Giro d'Italia: Bora wirft Ineos mit Feuerwerk den Fehdehandschuh hin - Drei Dinge, die bei der 14. Etappe auffielen
Die 14. Etappe des Giro d'Italia 2022 war ein Spektakel für die Geschichtsbücher. Mit einer epischen Teamleistung entfachte Bora-hansgrohe rundum Turin den Kampf ums Rosa Trikot in sensationeller Manier. Mit voller Mannschaftsstärke zerlegte der Rennstall aus Raubling das komplette Feld und isolierte die Rivalen, bis es zum direkten Duell der Kapitäne kam. Drei Dinge, die auffielen.
Highlights: Bora dominiert epische Etappe - Yates siegt
Quelle: Eurosport
Eine solche Etappe hat man beim Giro d'Italia schon lange nicht mehr gesehen: Auf einem Kurs, der an die italienischen Herbstklassiker erinnerte, wurde auch gefahren wie bei einem Eintagesrennen:
Die 147 Kilometer mit ihren fünf Bergwertungen und 3200 Höhenmetern sorgten für viel massivere Abstände als die großen Bergankünfte bisher: Nur 16 Fahrer lagen im Ziel innerhalb von zehn Minuten.
Verantwortlich dafür war die Vollgasfahrt, die Bora bereits mehr als 80 Kilometer vor dem Ziel startete - ein Risiko, dass sich am Ende voll auszahlte.
Zwar ging der Etappensieg an Simon Yates und das Rosa Trikot an Richard Carapaz, doch der überlegene Punktsieger in allen Belangen war in Turin die Mannschaft von Jai Hindley, Emanuel Buchmann und Co. dank ihrer herausragenden Einsatzbereitschaft.
Drei Dinge, die auffielen:
1.) Bora riskiert - und wird belohnt
Abwarten, abtasten, auf Sicht fahren? Heute nicht.
Das Feuerwerk auf dieser 14. Etappe bot Radsport mit offenem Visier und war ein begeisterndes Beispiel dafür, wie packend dieser Sport sein kann. Bora riskierte mit dem Tempodiktat ohne Rücksicht auf Verluste viel - und wurde belohnt. Wilco Kelderman stellte seine eben erst zurückgewonnenen Ambitionen in der Gesamtwertung oder auf den Tagessieg ebenso zurück wie Lennard Kämna - alle sechs Fahrer verausgabten sich für ihre beide Kapitäne Jai Hindley und Emanuel Buchmann.
Dabei wurde deutlich, dass die deutsche Mannschaft derzeit die stärkste Truppe in diesem Giro ist: Mit drei Fahrern war man in der zwölfköpfigen Favoritengruppe vertreten, der Sprung zurück an die Spitze der Mannschaftswertung die logische Konsequenz. Doch das war nur ein Nebeneffekt - bei Bora ist das Podest in Verona das große Ziel, und wenn möglich bitte der oberste Platz. Dass Hindley dafür der Anwärter sein wird, klärte diese Etappe auch, die Dreierspitze wurde zu einer australischen Speerspitze.
Die Aktion von Bora war aber nicht ohne Risiko und als Carapaz seine Attacke auf der Schlussrunde startete, sah der Olympiasieger kurz wie der große Profiteur der Tempoarbeit des Gegners aus. Doch Hindley konnte wieder aufschließen - im Unterschied zu den anderen Podiumskandidaten - und auch Buchmann brach nicht ein, sondern bleibt als Achter der Gesamtwertung eine wichtige taktische Option.
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Voigt feiert Bora-Taktik auf 14. Etappe: "Ein ganz toller Tag"
Quelle: Eurosport
2.) Ineos zeigt gefährliche Schwächen
Das Rosa Trikot erobert - aber längst nicht alles rosig: Die Bilanz beim britischen Topteam fällt nach der 14. Etappe arg bedenklich aus. Ja, Carapaz war stark und seine Attacke knapp 30 Kilometer vor de Ziel konnte niemand mitgehen. Doch durchziehen konnte der Ecuadorianer sie eben auch nicht. Wie schon am Blockhaus war er stark, aber nicht stark genug für ein erfolgreiches Solo. Und wieder konnte sich im Sprintduell Hindley durchsetzen und bei den Bonussekunden erneut abstauben.
Viel entscheidender aber war, wie früh Carapaz von seiner eigentlich so hochkarätigen Helferriege isoliert werden konnte. Hatte Ineos vor dem Start der Bora-Attacke noch kurzzeitig selbst das Diktat im Feld und wie schon bei mehreren Schlüsseletappen in diesem Giro Verantwortung übernommen, war es um die gewohnte Dominanz unerwartet schnell geschehen.
Ob Richie Porte, Pavel Sivakov oder Jhonatan Narvaez - keiner war in der Lage, dem Tempodiktat von Bora zu folgen. Das wird Ineos genauso wie den Herausforderern der Startnummer 1 zu denken geben, wenn auch in unterschiedlichen Richtungen. Durch die Übernahme des maglia rosa wird die Mannschaft ab morgen auch durch die Führungsarbeit im Feld zusätzlich gefordert sein - wie viele Helfer wird Carapaz dann auf dem Weg zur Bergankunft noch als Flaschenholer, Lückenschließer oder Tempomacher zur Verfügung haben?
Das Urteil von Eurosport-Experte Jens Voigt ist klar: "Ich sehe deutliche Vorteile bei Bora", stellt der frühere Giro-Etappensieger fest. Das Momentum spricht nach der 14. Etappe alles andere als für die erfolgsverwöhnte einstige Sky-Mannschaft.
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Voigt ist sich sicher: Dieses Trio landet auf dem Podium
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3.) Lopez - gekommen, um zu bleiben
Auf den ersten Blick war Juan Pedro Lopez einer der Verlierer des Tages, musste der Spanier doch sein Rosa Trikot nach zehn Etappen abgeben. Doch dass er alles andere als eine Eintagsfliege ist, machte der 24-Jährige an diesem Samstag einmal mehr eindrucksvoll deutlich. Mit großem Kampfgeist hielt er noch in der zwölfköpfigen Spitzengruppe mit, als andere Fahrer wie Alejandro Valverde, Guillaume Martin oder Thymen Arensman schon längst abgehängt waren.
Auch als Lopez auf der Schlussrunde als Solist unterwegs war, resignierte er nicht, sondern gab sein letztes Hemd im Kampf um das Spitzenreitertrikot. Der Lohn war Platz zehn in Turin und Rang neun in der Gesamtwertung. In den Top Ten des Klassements könnte er auch durchaus bleiben, sein Vorsprung auf die ersten Verfolger dort beträgt immerhin bereits über fünf Minuten.
"Er war nicht das letzte Mal in einem Führungstrikot", prognostiziert Voigt dem Vuelta-13. des Vorjahres weitere Erfolge. Er sei hier, um zu lernen - aber er werde in den nächsten Jahren das Gesamtklassement ins Visier nehmen, hat Lopez schon angekündigt. Seine Leistung auf der 14. Etappe unterstrich diese Ambitionen erneut eindrucksvoll. "Ich habe jeden Kilometer in Rosa genossen", so Lopez - da scheint jemand auf de Geschmack gekommen zu sein, trotz Problemen mit dem Verpflegungsbeutel heute.
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Stage 15 profile and route map: Rivarolo Canavese - Cogne
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