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Strade Bianche 2024: Tadej Pogacar dominiert wie Eddy Merckx - aber Visma "macht sich keine Sorgen" Richtung Tour

Andreas Schulz

Update 04/03/2024 um 10:28 GMT+1 Uhr

Ein Saisonstart der Superlative ist Tadej Pogacar mit seinem Sensations-Solo zum Triumph beim Klassiker Strade Bianche gelungen. Über zwei Stunden hinweg hielt der Slowene nach seiner frühen Attacke die Konkurrenz um mehrere Minuten auf Distanz und eröffnete sein Siegkonto 2024 mit einem Paukenschlag, der Gegner und Experten staunen ließ. Doch den größten Rivalen schockte er damit dennoch nicht.

Highlights Strade Bianche: Schlammschlacht in der Toskana

"Junge, das macht mir ein bisschen Angst" - der Kommentar von Weltmeister Mathieu van der Poel höchstselbst unter dem Bild des jubelnden Tadej Pogacar auf der Piazza del Campo in Siena brachte auf den Punkt, was sicher viele in der Radsportwelt nach dem Parforceritt des 25-Jährigen über die Schotterstraßen der Toskana dachten.
Als Topfavorit bei einem so schweren Rennen schon 81 Kilometer vor dem Ziel in die Offensive zu gehen, ist Stoff für die Geschichtsbücher und verschafft dem Sieg einen besonderen Platz im von herausragenden Erfolgen strotzenden Palmarès Pogacars.
Eurosport-Experte Jens Voigt erlebte den Auftritt vom Begleitmotorrad hautnah mit und gestand: "Als er angriff, dachte ich: Das ist wirklich sehr früh", so der einstige Ausreißer-König, "aber als wir an ihm vorbeigefahren sind, habe ich ihn angefeuert - und da hat er aufgeschaut, mich erkannt und mir zugelächelt: Und da wusste ich: Der gewinnt heute. Wer dafür Zeit hat bei einer Vollgas-Attacke, der wird der Sieger des Tages sein."
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"Legendär!" Voigt feiert Pogacars Solo-Ritt bei Strade Bianche

Dabei hatte Pogacar den Ort seiner Attacke im Interview am Eurosport-Mikrofon schon vor dem Start halb im Scherz angekündigt, die Gegner waren also gewarnt. "Wahrscheinlich wussten 15 Fahrer, dass sie an dieser Stelle an seinem Hinterrad sein mussten, aber sie konnten nichts tun", so Voigt. Zu viele Kräfte hatte das hohe Tempo bis dahin schon gekostet, zu klein war die Gruppe der Favoriten durch die Arbeit des UAE-Teams schon geworden.
Voigts Analyse: "Am Anfang war es ein Zögern der Gegner - niemand legt schließlich 80 Kilometer vor dem Ziel los. Aber als sie merkten, dass er es ernst meint, hatte keiner die Beine, um die Lücke zu schließen."
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Attacke! Pogacar startet Solo 80 Kilometer vor Ziel

Pidcock: "Wir waren wie ein Grupetto"

Ähnlich erlebte Titelverteidiger Tom Pidcock die entscheidende Rennphase. "Schon bevor Tadej antrat, sind wir Vollgas gefahren und als er loslegte, fühlte es sich an als ob wir ein Grupetto wären. Wir haben uns alle gegenseitig angeschaut und dachten: Was zur Hölle? Ich weiß wirklich nicht recht, was ich sagen soll", gestand der Brite.
Der Mountainbike-Olympiasieger und einstige Cross-Weltmeister galt vor der 18. Auflage als einziger echter Herausforderer für Pogacar, doch er verpasste als Vierter sogar das Podest und kam mit fast vier Minuten Rückstand an. "Ich habe zu lange gewartet. Als Tadej attackierte, wollte ich nicht in den roten Bereich gehen, es waren schließlich noch 80 Kilometer. Aber letztlich bin ich dann zu spät in die Offensive gegangen", ging der Ineos-Kapitän mit sich und seiner Taktik ins Gericht.
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Pogacar im Siegerinterview: "Konnte vor Schlamm nichts sehen"

So war er am Ende nur eine Randfigur beim Triumphzug Pogacars, der bei vielen Fans wie Fachleuten Erinnerungen an den den Größten der Radsportgeschichte weckte. "Im Ziel habe ich ihn gleich mit Eddy Merckx verglichen - und das ist im Radsport schon eine große Sache. Aber heute können wir ihn wirklich als Phänomen bezeichnen", meinte Eurosport-Experte Philippe Gilbert, als Gewinner vieler großer Klassiker auch selbst schon in Siena siegreich.

Merckx adelt Pogacar mit Kannibalen-Vergleich

"Das war ein Sieg, wie ihn vor Jahren ein Kannibale erkämpft hätte", urteilte auch Axel Merckx am Mikrofon des belgische TV-Senders "RTBF" mit Verweis auf den Spitznamen seines Vaters. Dieser hatte als Seriensieger und oft gnadenloser Dominator den Radsport für zehn Jahre schier nach Belieben beherrscht.
Doch Pogacar ist trotz all seiner Erfolge und der Gala in der Toskana von diesem Status noch ein Stück entfernt. Die beiden Niederlagen bei der Tour gegen Jonas Vingegaard sind frischer als seine zwei Gesamtsiege in Paris. Der Däne werde nun keine schlaflosen Nächte haben, ließ sein Freund und einstiger Top-Helfer Nathan Van Hooydonck bei Eurosport durchblicken.

Visma voller Respekt - aber ohne Sorgen

"Die Jungs bei Visma-Lease a Bike haben größten Respekt für Tadejs Leistung, aber sie werden sich keine Sorgen wegen der Tour de France machen", machte der Belgier deutlich. Schon mehrfach hatte Pogacar im Frühjahr mit grandiosen Auftritten geglänzt, im Juli aber im niederländischen Team seinen Meister gefunden.
Und Pogacar ist nicht der einzige Topstar, der mit mutigen Attacken statt dosiertem Kalkül zu Siegen fährt. Auch Vingegaard und Remco Evenepoel sind in den letzten Wochen so eindrucksvoll ins Radsportjahr gestartet, auch Mathieu van der Poel oder Wout Van Aert lieben es, "all in" und spektakulär ins Risiko zu gehen.
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Highlights: Vingegaard krönt furiosen Soloritt

Gewinner sind dabei auf jeden Fall die Radsportfans, die sich auf packende Duelle und Action nicht erst auf den letzten Rennkilometern freuen können. Den Anfang macht dabei der Zweikampf zwischen Evenepoel und Roglic bei Paris - Nizza, bevor Pogacar bei Mailand - San Remo den nächsten Coup anpeilt und sein Griff nach dem Double aus Giro d'Italia und Tour de France, gefolgt von Olympia und der WM als weitere Highlights eine Saison verspricht, in der Strade Bianche nur der erste von vielen Höhepunkten gewesen sein wird.
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"Legendär!" Voigt feiert Pogacars Solo-Ritt bei Strade Bianche

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