann vier, fünf Kämpfe hintereinander gewinnen und alle freuen sich. Wenn man aber ein, zweimal in Serie verliert, dann wird man schnell vergessen.
Wie geht es Ihrer Familie mit Ihrem Job?
Magomedov: Ich habe meine Frau kennengelernt, als ich bereits aktiver Kämpfer war. Seit ich 19 Jahre alt bin, sind wir verheiratet. Für sie ist mein Job normal. Aber natürlich haben meine Frau und meine Mutter Angst um mich, wenn ich in den Käfig steige. Das merke ich, wenn ich sie vor einem Kampf anrufe. Dann sind sie kurz davor zu weinen.
Kein Wunder. Ellbogen, Knie, Schläge und Tritte – im MMA ist fast alles erlaubt.
Magomedov: Es geht nicht um Leben und Tod. Es ist nur Sport. Man kriegt schon sechs Wochen vor einem Kampf Bescheid, gegen wen man kämpft. Es gibt gute Ärzte. Bis man überhaupt in den Käfig steigen darf, muss man so viele Tests bestehen. Man muss sich mit der Materie auskennen. Meine Eltern und meine Familie machen sich zwar immer Sorgen. Aber sie unterstützen mich voll und ganz.
Wie wichtig ist Ihre Frau?
Magomedov: Während meiner Vorbereitung zuletzt in Amerika hat sie zuhause auf alles aufgepasst. Sie hat sich um unsere vier Jungs gekümmert. Hätte ich meine Frau nicht, hätte ich noch mehr Druck. Sie versucht, mich während der Vorbereitung so gut es geht in Ruhe zu lassen. Weil sie weiß, was da auf mich zukommt, vor allem in den letzten zwei Wochen vor einem Kampf, wenn mein Körper schon an der Grenze ist. Es ist wirklich hart: Wenn ich während dieser Zeit schlecht frühstücke, dann habe ich den ganzen Tag schlechte Laune. Wenn ich wiederum den ganzen Tag schlechte Laune habe und dann abends gut esse, ist wieder alles gut … Eine Kampfvorbereitung ist eine enorme Belastung für Körper und Geist.
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Warlley Alves im Kampf gegen Abus Magomedov bei der UFC Fight Night am 18. Mai 2024 in Las Vegas

Fotocredit: Getty Images

Am vergangenen Wochenende wurden Sie für die Strapazen belohnt. Bei der UFC Fight Night in Las Vegas haben Sie den Brasilianer Warlley Alves souverän besiegt.
Magomedov: Ich bin froh, dass es so gelaufen ist. Alves ist jemand, der seit rund zehn Jahren in der UFC ist. Er ist kein 0815-Gegner. Aber ich wusste, dass ich den Mann einfach besiegen muss. Nichts gegen den Typen, das meine ich nicht respektlos. Aber er hat seine Zeit schon gehabt. Und meine Zeit ist jetzt.
In den Tagen vor dem Kampf hatten Sie mit körperlichen Problemen zu kämpfen.
Magomedov: Das stimmt. Es war eine Infektion im Schien- und Wadenbereich. Zwei Wochen vor dem Kampf hat das begonnen. Drei, vier Tage musste ich pausieren. Man war kurz davor, den Fight deshalb verschieben zu müssen.


Aber ich habe gesagt: Solange ich auf den Beinen stehen kann, kämpfe ich. Ich hatte keinen Bock, nach acht Wochen harter und auch kostenintensiver Vorbereitung hinzuschmeißen. Die Infektion hat mich schon mitgenommen. Ich habe eine Woche lang die stärksten Antibiotika der Welt geschluckt. Am Kampftag habe ich mich schon besser gefühlt, aber die Substanz war trotzdem noch in meinem Körper. Am Ende ist zum Glück alles gut gegangen.
Sie haben gezeigt, was für ein hervorragender Ringer Sie sind. War das Absicht oder der Verletzung geschuldet?
Magomedov: Das Ringen ist auch mein Ursprung. Es ist der sicherste Weg, einen Kampf zu gewinnen. Es ist sozusagen mein Plan B. Ich hatte dieses Mal aber eigentlich nicht vor, so viel zu ringen. Die Taktik, auf die sich mein Team und ich festgelegt haben, sah so aus: hauptsächlich Stand-up-Kampf, aber sicherheitshalber holen wir den Gegner jede Runde auch auf den Boden. Alves aber hat von Anfang an versucht zu ringen. In der dritten Runde habe ich gemerkt, dass er nur noch Stand-up will. Dann habe ich das Blatt gewendet. Ich wäre dumm gewesen, mich auf sein Spiel einzulassen. Kurz vor Ende des Kampfes war ich schon sicher, dass ich gewinne. Ich habe gesagt: Komm schon, ich bin nicht in der Lage, Faxen zu machen. Und so habe ich ihm gezeigt, wer der Chef ist.
Die beiden Kämpfe davor haben Sie gegen Ex-Champ Sean Strickland und den Brasilianer Caio Borralho verloren. Wie groß war der Druck dieses Mal?
Magomedov: Es lastete schon ein wenig Druck auf meinen Schultern. Das habe ich an der Stimmung in Deutschland gemerkt: Manche haben sich gefragt, ob Abus der richtige Mann für die UFC sei. Einige Zuschauer haben aber nicht so viel Ahnung von diesem Sport. Die sehen nur Sieg oder Niederlage. Sie befassen sich nicht damit, wo oder wie derjenige gekämpft hat.
Ich lasse mich nicht von außen beeinflussen, mich interessiert nicht, was die Leute sagen. Am Ende des Tages mache ich das alles für meine Familie und mich. Der Rest juckt mich nicht.
Was wäre passiert, wenn Sie verloren hätten?
Magomedov: Dann hätte ich von selbst aufgehört. Ganz ehrlich: Wenn ich gegen solche Jungs verlieren würde – wofür mache ich das dann? Definitiv nicht, um Hype zu bekommen. Ich mache das für den Titel. Wenn ich den habe, kann ich nicht nur mein eigenes Leben und das meiner Familie verändern, sondern auch das meiner Freunde. Es kann sehr schnell gehen. Vielleicht reden wir schon Ende 2025 über den Titel.

Magomedov, begeistert von der FC-Professionalität in den USA

Welche Ziele haben Sie als Nächstes?
Magomedov: Die großen Jungs sind derzeit noch ein bisschen vor mir in der Rangliste. Ich muss noch ein, zwei Siege auf easy gewinnen. In der UFC kann sich innerhalb kürzester Zeit alles ändern. Bei meinem Debüt habe ich meinen Gegner nach nur 19 Sekunden ausgeknockt. Danach habe ich direkt die Nummer fünf der Welt als Kontrahenten bekommen und war im Main Event. Mein letzter Gegner – Borralho, der Brasilianer, gegen den ich nach Punkten verloren habe – war stark. Wir hätten schon vor einem Jahr gegeneinander kämpfen sollen. Da hat er gezögert und wollte seine Bedingungen durchdrücken. Dann hat er vorgeschlagen, in Brasilien zu fighten. Zwei Wochen vor dem Kampf. Ich habe angenommen und eigentlich gedacht, dass er noch festlegen möchte, dass ich nur einen Arm dabei verwenden darf … Mit einer kompletten Vorbereitung hätte ich sicher gewonnen.
Warum haben Sie nach der zweiten Niederlage in Serie alles auf den Kopf gestellt?
Magomedov: Wir haben uns optimiert. In Deutschland habe ich immer mit Sükrü Aksu trainiert. Als Mensch und als Trainer ist er Gold wert. Aber er kommt aus dem Boxen, ihm fehlt die Erfahrung in MMA. Für regionale Kämpfe ist das okay. Aber ich bin mittlerweile auf einem anderen Level. Gegen Strickland hat man das gesehen: Ich war zwar technisch besser als er. Aber sowohl ich als auch meine Ecke hatten die Erfahrung von großen Kämpfen nicht. Deswegen kann ich das meinen bisherigen Trainern auch nicht übel nehmen. Aber ich musste meine Komfortzone verlassen.
Sie sind für die Vorbereitung auf Alves nach Miami gereist.
Magomedov: Ich musste rüber. In Amerika musste ich mir, was Sparring anbelangt, keine Sorgen machen. Die sind auf einem ganz anderen Level. Dazu ist das American Top Team in Miami ein Gym, wo man einfach nur trainieren muss. Man braucht sich um nichts zu kümmern. Ich als Athlet muss nur meine Bestleistung abrufen.
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Abus Magomedov bei der UFC Fight Night in Las Vegas

Fotocredit: Getty Images

Mit Mike Brown haben Sie dort auch einen Top-Coach.
Magomedov: Er war früher selbst Kämpfer. Seit 2003 ist er Coach. Ich habe schon viele Trainer erlebt, die so getan haben, als hätten die Ahnung. Der Typ ist so bodenständig, so bescheiden, dass das alles wiedergutmacht. Diese Menschlichkeit ist genau das, was man braucht. Er ist jemand, der mit Herz und Seele dabei ist. Heutzutage denken viele Trainer nur an sich selbst und interessieren sich nicht für die Athleten. Er ist da anders.
Um besser atmen zu können, haben Sie sich einer Nasen-OP unterzogen. Warum haben Sie sich auch einen brasilianischen Ernährungsberater genommen?
Magomedov: Ernährung ist das Wichtigste in unserem Sport. Wenn man ein E-Auto mit Diesel tankt, fährt er nicht. So ähnlich funktioniert auch unser Körper. Wenn man sauberes Essen bekommt, kann man mehr leisten. Das habe ich während der Vorbereitung gemerkt. Ich habe mich über Nacht schneller erholt, war morgens topfit. Ich hatte keine Kopfschmerzen und auch saubere Haut.
Gute Ernährung hat viele Vorteile. Der einzige Minuspunkt ist, dass man nicht essen darf, was man möchte: keine Cola, kein fettiges Essen und keine Süßigkeiten. Jede Mahlzeit, die ich gegessen habe, wurde auch gewogen.
Mit welchem Gericht haben Sie sich nach dem Sieg belohnt?
Magomedov: In der Woche nach dem Kampf gönne ich mir alles. Ich habe wieder meine 100 Kilo. Vor dem Fight hatte ich 84 Kilo. Döner hat mir am meisten gefehlt. Direkt vor meiner Haustür in Düsseldorf habe ich das "Haus des Döners". Grundsätzlich bin ich kein großer Fan davon, ich habe sicher fünf Jahre lang keinen gegessen. Ein Freund hat mich überredet, dort hinzugehen und der Döner hat mir sofort geschmeckt. Das ist das einzige Gericht, das ich in Amerika vermisst habe.
Apropos Miami: War Ihre Familie dort während Ihrer Vorbereitung dabei?
Magomedov: Ich würde sie gerne immer mitnehmen. Aber Miami ist sehr teuer. Mein Ziel ist natürlich, so erfolgreich zu sein, dass ich auch mit meiner Familie rumreisen kann. Ich sehe mich, ehrlich gesagt, nicht in einem normalen Job. Seitdem ich in der UFC bin, lebe ich vom Kampfsport. Ich kann mich voll auf das Training konzentrieren. Davor musste ich am Wochenende zwischendurch auch mal an der Tür stehen.

Magomedov: "Mit Khabib bin ich regelmäßig in Kontakt"

Sie stammen aus Dagestan. Auch Ihr Kumpel, die UFC-Legende Khabib Nurmagomedov, wurde dort geboren.
Magomedov: Wir kommen aus demselben Dorf. Ich war mit seinem Cousin auch mal in der gleichen Schulklasse. Mit Khabib bin ich regelmäßig in Kontakt. Wenn wir in der gleichen Stadt sind, sagt er oft: Lass' uns essen gehen und quatschen. Trotz seiner großen Erfolge und seiner Berühmtheit ist er am Boden geblieben und überhaupt nicht unantastbar. Ein super Typ.
Offenbar ist Ihre Heimat ein guter Boden, um ein Spitzenkämpfer zu werden. Warum?
Magomedov: Die letzten knapp 150 Jahre lang war es dort ruhig. Aber davor herrschten 300, 400 Jahre lang fast durchgehend Unruhen. Wir sind also ein Kriegsvolk. Kämpfen liegt uns im Blut. Ringen ist dort Nationalsport. Man braucht nicht viel Equipment dafür, nur eine Matte – und dann kann man schon loslegen. Das ist am einfachsten und am effektivsten.
Ringen ist für uns das, was Fußball in Deutschland ist. 
Seit Ihrem 15. Lebensjahr leben Sie in Deutschland. Wie kam es dazu?
Magomedov: 2005 sind wir eingereist. Grund war die Krankheit meiner Mutter – eine Art Migräne –, die wir hier behandeln lassen wollten. Wir haben zuhause alles verkauft und sind rübergekommen, damit ihr geholfen wird. Ziel war, maximal eineinhalb, zwei Jahre hierzubleiben. Meine Mama war aber zum Glück schneller als gedacht wieder gesund. Und am Ende hat mein Vater sich doch dazu entschieden, dass wir hierbleiben.
Die richtige Entscheidung?
Magomedov: Am Ende des Tages war es doch gut. Die Anfangszeit war aber richtig schwierig für mich. Im ersten Jahr konnte ich die Sprache kaum. Ich komme ja, wie schon erwähnt, aus Dagestan. Und wenn dich dort einer blöd anguckt, kann das böse enden. In der Schule hat es ein wenig gedauert, bis ich verstanden habe, dass das hier in Deutschland nicht immer mit Gewalt geregelt wird… (lacht) Am Anfang mussten ein paar Mitschüler dran glauben, aber dann hat auch keiner mehr über mich gelacht. Mit der Zeit habe ich auch mit dem Training angefangen, dann war mir auch nicht mehr so langweilig.
Was an Ihnen ist typisch deutsch?
Magomedov: Die Ordnung, das genaue Einparken und die Pünktlichkeit. Wenn ich in Dagestan bin, sagen mir meine Jungs auch manchmal, dass ich wirklich deutsch geworden bin. Sich um 17:00 Uhr zu verabreden, heißt für Dagestaner 18:00 Uhr bzw. 18:30 Uhr. Ich bin dann mittlerweile aber schon oft um 16:30 Uhr am Treffpunkt.
Wollen Sie deutscher Staatsbürger werden?
Magomedov: Ja. Ab 2025 kann ich die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.
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